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Gebannt - Unter Fremdem Himmel

Gebannt - Unter Fremdem Himmel

Titel: Gebannt - Unter Fremdem Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Rossi
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seinen stoßweisen Atem zu beruhigen.
    »Perry, ich möchte deinen Rücken sehen.«
    Erneut überraschte sie ihn, doch er nickte und drehte sich um. Dann ließ er den Kopf nach vorn sinken und zwang sich, ruhig und langsam zu atmen. Als sie die Umrisse der Schwingen auf seiner Haut mit den Fingern nachzeichnete, zuckte er zusammen und stöhnte leise auf – während er sich innerlich dafür verwünschte: Noch mehr wie ein Barbar hätte er beim besten Willen nicht klingen können.
    »Entschuldigung«, flüsterte sie.
    Er räusperte sich. »Wir bekommen die Tätowierungen an unserem fünfzehnten Geburtstag. Alle Sinnesträger. Ein Band für den extremen Sinn und eine Zeichnung für den jeweiligen Namen.«
    »Der Falke ist wunderschön. Genau wie du«, fügte sie leise hinzu.
    Das gab ihm den Rest. Er drehte sich um, riss sie an sich und zog sie mit sich auf den Dielenboden – wobei er gerade noch genügend Geistesgegenwart besaß, ihren Fall mit den Armen abzufangen.
    Aria stieß ein verdutztes Lachen aus. »Das hat dir jetzt nicht gefallen?«
    »Oh doch. Viel zu gut.« Mit einer raschen Bewegung schob er zuerst eine Decke unter sie beide und zog dann die andere über ihre Köpfe. Und dann war er ganz nah bei ihr. Er küsste sie und verlor sich in ihrer seidenweichen Haut und in ihrem Veilchenduft.
    »Perry, wenn wir … Kann ich dann nicht …?«
    »Nein«, erwiderte er. »Nicht im Moment. Dein Geruch wäre anders.«
    »Wirklich? Wie denn?«
    Fragen. Kein Wunder bei ihr. Sogar jetzt noch. »Süßer«, sagte er.
    Sie zog ihn näher zu sich heran und schlang die Arme um seinen Hals.
    »Aria«, flüsterte er. »Wir müssen das jetzt nicht tun, wenn du dir nicht sicher bist.«
    »Ich vertraue dir, und ich bin mir sicher«, wisperte sie. Und er wusste, dass sie es ernst meinte.
    Er küsste sie langsam und zärtlich, ließ sich Zeit, damit er ihren Stimmungen folgen und in ihren Augen versinken konnte. Als sie sich vereinigten, war ihr Duft unerschrocken, stark und entschlossen. Perry nahm ihn in sich auf, atmete ihren Atem ein, spürte, was sie spürte. Noch nie zuvor hatte sich etwas so richtig angefühlt wie in diesem Augenblick.

Aria   | Kapitel Siebenunddreißig
    Am nächsten Morgen erklärte Perry ihr, die Gerüche der Wölfe seien nur noch schwach wahrzunehmen. Obwohl er nicht glaubte, dass das Rudel sich noch in der Nähe befand, machten sie sich mit mehr Umsicht denn je auf den Weg und wurden erst ruhiger, als sie das Wolfsterritorium hinter sich gelassen hatten.
    Perry verhielt sich ihr gegenüber nun anders: Er sprach leise mit ihr, beantwortete jede ihrer Fragen, redete sogar über Dinge, nach denen sie gar nicht gefragt hatte, da er wusste, dass es sie interessierte. Er erläuterte ihr die Pflanzen am Wegesrand, erklärte ihr, welche essbar waren oder Heilkräfte besaßen. Er zeigte ihr die Tierfährten, die sie querten, und demonstrierte ihr, wie man sich an der Form der Hügel orientieren konnte.
    Aria prägte sich jedes Wort ein, genoss jedes Lächeln, das er ihr schenkte. Sie ersann Vorwände, um ihm näher zu kommen, indem sie vorgab, Interesse an diesem Blatt oder jenem Stein zu haben. Doch nichts faszinierte sie mehr als er. Als Perry ihr erzählte, es werde sechs Tage dauern, bis sie Bliss erreichten, verzichtete sie auf Vorwände. Sechs Tage waren zu lang, um auf Nachricht von Lumina zu warten. Doch sie waren nicht lang genug, um mit ihm zusammen zu sein.
    Am Nachmittag machten sie auf einem Felsvorsprung Rast. Perry hauchte ihr einen Kuss auf die Wange, während sie gerade eine Trockenfrucht kaute, und sie stellte fest, dass es nichts Schöneres gab, als einfach so, ohne jeden Grund, geküsst zu werden, selbst beim Essen. Der Kuss ließ den Wald leuchtender erscheinen, den Wald, den Niemalshimmel und auch alles andere.
    Aria nahm diese Taktik begeistert an, nannte sie die Kuss­attacke und lernte bald, wie schwer es war, einen Witterer zu überraschen. Wann immer sie sich mit einer Kussattacke revanchieren wollte, lächelte Perry bereits mit schweren Lidern und öffnete die Arme. Sie küsste ihn trotzdem, bis ihr aufging, dass er sich eines Tages ein Mädchen aussuchen würde, das so war wie er. Eine Witterin, die sich genau wie er nicht von einer Kussattacke überraschen lassen würde. Aria fragte sich, ob sie jede einzelne Gefühlsregung voneinander kennen würden. Sie fand es eigenartig und erschreckend, dass sie eine tiefe Abneigung gegenüber jemandem hegen konnte, den sie gar nicht

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