Gebieter des Sturms (German Edition)

Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte, wendete mit kreischenden Reifen.
    Tiago stieg bereits aus dem SUV . Seine Bewegungen waren so schnell, dass sie vor Ninianes Augen verschwammen. Telepathisch sagte er zu ihr: Verriegle die Türen und duck dich auf den Boden! JETZT , Tricks!
    »Dr. Tod« war nicht einfach irgendein Spitzname, den sie sich spontan ausgedacht hatte. So nannten die anderen Wyr-Wächter Tiago hinter seinem Rücken. Er war eine Tötungsmaschine, leicht zu erzürnen und befeuert von unglaublicher magischer Energie.
    Sie hatte jahrelange Erfahrung in der Zusammenarbeit mit den Wyr-Wächtern gesammelt, wann immer die Gefahrenstufe einen Bodyguard-Dienst für sie erforderte. Sie wusste, wann sie kämpfen, wann sie weglaufen und wann sie in Deckung gehen musste.
    Sie war keine sehr alte Fee und verfügte nicht über sonderlich viel magische Energie. Ihre niedrig dosierte Magie reichte gerade aus, um nach Anderland zu kommen und Telepathie zu empfangen, was jeder konnte, der auch nur einen Funken Magie in sich trug, sei es ein Angehöriger der Alten Völker oder ein Mensch. Sie hatte auch einen zarten Hauch von Charisma, der ihr in Verhandlungen und bei verzwickten gesellschaftlichen Zusammentreffen manchmal einen Vorteil verschaffte, in Kampfsituationen aber so gut wie nutzlos war. Sie war klein und zierlich gebaut, und jetzt war sie außerdem verwundet. Ihre Selbstverteidigungskünste beschränkten sich ausschließlich auf Tricks und hatten nichts mit natürlicher Begabung zu tun.
    Alles, was sie wusste, hatte sie dem jahrelangen geduldigen Training der Wächter zu verdanken. Klar, sie konnte jemandem in den Arsch treten, aber in der Regel zog sie es vor, dass dieser Jemand ihr dafür den Rücken zukehrte. Ihre Stiletts zu vergiften, war nur eine weitere Methode, ihre Chancen in diesem unfairen Spiel zu verbessern. Jetzt war es nicht ihre Aufgabe zu kämpfen. Jetzt war es ihre Aufgabe, zu tun, was man ihr sagte, und in Deckung zu gehen.
    Sie verriegelte die Türen und rollte sich im Fußraum des Beifahrersitzes zu einem kleinen Paket zusammen, die Arme schützend über den Kopf gelegt. Ihre Stichwunde pochte so heftig, dass es ihr bis in die Wirbelsäule zu schießen schien. Als die Wunde wieder zu bluten begann, spürte sie einen Schwall Wärme auf ihrer ausgekühlten Haut. Das war im Augenblick ihre geringste Sorge.
    Sie hasste diesen Part, hasste es, wenn jemand, der ihr wichtig war, sein Leben für sie aufs Spiel setzte. So oft sie das auch durchgemacht hatte, es wurde niemals leichter.
    »Pass auf dich auf«, flüsterte sie Tiago zu. »Dir darf nichts passieren.«
    In diesem Moment ging die Schießerei los.

4
    Das Krachen der Gewehrschüsse ging schnell vorüber. Was sie danach hörte, war unbegreiflich und mindestens ebenso furchteinflößend. Es gab eine plötzliche Explosion von zersplitterndem Glas, einen Wutschrei und dann einen hohen Schmerzenslaut.
    Nach einer Zeit, die ihr wie eine Ewigkeit vorkam, obwohl sie nur wenige Augenblicke gedauert hatte, hielt Niniane es nicht mehr aus. Sie brach eine Grundregel, indem sie sich dem Befehl eines Bodyguards widersetzte: Sie richtete sich auf und schob sich auf einem Knie in die Höhe, bis sie durch das regenverschmierte Fenster spähen konnte.
    Durch die Schweinwerfer des SUV , die des anderen Wagens und die Straßenlaternen war die Umgebung ungleichmäßig beleuchtet und von tiefen Schatten erfüllt. Dennoch war Tiagos aggressive, schwarz gekleidete Gestalt unverwechselbar zu erkennen, als er seinen Stiefel auf den Kopf von jemandem hinabsausen ließ, der auf dem Rücken am Boden lag. Die Person krümmte sich zusammen, dann blieb sie regungslos liegen.
    Niniane hielt sich die Hand vor den Mund und schluckte schwer. Eine weitere Gestalt war über dem Lenkrad zusammengesunken. Die Windschutzscheibe der Fahrerseite war von Kugellöchern durchsiebt.
    Hastig sah sie sich um. Die Tradition der Dunklen Fae, in Triaden zu arbeiten, bezog sich nicht nur auf offizielle Gruppen von Regierungsbeamten. Wenn das hier eine Triade von Dunklen Fae war, wo war dann der dritte?
    Sie presste eine Hand auf die Wunde an ihrer Seite und machte sich unter Grimassen, Keuchen und Schmerzen daran, zurück auf den Fahrersitz des SUV zu rutschen. Vielleicht konnte sie nicht viel tun, um ihm zu helfen, aber sie konnte darauf vorbereitet sein, sie aus der Gefahrenzone zu bringen.
    Ganz in der Nähe stürzte sich eine dunkle Gestalt aus der Schwärze eines Gebüschs. Zischend