Gebannt: Band 3 (German Edition)
der Zeit ist, sich vorzubereiten.«
Ich schüttelte den Kopf und hätte fast gelacht – er würde es mir nicht sagen.
» Wie auch immer, es ist mir egal, was meine Mutter gemacht hat. Sie ist tot – gut, dass wir sie los sind.«
Mein Engel sah mich an, in seinen Augen blitzte immer noch goldenes Feuer.
» Du hast das Gefühl, nichts zu haben.« Das war keine Frage.
Ich legte eine Hand an meinen Kopf, der unter seinem prüfenden Blick brannte. Meine andere Hand streckte ich weit aus.
» Schau gut hin, Engel-dessen-Name-ich-nie-erfahren-werde! Siehst du um mich herum viele glückliche Gedanken?«
» Vielleicht hast du alles und kannst es nur nicht sehen.«
Ich ging einen Schritt auf ihn zu, und in meinem Blick loderte jetzt mein eigenes Feuer. » Klar. Und was verstehst du schon davon? Du hast keine Ahnung, was es bedeutet, menschlich zu sein. Denn wenn es so wäre, würdest du etwas tun.« Ich forderte ihn heraus.
Etwas huschte über sein Gesicht und veranlasste mich, seinem Blick zu folgen. Ich schnappte nach Luft. Blut sickerte durch mein Oberteil. Ich konnte es zwar nicht fühlen, aber es war real.
» Er bringt mich um.«
» Umbringen, ja. Aber nicht dich.«
Er kam auf mich zu, dieses Mal langsamer. Bevor ich mich selbst daran hindern konnte, hatte ich schon einen Schritt zurück gemacht. Eigentlich wusste ich es besser, diese Art von Schwäche sollte ich vor ihm nicht zeigen.
Er machte einen weiteren Schritt – dieses Mal rührte ich mich nicht vom Fleck. Um seine Mundwinkel zuckte es. Zuerst dachte ich, ich würde ihn amüsieren, aber es war etwas anderes – Faszination vielleicht oder gar … Stolz.
» Wir gaben den Menschen vor langer Zeit ein Mantra. Das gebe ich dir jetzt, denn, Kind eines Soldaten, Kind eines Menschen, Kind eines Engels – es ist nicht nötig, die Schlacht zu gewinnen, wenn du am Ende den Krieg gewinnen kannst.«
» Dann hilf uns!«, bat ich, meine Hände zitterten, als ich auf das Blut hinunterblickte. Ich verstand nicht.
Seine Hand wanderte zu meinem Bauch, wo er sie mit tropfendem Blut bedeckte. Dann zog er meinen Dolch aus seiner Scheide und schmierte mein Blut auf die Klinge, bevor er den Dolch wieder zurücksteckte.
» Das habe ich bereits«, sagte er. Dabei streckte er wieder die Hand aus, wobei sein Arm jetzt wie die Tatze eines Löwen aussah. Bevor ich reagieren konnte, zog er sie mir mit solcher Wucht durch das Gesicht, dass ich auf die hintere Wand meines Ateliers zu flog. Ich machte mich schon darauf gefasst, geradewegs durch sie hindurchzubrechen.
Stattdessen … schlug ich die Augen auf.
Kapitel Vierunddreissig
» Du wirst von dort so lange nicht herauskommen, bis du den allerletzten Heller bezahlt hast.«
Lukas 12, 59
Der Schmerz war stark, aber ich hielt den Schrei zurück, der mir schon in der Kehle aufstieg. Er würde alles nur noch schlimmer machen.
Ich lag wieder in seinen Armen, wie ein Kind, und hatte jetzt etwas anderes an. Ein knielanges silbernes Kleid. Ich verstand, warum – es bildete einen dramatischen Hintergrund zu dem Blut. Selbst in meinem angeschlagenen Zustand verspürte ich eine Welle der Wut darüber, dass er sich das erlaubt hatte.
Benommen konzentrierte ich mich au f meine Umgebung. Wir waren draußen. Der Himmel war noch blau, aber es musste inzwischen Nachmittag sein. Wir waren irgendwo weit oben. Ich konnte Verbannte wahrnehmen. Viele, zu viele. Aber auch Grigori, ebenfalls in großer Zahl.
Ich konnte das Geräusch des Meeres hören, konnte die salzige See riechen, fast schmecken, und noch etwas anderes: Schwefel.
Wir waren au f Nea Kameni. Der Vulkan.
» Hör auf, sie ausbluten zu lassen!«, schrie eine Stimme von weit weg. » Du bringst sie noch um!«
Mein Kop f tat weh und mein Körper fühlte sich schlapp an. Als ich mich bemühte herauszufinden, wem die Stimme gehörte – sie klang so vertraut –, fiel mein Arm schwer an meiner Seite herunter und blieb baumelnd hängen.
Nicht gut. Wie lange lässt er mich hier schon ausbluten?
Wir befanden uns am Rand des Hauptkraters. Direkt hinter uns konnte ich Verbannte spüren, aber nur wenige. Ich konzentrierte mich so lange, bis ich die Übrigen fand. Sie schienen am Fuß des Vulkans zu sein. Sie kämpften bereits. Wir sind also im Krieg.
» Dann schlage ich vor, dass du nicht zögerst«, rie f Phoenix zurück. Er streckte die Arme aus, sodass ich wie eine Stoffpuppe in seinem Grif f hing. » Sie macht es nicht mehr lange.«
Ich sah zu seinem Gesicht hinauf. Seine
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