Gebieter der Träume
stehen, dann frage ich mich, wieso ihr das macht.«
In D’Alerians Augen und in seiner Haltung war ehrliches Bedauern zu lesen, als er sich an Solin wandte. Die Ehrlichkeit in seinem Gesicht war herzzerreißend. »Ich hatte unrecht mit dem, was ich dir angetan habe, Solin, und es tut mir leid.«
Solin spottete höhnisch. »Das sind doch bloß Lippenbekenntnisse, Oneroi.«
»Nein, ich fühle es aus tiefem Herzen, das versichere ich dir.« Er zögerte, als erwäge er die Auswirkungen, ehe er weitersprach: »Manchmal ändern sich die Dinge, Solin, und auch die Menschen. Sogar die Götter.«
Solin erstarrte, als er endlich begriff, was D’Alerian ihm sagte. »Nach dieser langen Zeit vertraust du mir endlich?«
D’Alerian nickte. »Arik hat das auch getan, und du hast dich dessen würdig erwiesen, indem du Megeara beschützt hast, sogar wenn es dich das Leben gekostet hätte. Du hattest nichts zu gewinnen und alles zu verlieren. Ich finde, das macht dich vertrauenswürdig.« Dann tat er etwas völlig Unerwartetes: Er streckte Solin seine Hand hin. »Brüder.«
»Brüder«, sagte Solin, nahm D’Alerians Hand und schüttelte sie. »Danke.«
Er nickte ihnen kurz zu und verschwand.
Kat runzelte die Stirn. »Was habe ich da gerade verpasst?«
»Nichts«, sagte Solin rasch. »Das sind nur die Eigenarten der Oneroi.« Er seufzte tief und drehte sich zu ihnen um. Dann lächelte er Geary an. »Soweit ich weiß, ist Persephone jetzt auf dem Olymp bei ihrer Mutter. Dort kann ich nicht hingehen, aber Kat kann es, und sie kann dich mitnehmen.«
Geary verstand das nicht. Er war ein Gott und sollte auf dem Olymp genauso willkommen sein wie jeder andere Gott auch. »Warum können Sie nicht dorthin?«
»Über Solin ist ein Todesurteil verhängt worden«, erklärte Kat. »Auf dem Olymp sind zu viele Götter, die ihn auf der Stelle töten würden, wenn er dumm genug ist, sich dort blicken zu lassen.«
»Oh«, sagte Geary, die allmählich begriff. Wie schrecklich für ihn! Kein Wunder, dass er in der Vergangenheit so wütend auf die Götter war.
Geary trat auf ihn zu und küsste ihn auf die Wange. »Danke für Ihre Hilfe, Solin. Ich weiß das wirklich zu schätzen, und ich bin sicher, Arik geht es genauso.«
Solin nickte. »Versprechen Sie nur eines.«
»Und das wäre?«
Sein Blick brannte sich in ihren. »Wenn Sie Arik zurückbekommen, dann seien Sie nie wieder dumm. Liebe ist etwas so Seltenes, Megeara, halten Sie sie mit beiden Händen fest.«
Tränen traten ihr in die Augen, als sie merkte, dass er aus tiefstem Herzen sprach. Er sprach von sich und von einer Vergangenheit, über die er ihr nichts verraten würde. Aber seine Worte klangen zu aufrichtig, als dass sie einfach so dahergesagt waren. »Ich habe voll und ganz die Absicht.«
»Dann lohnt es sich.«
Das verwirrte sie. »Was lohnt sich?«
Solin stupste sie sanft gegen das Kinn. »Was immer Sie mir an den Kopf werfen werden.« Er nickte Kat zu. »Macht’s gut, ihr beiden, und viel Glück.« Dann verschwand auch er.
Geary runzelte die Stirn. »Geht das nur mir so, oder fandest du das auch gerade einen recht merkwürdigen Wortwechsel?«
»Nein«, hauchte Kat, »das war es nicht. Du kennst nur einfach einen Teil der Geschichte nicht. Erinnerst du dich – die Oneroi haben vor langer Zeit einmal Gefühle gehabt. Einige waren verliebt und hatten sogar Familien, als sie verhaftet und bestraft wurden.«
Geary hatte ein schlechtes Gefühl, als sie den unheilverkündenden Ton in Kats Stimme hörte. »Was ist mit ihren Familien geschehen?«
»Sagen wir einfach, Zeus war wirklich richtig wütend.«
Man musste kein Genie sein, um herauszufinden, wozu das geführt hatte. »Er hat sie umgebracht.«
Kat nickte mit düsterem Gesicht.
Obwohl Geary sich das gedacht hatte, war sie doch bestürzt, dass er seinen eigenen Familienmitgliedern gegenüber so hart gewesen war. »Er hat sie alle umgebracht?«
Kat nickte wieder.
Das Ausmaß dieser Strafe erschütterte Geary, und ihr traten Tränen in die Augen. Sie konnte sich das Entsetzen nicht vorstellen, das sie durchgemacht haben mussten. Kein Wunder, dass M’Adoc so daneben war. »Hat Solin …«
»Nein«, sagte Kat schnell und schnitt ihr das Wort ab. »Er war die Familie, die sie umzubringen versucht haben, und er hat um Haaresbreite überlebt.«
»Das hat Arik mir auch gesagt. Mein Gott, es tut mir so leid für sie.«
»Es tut allen leid, die auch nur einen Hauch Anstand haben. Aber für die Oneroi als Gruppe
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