GB84: Roman (German Edition)
wie MacGregor. Oder Thatcher – Es war an der Zeit, die Last abzulegen. Und aufzustehen – in geschlossenen Reihen. Unter dem Himmel. Schwarz und blau. Schulter an Schulter. Stattdessen ging ich jeden Tag in dieses Komitee, saß da und hörte mir an, wie sie sich über diese oder jene Zeche stritten – E-Werke oder Lager. Werften oder Büros – Ich bekam unseren Umschlag. Unsere Anweisungen – War frühestens um fünf zurück im Welfare Club . Jedes Mal mindestens fünfzehn Männer, die auf mein Wort warteten – Ich versuchte, das auf die Reihe zu kriegen. Tat, was ich konnte. Öffnete den Umschlag. Die Anweisungen – Autos organisieren. Minibusse. Lieferwagen. Herumtelefonieren.
Klick-klick
. Fahrer für acht Uhr einbestellen. Festlegen, wer mit wem zusammen fuhr und dass wir uns alle um zwei Uhr früh im Welfare Club treffen würden. Anweisungen ausgeben. Karten. Benzingeld. Lohn für die Streikschicht. Losschicken – junge Burschen, die meisten. An Orte, an denen sie bis vor drei Monaten noch nie gewesen waren. Orte, an denen sie ohne Führung herumstehen würden – Um dann verprügelt oder eingesperrt zu werden.
Krk-krk
. Oder um sich zu Tode zu langweilen. Das Gleiche mit der nächsten Schicht. Und der Nachtschicht – Dann am nächsten Tag wieder zurück, und das Koordinierungskomitee Barnsley saß da und fragte, warum nicht mehr streikten, und dann meldete sich der Silverwood-Ausschuss und fragte uns Delegierte, warum nicht mehr auf Streikposten gingen, und der Delegierte aus Thurcroft sagte ihnen, warum – weil sie eingesperrt wurden.
Krk-krk
. Weil sie verprügelt wurden.
Krk-krk
. Weil sie keine Führung hatten. Weil sie kein Geld hatten. Kein Streikgeld. Nichts – Also haben sie andere Jobs angenommen, um Frauen und Kinder durchzufüttern. Was zum Henker dachten die denn, warum nicht mehr auf Streikposten gingen? Pete, Pete – Hört mir auf mit Pete, Pete, erwiderte ich. Einer von meinen Jungs war letzten Freitag in Orgreave bewusstlos geschlagen worden. Ein Kumpel von mir namens Martin Daly. Er war schon ganz blau im Gesicht. Kein Puls mehr. Augen verdreht. Ich dachte schon, er wäre tot. Wenn dieser verdammte Bulle ihn nicht mundbeatmet hätte, dann wäre er weg gewesen. Drei Mal musste der Bulle ran. Derselbe meinte dann zu mir, ich sollte ihn nicht nach Sheffield oder Rotherham ins Krankenhaus bringen, weil er dort nur eingebuchtet werden würde. Ich musste ihn bis nach Donny fahren. Die haben ihn über Nacht dabehalten. Vor ein paar Tagen bin ich bei ihm zu Hause vorbei, um nach ihm zu sehen. Seine Frau stand an der Tür mit einem Topf kochendem Wasser in der Hand – So denkt sie über uns. Die verdammte Gewerkschaft. Den verdammten Streik – Ich nahm meine Jacke und stürmte hinaus – Am nächsten Tag war ich wieder da. Jeden Tag – Ausschuss . Die Jungs waren die ganze Woche über nach Nottinghamshire gefahren. Einige blieben gleich ein paar Nächte dort. Lief gut – Samstag und Sonntag war die Yorkshire Gala, die Bergarbeiterparade – aber jetzt ging es
VIERZEHNTE WOCHE
Montag, 4. Juni – Sonntag, 10. Juni 1984
Neil fährt vom Claridge’s zur Downing Street. Der Himmel ist grau. Sirenen heulen. An jeder Ecke bewaffnete Polizisten –
Der Cowboy kommt in die Stadt geritten
.
Der Jude sitzt hinten.
Er sitzt wieder im Sattel
. Der Jude schimpft –
»Die glauben, sie gewinnen«, ruft er und wedelt mit den Zeitungen herum. »Die glauben wirklich, sie gewinnen. Und diese Clowns nehmen ihnen das auch noch ab. Die glauben denen wirklich.«
Er wirft den Kopf in den Nacken und fährt sich mit den Händen durchs Haar –
»Und das verfluchte NCB auch«, stöhnt er. »Und mit ihnen das halbe bescheuerte Kabinett.«
Neil hält am Ende der Downing Street.
Der Jude seufzt. Er greift nach seiner Flieger-Sonnenbrille und einem großen weißen Regenschirm. Er holt tief Luft. Er ist hier, um die Sache klarzustellen –
»Wünschen Sie mir Glück, Neil«, sagt er.
»Viel Glück, Sir.«
Neil schaut zu, wie der Jude in 10 Downing Street verschwindet, wo das Kriegskabinett tagt.
Er blickt auf die Uhr im Armaturenbrett, startet den Motor und holt tief Luft. Er hat selbst noch etwas zu klären.
Jerry und Roger sitzen nebeneinander im Speisesaal des Special Services Club. Sie sehen sich Fotos von einer Taufe an.
Neil setzt sich und wirft einen Blick auf die Fotos. Er erkennt Gesichter –
Berühmte Gesichter an privaten Orten
.
Roger steckt die Fotos in einen Umschlag, leckt ihn an und
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