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Gebannt - Unter Fremdem Himmel

Gebannt - Unter Fremdem Himmel

Titel: Gebannt - Unter Fremdem Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Rossi
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Sein Blick huschte zunächst zu Aria, dann zu Roar und schließlich wieder zu Perry. Er rappelte sich auf. »Bleib mir bloß vom Leib, Witterer!« Dann riss er Perry das Brot aus der Hand und stürmte durch die Lücke im Windschutz zurück in den Wald.
    Während die Geräusche von Cinders Flucht verhallten, spürte Aria, wie ein kalter Schauer ihren Rücken hinaufkroch. »Was sollte das gerade? Warum hat er dich ›Witterer‹ genannt?«
    Roar hob überrascht die Brauen. »Perry … sie weiß es nicht?«
    Perry schüttelte den Kopf.
    »Was weiß ich nicht?«
    Ihren Blick meidend, schaute er zum Nachthimmel hinauf und holte tief Luft. »Einige von uns sind gezeichnet«, erklärte er leise. »Das ist die Bedeutung der Bänder auf meinen Armen. Es sind Zeichnungen. Sie zeigen, dass wir mit einem besonders ausgeprägten Sinn begabt sind. Roar ist ein Horcher. Er kann auch aus größerer Entfernung klar und deutlich hören. Manchmal sogar Dinge, die meilenweit weg sind.«
    Roar zuckte entschuldigend die Achseln.
    »Und du?«
    »Ich habe zwei extreme Sinne: Ich bin ein Seher. Mit Nachtsicht. Ich kann im Dunkeln sehen.«
    Er konnte im Dunkeln sehen! Bei seinen reflektierenden Augen hätte sie das ahnen müssen – und auch wegen der Tatsache, dass er nachts niemals strauchelte. »Und der andere Sinn?«, fragte sie.
    Perry schaute sie mit seinen funkelnden, grünen Augen an. »Ich habe einen starken Geruchssinn.«
    »Du hast einen starken Geruchssinn.« Aria versuchte zu verarbeiten, was das bedeutete. »Wie stark?«
    »Sehr stark. Ich kann Stimmungen riechen.«
    »Stimmungen?«
    »Gefühle … Regungen.«
    »Du kannst die Gefühle von Leuten riechen?« Sie merkte, wie sich ihre Stimme hob.
    »Ja.«
    »Wie oft?«, fragte sie. Ein Zittern erfasste ihren Körper.
    »Immer, Aria. Ich kann es nicht vermeiden. Schließlich kann ich nicht aufhören zu atmen.«
    Aria wurde es eiskalt. Schlagartig. Als wäre sie gerade in frostiges Wasser gestürzt. Sie sprang auf, schoss durch die Schneise, die Cinder geschlagen hatte, und stürmte in den düsteren Wald.
    Sofort lief Perry ihr hinterher, rief sie beim Namen und bat sie, stehen zu bleiben.
    Aria wirbelte herum. »Das hast du also schon die ganze Zeit getan? Du hast gewusst, was ich empfinde? Hab ich dich auch gut unterhalten? Hat mein Elend dich belustigt? Hast du es deshalb verschwiegen?«
    Er fuhr sich mit den Händen durchs Haar. »Weißt du eigent­lich, wie oft du mich einen Barbaren genannt hast? Glaubst du vielleicht, da hätte ich dir auch noch sagen wollen, dass ich besser riechen kann als ein Wolf?«
    Unwillkürlich schlug Aria sich eine Hand vor den Mund. Er konnte besser riechen als ein Wolf? Ihre Gedanken kehrten zu all den schrecklichen Gefühlen zurück, die sie im Lauf der letzten Tage empfunden hatte. Tage, an denen ihr diese erbärmliche, traurige Melodie ständig im Kopf herumgegangen war. Sie dachte an das Schamgefühl, das sie wegen der Menstruation verspürt hatte. An ihre schreckliche Angst und an die Empfindung, sich wie eine Fremde in ihrem eigenen Körper zu fühlen.
    Roch er etwa in diesem Moment auch, wie ihr zumute war?
    Er legte den Kopf auf die Seite. »Aria, das muss dir nicht peinlich sein.«
    Tatsächlich. Er wusste es.
    Aria wich zurück, doch seine Hand umschloss ihr Handgelenk. »Lauf nicht weg. Es ist zu gefährlich. Du weißt, was da draußen alles rumschleicht«, stieß er hervor.
    »Lass mich los!«
    »Perry«, sagte in diesem Moment eine sanfte Stimme. »Ich werde bei ihr bleiben.«
    Perry schaute auf Aria hinunter. Die Frustration stand ihm deutlich ins Gesicht geschrieben. Dann gab er ihren Arm frei und ging steifbeinig davon. Hinter ihm schlugen die Zweige klatschend zusammen.
    »Wenn du möchtest, kannst du weinen«, sagte Roar, als Perry gegangen war. Er verschränkte die Arme. In der Dunkelheit konnte Aria gerade noch das Glänzen der schwarzen Flasche mit Luster sehen, die er sich in die Armbeuge geklemmt hatte. »Ich würde dir sogar meine starke Schulter dafür zur Verfügung stellen«, fügte er hinzu.
    »Nein, ich will nicht weinen. Ich will ihm wehtun.«
    Roar lachte leise. »Ich wusste doch, dass ich dich gut leiden kann.«
    »Er hätte es mir sagen müssen.«
    »Wahrscheinlich. Aber es stimmt, was er gesagt hat: Er kann gar nicht anders, als Stimmungen aufzunehmen. Und wenn du davon gewusst hättest, hätte das etwas an eurer Vereinbarung geändert?«
    Aria schüttelte den Kopf. Nein, ganz sicher nicht. So oder so würde sie

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