Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gebannt - Unter Fremdem Himmel

Gebannt - Unter Fremdem Himmel

Titel: Gebannt - Unter Fremdem Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Rossi
Vom Netzwerk:
häufig der Fall zu sein. Er befreite ihren Fuß aus der Felsspalte, trug sie zurück in die Höhle und hüllte sie in eine Decke. Dabei fiel ein kleiner Felsbrocken aus ihrer Hand. Er vermutete, dass sie den Stein hatte nutzen wollen, um einen Angriff abzuwehren. Keine schlechte Idee – sie hätte etwa eine halbe Sekunde lang funktioniert.
    Er erinnerte sich an ihren Geruch, den er schon an jenem Abend in der Festung der Siedler bei ihr bemerkt hatte – eine muffige Mischung aus Moder und gammligem Fleisch. Als er ihn im Tal wahrgenommen hatte, war er ziemlich überrascht gewesen, doch die Duftnote hatte ihn direkt zu ihr geführt. Hier, in der Enge der Höhle, war der Geruch so intensiv, dass er ihm einen unangenehmen Geschmack in der Kehle bescherte. Er rutschte möglichst weit von dem Mädchen fort, ohne auf die Wärme des Feuers verzichten zu müssen, und schlief dann ein.
    Er erwachte vor Sonnenaufgang in jener Stille, die auf jeden Äthersturm folgte. Das Mädchen hatte sich nicht gerührt. Es war ein kalter Morgen, das Wetter kündigte schon deutlich den Winter an. Mit vorsichtigen, langsamen Bewegungen entfachte Perry das Feuer wieder – jeder tiefe Atemzug bescherte ihm Dolchstiche in der Seite.
    Seit Vale dieses Gebiet für verboten erklärt hatte, war er nicht mehr in der Höhle gewesen. Dennoch hatte er sie mit vielen Vorräten ausgestattet vorgefunden – offenbar nutzten Händler die Höhle als Zuflucht, wenn sie durch das Tal zogen. Er entdeckte Kleider und Behälter mit Nüssen. Trockenfrüchte, die noch essbar waren. Sogar ein kleines Gefäß mit Heilsalbe fand er. Perry nahm etwas Salbe und verteilte sie auf dem Fuß des Mädchens; dabei stellte er fest, dass nur eine der Schnittwunden richtig tief war. Eigentlich musste sie genäht werden. Doch er war im Umgang mit Nadel und Faden noch nie besonders gut gewesen, und die Siedlerin würde so oder so sterben. Außerdem war es für ihn nicht notwendig, dass sie laufen konnte. Sie musste nur lange genug bei Bewusstsein bleiben, um seine Fragen zu beantworten.
    Perry inspizierte die Verletzung an seiner Seite – nur eine kleine, eher oberflächliche Wunde, allerdings hatte er sich ein paar Rippen ordentlich geprellt. Außerdem hatte ihm das Mädchen mit ihren Fingernägeln fünf tiefe Kratzer auf der Brust verpasst. Doch seine Wunden würden verheilen, und sein Körper würde wieder stark werden – im Gegensatz zu Talon.
    Er aß etwas und starrte dabei gedankenverloren in die Flammen. Die Erinnerung an die Ereignisse des vergangenen Tages quälte ihn. Er hatte Talon verloren – ein Umstand, den er für absolut unmöglich gehalten hatte. Nun musste das Unmögliche erneut möglich gemacht werden: Er musste Talon zurückholen.
    Das Verlassen des Stammes war genau richtig, ohnehin längst fällig gewesen. Doch wenn er daran dachte, wie er weggelaufen war, glühte sein Gesicht heißer als das Feuer. Sein Leben lang hatte er davon geträumt, Kriegsherr der Tiden zu werden. Doch nun würde der Stamm ihn als Feigling abstempeln. Vermutlich waren sie froh, ihn los zu sein.
    Als er sich erneut schlafen legte, hatte sich das Mädchen noch immer nicht bewegt. Perry fragte sich, ob sie jemals wieder aufwachen würde.
    Am darauffolgenden Morgen ging Perry auf die Jagd. Der Schmerz in seinen Rippen trieb ihm kalten Schweiß auf die Stirn, doch tatenlos herumzusitzen, hätte das Ganze nur noch verschlimmert. Er lockte eine Klapperschlange aus ihrem Loch und durchbohrte sie mit einem Pfeil. Er kochte sie und aß das fette Fleisch, aber hinterher war ihm übel – so als wäre die Schlange in seinem Magen wieder zum Leben erwacht.
    Bei Einbruch der Nacht begann das Mädchen, sich im Fiebertraum hin und her zu wälzen. Perry verbrannte trockene Eichen­blätter, um ihren Siedlergeruch zu überlagern, und blieb die Nacht über wach. Er musste bereit sein, falls sie wieder zu sich kam. Möglicherweise besaß sie Informationen über Talon. Und dann war da noch diese Augenklappe, über die er etwas erfahren musste. Er hoffte, dass sie ihm einen Weg bieten würde, mit Talons Entführern in Kontakt zu kommen.
    Am folgenden Nachmittag schlug das Mädchen die Augen auf und rutschte hastig weg von ihm, drückte sich mit dem Rücken an die gegenüberliegende Felswand. Unter der Decke presste sie die Beine fest zusammen.
    Perry grinste. »Du warst zwei Tage lang bewusstlos und machst dir jetzt deswegen Sorgen?« Er schüttelte den Kopf. »Entspann dich,

Weitere Kostenlose Bücher