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Gebieter der Dunkelheit

Gebieter der Dunkelheit

Titel: Gebieter der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Henke
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ganz auf.
    Ihr Herz schlug einen Takt schneller. »Nur, wenn ich nicht auf dem Boden schlafen muss.«
    »Das wird meine Entscheidung sein.« Seine Mundwinkel zuckten. »Es ist ein Risiko. Aber ist es das wert?«
    Unsicher verlagerte sie ihr Gewicht von einem Fuß auf den anderen. Würde er wirklich …? Zuzutrauen wäre es ihm. Aber diese Nacht mit ihm war so intensiv gewesen, dass Naomi sie auch mit ihm beenden wollte, denn sie fühlte sich ihm ganz nah. Also trat sie ein, bereit die Konsequenzen zu tragen, wie auch immer sie aussehen mochten.
    Nach einer gemeinsamen Dusche, bei der sie sich gegenseitig liebevoll eingeseift und abgebraust hatten, fand sich Naomi in Samuels Armen wieder und konnte nicht sagen, wann sie das letzte Mal so glücklich gewesen war.

20
    Trotz ihrer Erschöpfung wachte Naomi schon nach zwei Stunden auf. Auch Samuel schlief nicht mehr, denn er zog sie enger an sich. Sie war zu aufgekratzt, um noch einmal einzuschlummern. Da es Sam genauso ging, standen sie bereits in den frühen Morgenstunden auf dem Balkon des Hotels und ließen ihren Blick über die Bodega Bay schweifen.
    Er hatte sich von hinten an sie geschmiegt und hielt sie so fest, als wollte er sie nie wieder loslassen. »Komm, wir frühstücken woanders. Ich kenne einen Geheimtipp.«
    Nachdem er die Zimmer bezahlt hatte, schlenderten sie gemeinsam durch die Gassen des idyllischen Fischerorts. Das erste Mal, seit Naomi von San Francisco geflüchtet war, kam tatsächlich Urlaubsstimmung bei ihr auf. Es waren nur vereinzelt Einheimische auf den Straßen. Die Touristen drehten sich um diese Uhrzeit noch einmal in den Betten der Pensionen um oder saßen beim Frühstück in den Hotelrestaurants. Dabei war der Morgen die schönste Tageszeit, fand Naomi und sog den Duft von Sommer, Sonne und Meer tief in ihre Lungen. Obwohl die Sonne schon hoch am Himmel stand, waren die Temperaturen noch angenehm. Die Meeresbrise brachte kühle Luft vom Pazifik zur Küste und ließ das Wasser des kleinen Hafens, zu dem Sam sie führte, gegen die Planken schwappen.
    Das schwimmende Restaurant At Pete’s stellte sich wirklich als Geheimtipp heraus. Ein Fischer hatte seinen Kutter ausgeschlachtet und zwei einfache kleine Tische ins Innere gestellt. Ein weiterer Tisch stand auf dem Deck unter freiem Himmel. Pete, ein älterer Mann mit wettergegerbtem Gesicht und buschigen Augenbrauen, bereitete das Frühstück persönlich in der kleinen Kombüse zu. Obwohl er nur zwei mobile Herdplatten besaß, konnten die Gäste alles – frisch und heiß – bestellen, was es auch in den Hotels gab: Würstchen, Spiegel- und Rührei, Pancakes und Waffeln. Alles, was das Herz begehrte, fand Naomi und staunte nicht schlecht über die Speisekarte, denn es gab neben Brot, Cerealien und Saft sogar frisches Obst. Eine große Auswahl für so eine kleine Klitsche. Von außen war der Kutter wenig einladend. Die cyanblaue Farbe blätterte vom Boot ab, und abgesehen von dem Stück Treibholz am Mast, auf dem ungelenk mit einem Pinsel ›Event-Gastronomie‹ geschrieben stand, wies nichts auf das Frühstücksrestaurant hin.
    Begleitet vom Krächzen einiger Möwen, genossen Naomi und Samuel das Essen und Petes Gesellschaft, der sich über seine Gäste freute und ihnen die Pancakes, die sie nicht gegessen hatten, in Alufolie einpackte. Naomi und Sam brachten den Proviant zum Wagen und gingen dann zum Strand. Hand in Hand spazierten sie durch den Sand, ließen sich die Sonne aufs Gemüt scheinen und wateten mit nackten Füßen durchs Meerwasser. Hand in Hand, wie zwei Verliebte. Lächelnd sah Naomi zu Sam.
    Zurück am Auto hielt er Naomi an der Schulter fest. »Wenn wir schon mal hier sind, sollten wir uns das Potter Schoolhouse aus Hitchcocks Vögel ansehen, meinst du nicht auch?«
    Eifrig nickte Naomi und strahlte, denn Samuel wollte auch noch nicht zurück zum Weingut und die Zweisamkeit aufgeben.
    Sie fuhren etwas weiter ins Landesinnere bis zu dem Gebäude, dessen weiße Fassade der Regisseur für seinen Thriller hatte abfilmen lassen. Das Haus ist nicht halb so aufregend wie mit Sam zusammen zu sein, dachte Naomi und betrachtete lieber ihn als die Touristenattraktion, die in Privatbesitz war. Es ging ihr dabei nicht einmal so sehr um das Abenteuer der gestrigen Nacht, nicht um den Herrn, sondern den Mann. Das erste Mal teilten sie völlig normale Dinge miteinander, Dinge, die Paare nun einmal miteinander taten, wie essen gehen, Muscheln am Strand suchen und sich langweilige Bauwerke

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