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Gebannt - Unter Fremdem Himmel

Gebannt - Unter Fremdem Himmel

Titel: Gebannt - Unter Fremdem Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Rossi
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sie ihn genannt. Monster. Ihre Stimmung verriet ihm, dass sie ihn auch jetzt nicht anders einschätzte. Er hatte die Beherrschung verloren, als er das gehört hatte. Als er ihre Reaktion gerochen hatte … auf das, was er getan hatte. Hatte tun müssen , nur ihretwegen. Er brauchte niemanden, der ihm sagte, was er war. Er wusste es. Seit dem Tag seiner Geburt hatte er gewusst, was er war.
    Mit jedem Schritt in höhere Bergregionen wurde die Luft kälter und schneidender. Und der dichte Kiefernwald sorgte dafür, dass seine besonderen Sinne nachließen. Die Kiefern störten seinen Witterersinn empfindlich: Ihr Duft überlagerte feinere Gerüche und verringerte seine Reichweite. Perry wusste, dass er sich mit der Zeit anpassen würde, doch er war immer unruhig, wenn er sich nicht hundertprozentig auf seinen Geruchssinn verlassen konnte. Inzwischen befanden er und Aria sich tief im Grenzgebiet. Er benötigte beide seiner extremen Sinne, um einen weiten Bogen um die Kräher und andere Versprengte machen zu können, die sich in diesen Wäldern verbargen.
    Den Morgen verbrachte er damit, sich an die Situation anzupassen und Ausschau nach Wildfährten zu halten. Am Vortag hatte er mit Aria ein mageres, kleines Kaninchen geteilt, das er gefangen hatte, dazu weitere Wurzeln, die er ausgegraben hatte. Dennoch knurrte ihm noch immer der Magen. Er konnte sich nicht mehr daran erinnern, wann er ihn zum letzten Mal richtig gefüllt hatte.
    Gedanken an Talon erfassten ihn. Was tat sein Neffe gerade? Plagten ihn seine Beine? Verfluchte er Perry für das, was passiert war? Perry wusste, dass er schlimmeren Fragen konsequent aus dem Weg ging – Fragen, die zu schmerzhaft waren, um auch nur darüber nachzudenken. Beispielsweise, ob Talon vielleicht nicht überlebt hatte. Falls er sich diesen Gedanken erlaubte, würde ihm das den Rest geben. Denn dann war nichts mehr von Bedeutung.
    Gegen Mittag gönnten sie sich eine kurze Rast. Aria lehnte sich an einen Baum. Sie wirkte entkräftet, die Haut unter ­ihren Augen schimmerte blassviolett. Doch selbst in diesem erschöpften Zustand war ihr Gesicht noch immer einen Blick wert: Fein geschnitten. Zart. Wunderschön. Perry schüttelte den Kopf, überrascht von seinen eigenen Gedanken.
    Am späten Nachmittag legten sie eine Trinkpause an einem Wasserlauf ein, der einen trägen, gewundenen Pfad durch eine Schlucht schnitt. Perry wusch sich Gesicht und Hände, um dann ausgiebig von dem eiskalten Wasser zu trinken. Aria blieb an der Stelle des Ufers sitzen, wo sie zusammengesackt war.
    »Tun deine Füße weh?«, fragte er.
    Sie schaute auf und heftete ihren Blick auf ihn. »Ich habe Hunger.«
    Perry nickte. Auch er war hungrig. »Ich werde uns was zu essen auftreiben.«
    »Ich will dein Essen nicht. Ich will überhaupt nichts von dir.«
    Das waren bittere Worte, doch ihre Stimmung, lustlos und dumpf, zeugte von tiefer Verzweiflung. Perry beobachtete sie eine Weile. Und er begriff: Hier ging es ausnahmsweise nicht um ihn. Auch er würde nicht wollen, dass er jedes Mal um Nahrung bitten musste, wenn sein Magen knurrte.
    Sie setzten ihren Weg fort und folgten dem Wasserlauf den Berg hinauf. Die Landschaft war jetzt freundlich, grün bewachsen dank der Schneeschmelze. Für Landwirtschaft zwar zu hügelig, aber besser für die Jagd geeignet als seine Heimat. Perry prüfte die Luft auf Tiergerüche, in der Hoffnung, noch etwas anderes als den Moschusgeruch von Wölfen zu entdecken. Da die Nacht in wenigen Stunden anbrechen würde, wusste er, dass sie bald ausruhen und auch etwas essen mussten. Genau in dem Augenblick, als ihn sein von Kiefern umnebelter Geruchssinn fast zur Verzweiflung brachte, nahm er einen süßen Duft wahr, der ihm das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ.
    »Ruh dich aus.« Er setzte sich in Bewegung, hielt dann aber kurz inne: »Ich bin gleich wieder da.«
    Aria ließ sich an Ort und Stelle auf den Boden sinken und zuckte die Achseln.
    Perry wartete einen Augenblick, da er damit rechnete, dass sie etwas sagen würde. Er wollte, dass sie etwas sagte, doch sie schwieg.
    Kurz darauf kehrte er zurück und kniete sich auf dem steinigen Ufer vor sie hin. Da die Kiefern über ihnen hoch aufragten, wurde es bereits dunkel, obwohl die Nacht erst in einer guten Stunde hereinbrechen würde. Hinter ihm plätscherte der Bach leise über die Kieselsteine.
    Als Aria den belaubten, mit dunklen Beeren besetzten Zweig in seiner Hand sah, musterte sie Perry fragend. »Was hast du vor?«
    »Ich

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