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Gebannt - Unter Fremdem Himmel

Gebannt - Unter Fremdem Himmel

Titel: Gebannt - Unter Fremdem Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Rossi
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zu«, sagte er und machte sich daran, die Sehne an seinem Bogen zu straffen.
    Als sie alle Brombeeren gegessen hatte, sah sie zu ihm herüber und lächelte. »Es scheint mir leichter, dich einfach zu fragen, ob die von mir gefundenen Beeren essbar sind oder nicht. Das geht schneller als dieses ganze Reiben und Kosten.«
    »Klar«, erwiderte er und kam sich dabei vor wie ein Narr. »Das geht natürlich auch.«

Aria   | Kapitel Neunzehn
    Sie beschlossen, sich mit dem Schlafen abzuwechseln. Aria sollte sich als Erste ausruhen, doch als sie sich hinlegte, direkt neben den Bach, bekam sie kein Auge zu: Träume waren etwas Beunruhigendes, und einem weiteren fühlte sie sich noch nicht gewachsen. Also setzte sie sich aufrecht hin. Ihr war kalt, trotz ihres dicken Mantels und der blauen Decke, in die sie sich gewickelt hatte. Der Äther zog in dünnen Schleiern über den Himmel, langsam und fransig wie Wolkenfetzen. Der Wind rauschte in den Kiefern und ließ die Zweige in ihrer Nähe wippen. Es gab hier Menschen, die in Bäumen lebten, und Kannibalen, die sich als Krähen verkleideten.
    Am Vortag hatte sie beides erlebt.
    »Wie weit ist es noch zu Marron?«, erkundigte sie sich.
    »Etwa drei Tage«, erwiderte Peregrine. Er hielt das kleine Messer mit den geschnitzten Federn in der Hand und wirbelte es geistesabwesend herum. Drehte es ein Mal. Packte den Griff. Drehte es. Packte es.
    Peregrine oder Perry? Sie wusste nicht, wie sie ihn nennen sollte. Perry fertigte ihr Schuhe aus Bucheinbänden und brachte ihr bei, welche Beeren essbar waren. Peregrine hatte Tätowierungen und grün funkelnde Augen. Er wirbelte mit einem Messer herum, ohne jede Angst, sich zu schneiden, und schoss Leuten Pfeile durch die Kehle. Sie hatte gesehen, wie er einen Mann enthauptet hatte. Allerdings war dieser Mann ein Kannibale gewesen, der sie hatte töten und aufessen wollen. Aria seufzte. In der kühlen Luft bildete ihr Atem kleine Nebelwölkchen. Sie war sich nicht mehr sicher, was sie von ihm halten sollte.
    »Werden wir rechtzeitig dort ankommen?«, fragte sie.
    Seine Lippen verzogen sich, als hätte er die Frage erwartet. »Allzu nah sind die Kräher noch nicht, jedenfalls soweit ich das beurteilen kann.«
    Das war zwar nicht gerade die Antwort, die sie erhofft hatte, aber dennoch gut zu wissen. »Wer ist Marron?«
    »Ein Freund. Ein Händler. Ein Herrscher. Ein bisschen von allem.« Sein Blick fiel auf ihre zitternden Schultern. »Wir können leider kein Feuer machen.«
    »Weil man den Rauch sehen würde?«
    Er nickte. »Oder riechen.«
    Sie schaute auf seine rastlosen Hände. »Du sitzt nicht oft ruhig herum, stimmt’s?«
    Sofort ließ er das Messer in einen ledernen Riemen an seinem Stiefel gleiten. »Wenn ich still sitze, werde ich müde.«
    Das ergab zwar keinen Sinn, aber sie würde nicht weiter nachhaken und damit diesen fragilen Waffenstillstand zwischen ihnen beiden in Gefahr bringen.
    Er verschränkte die Arme und ließ sie dann wieder sinken. »Wie geht es dir?«
    Aria lief ein Kribbeln über den Rücken. Seltsam – ausgerechnet er fragte so etwas. Es erschien ihr weit vertraulicher, als es sich eigentlich hätte anfühlen dürfen. Denn sie wusste, dass es ihn wirklich interessierte. Er stellte keine inhaltsleeren Fragen und sagte kein Wort zu viel.
    »Ich will nach Hause.«
    Das war eine jämmerliche Antwort, und das wusste sie auch, aber wie sollte sie es erklären? Ihr Körper veränderte sich, und dabei ging es nicht nur darum, dass sie menstruierte. Ihre Sinne waren erfüllt vom Plätschern des Baches und dem Kiefernduft in der Luft. Ihre ganze Wahrnehmung veränderte sich. Es schien ihr, als würde sich jede Zelle ihres Körpers dehnen und strecken, um den Schlaf abzuschütteln. Natürlich taten ihre Füße weh, und sie hatte noch immer Kopfschmerzen und ein dumpfes Ziehen im Unterleib. Aber trotz all dieser Beschwerden fühlte sie sich nicht länger wie ein Mädchen, das dem Tod nahe war.
    Perry erhob sich. Perry , wurde ihr klar. Nicht Peregrine . Offenbar hatte ihr Unterbewusstsein entschieden, was es von ihm halten sollte. Sie schälte sich aus der Decke, wobei ihre Muskeln schmerzten und sich nur widerwillig bewegten. Wenn sie beide doch nicht schliefen, konnten sie genauso gut auch weitergehen. Aber dann bemerkte sie, wie Perry angestrengt in die Dunkelheit starrte.
    »Was ist los?«, fragte sie und stand ruckartig auf. »Sind die Krähenmänner da?«
    Er schüttelte den Kopf, spähte weiterhin in den Wald und

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