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Gebannt - Unter Fremdem Himmel

Gebannt - Unter Fremdem Himmel

Titel: Gebannt - Unter Fremdem Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Rossi
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auf sie zugerannt kam, blieb Talon stehen. Die Jungen schossen an ihnen vorbei. Sie erinnerten an drahtige Straßenköter, spindeldürr von harter Arbeit und kärglichen Mahlzeiten, jedoch nicht aufgrund einer Krankheit. Noch vor wenigen Monaten hatte Talon diese Horde angeführt.
    Perry schwang sich seinen Neffen über die Schulter, ließ ihn mit dem Kopf nach unten baumeln und machte einen riesigen Wirbel darum, wie viel Spaß sie dabei hatten. Auch Talon lachte, aber Perry wusste, dass er ebenfalls nur etwas vortäuschte. Er wusste, dass Talon sich nichts sehnlicher wünschte, als wieder mit seinen Freunden durch die Gegend rennen zu können, die Kraft seiner Beine wieder zu spüren.
    Im kühlen Halbdunkel des Kochhauses hing der Geruch von Zwiebeln und Holzfeuer in der Luft. Es war das größte Gebäude im Dorf – der Ort, an dem alle aßen und wo Vale während der Wintermonate Versammlungen abhielt. Acht große, auf Böcke gelegte Tischplatten füllten die eine Hälfte des Raums, wobei Vales Tisch am hinteren Ende auf einem leicht erhöhten Steinpodest stand. Auf der anderen Seite befanden sich hinter einer halbhohen Backsteinmauer eine Kochstelle, eine Reihe Gusseisenherde und mehrere Arbeitstische, die schon seit Jahren keine nennenswerten Mengen an Lebensmitteln mehr gesehen hatten.
    Hier landete die Ausbeute des gesamten Tages, sowohl die Erträge von den Feldern als auch der Fang aus den Fischernetzen und dazu alles, was Perry und die anderen Jäger beisteuern konnten. Die gesamte Nahrung wurde hierhergebracht und dann unter allen Familien aufgeteilt. Die Tiden hatten das große Glück, dass durch ihr Tal ein unterirdischer Fluss verlief, der die Bewässerung der Felder ermöglichte. Doch wenn die Ätherstürme kamen und ganze Landstriche versengten, half ihnen kein Wasser der Welt. In diesem Jahr hatten ihre von Ätherstürmen schwer getroffenen Felder kaum genug abgeworfen, um die Lagerhäuser für den Winter zu füllen. Nur dank Perrys Schwester Liv besaß der Stamm noch genügend Nahrung, um eine Weile zu überleben.
    Vier Kühe. Acht Ziegen. Zwei Dutzend Hühner. Zehn Säcke Getreide. Fünf Beutel getrocknete Kräuter. Das war nur ein Teil dessen, was Livs Vermählung mit dem Kriegsherrn eines weiter nördlich lebenden Stamms den Tiden eingebracht hatte. »Ich bin teuer«, hatte Liv am Tag ihrer Abreise gescherzt, doch weder Perry noch sein bester Freund Roar hatten darüber lachen können. Die eine Hälfte des Brautschatzes war bereits sorgfältig eingelagert, mit der anderen rechneten sie jeden Tag – sobald Liv bei ihrem zukünftigen Ehemann eingetroffen war. Die Tiden brauchten die Lebensmittel dringend, bevor der Winter mit Macht einsetzte.
    In diesem Augenblick erspähte Perry eine Gruppe von Horchern an einem Tisch im hinteren Bereich. Sie saßen dicht zusammengedrängt und tuschelten miteinander. Perry schüttelte den Kopf. Die »Ohren«, wie die Horcher auch genannt wurden, hatten ständig irgendwas zu flüstern. Unmittelbar danach nahm er eine leuchtend grüne Woge wahr, frisch wie Zypressenblätter, die von den Horchern ausging. Ihre Aufregung. Wahrscheinlich hatte jemand sein Gerangel mit Vale mitgehört.
    Perry setzte Talon auf den Backsteintresen und fuhr ihm durch die Haare. »Heute hab ich dir ein Wiesel mitgebracht, Brooke. Das fetteste, das ich erwischen konnte. Du weißt ja, wie die Situation dort draußen ist.«
    Brooke schaute von der Zwiebel auf, die sie gerade schnitt, und lächelte. Sie trug eine Lederschnur mit einer von Perrys Pfeilspitzen als Halsband und lenkte damit seinen Blick auf diese Körperregion. Gut sah sie heute aus. Brooke sah eigentlich immer gut aus. Ihre wachen, blauen Augen ruhten einen kurzen Moment auf Perrys Wange, dann zwinkerte sie Talon zu.
    »Ein süßer kleiner Fratz. Ich wette, der schmeckt ganz hervorragend.« Sie deutete mit dem Kopf auf den großen Topf, der über dem Feuer hing. »Wirf ihn dort rein.«
    »Brooke, ich bin kein Wiesel!«, kicherte Talon, als Perry ihn anhob.
    »Warte, Perry«, sagte Brooke und füllte zwei Schüsseln mit Hafergrütze für die beiden. »Vielleicht sollten wir ihn lieber erst dick und fett mästen, bevor wir ihn kochen.«
    Perry und Talon ließen sich wie üblich an einem Tisch in der Nähe der Tür nieder, wo Perry die Luft, die von draußen hereinwehte, am besten wahrnehmen konnte. Auf diese Weise war er vorgewarnt, falls Vale auftauchte. Dann bemerkte er aber, dass Wylan und Bear, Vales engste Freunde, bei den

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