Gebieter meines Herzens: Sie war einem anderen versprochen - doch er entflammte ihre Leidenschaft (German Edition)
steckte ihn mit den verbliebenen Haarnadeln wieder zu etwas auf ihrem Kopf fest, wovon sie hoffte, dass es einer Krone ähnelte. Im nächsten Moment fiel der Aufbau zusammen. Seufzend löste Riona den Zopf auf und ließ ihr Haar sich um ihr Gesicht kräuseln wie eine kastanienbraune Wolke.
Sie lehnte sich an den Stamm der Eiche und genoss den schönen Tag. Vor ihr lag der Zufahrtsweg und jenseits davon eine Blumenwiese. Manchmal weideten Schafe dort, aber in den letzten Monaten hatte sie ungehindert gewuchert. Auf der anderen Seite des Geländes befanden sich, vom Gärtner und seinem Sohn sorgfältig gestutzt, mehrere Hecken. Der Gegensatz von wilder Wiese und zurechtgeschnittenen Hecken erinnerte Riona an sie selbst.
Sie wäre am liebsten die wild wachsende Wiese gewesen, wurde jedoch ständig wie die Hecken zurechtgestutzt.
Wie auch heute Morgen. Sie hätte so gerne mit jemandem über die Geburt des Kalbes gesprochen, aber eigentlich hätte sie ja gar nicht dabei sein dürfen, geschweige denn ihre Hände auf den Leib der Kuh legen, um sanft die Wehen zu unterstützen.
Warum sollte sie nichts über die Natur erfahren, wenn sie doch irgendwann selbst gebären würde? Riona konnte sich die Reaktion lebhaft vorstellen, mit der sie zu rechnen hätte, falls sie diese Überlegung jemals in Worte fassen würde.
Auf ihrem Schoß lag ein Buch, eines von denen, die Mrs Parker für akzeptabel hielt, aber Riona war nicht in der Stimmung für Milton.
Paradise Lost erschien ihr als ein ähnliches Schicksal wie das, welches Mrs Parker ihr zugedacht haben würde, wenn sie, Riona, sich nicht entschieden hätte, Harold zu heiraten.
Sie starrte auf die Buchseite hinunter und fragte sich, warum sie sich Mrs Parker plötzlich als John Milton vorstellte. Vielleicht, weil die Frau selbst nach Harolds Verkündung der Verlobung nicht aufgehört hatte, zu klagen und Übles zu prophezeien. Es herrschte noch immer kein Frieden auf Tyemorn Manor, und der würde auch nicht einkehren, bis Riona, dieser Ausbund von Liederlichkeit, verheiratet wäre.
Sie legte das Buch neben sich auf die Erde, schlang die Arme um die angezogenen Knie und schaute in die Ferne. Das Dorf bereitete sich auf Lethson vor, die Sommersonnenwendfeier. Ayleshire beging den Tag auf seine Weise, und dieses Jahr würden die neuen Bewohner des Gutshauses zum ersten Mal daran teilnehmen. Wenigstens könnte sie noch mitfeiern, dachte sie. Die Sonnenwendfeuer, der Pferdemarkt und die »Befreiung« der Felder würden sie von der bevorstehenden Hochzeit ablenken.
Es sei denn, Mrs Parker sähe auch Lethson als etwas moralisch Verwerfliches an.
Als hätte sie sie mit ihren Gedanken heraufbeschworen, hörte Riona einen Spazierstock auf dem Weg zum Gutshaus klackern. Die Engländerin unternahm zweimal täglich einen forschen Fußmarsch, wozu sie erbauliche Verse aufsagte. »Auf diese Weise übt man gleichzeitig Körper und Geist, meine Damen«, hatte sie Riona und Maureen in Edinburgh auf ähnlichen Spaziergängen erklärt.
Mrs Parker kam von ihrer Wanderung zurück, schlug mit ihrem Stock auf den beiderseits des Weges wachsenden Ginster ein, bis ein intensiver Mandelduft in der Luft lag – als geißelte sie die leuchtend gelben Blüten ob ihrer so schamlos zur Schau gestellten Pracht.
Als Riona klarwurde, dass die Frau sie sehen könnte, wenn sie den Blick schweifen ließe, sah sie sich nach einem Versteck um und entschied sich für die Hecke vor ihr. Sie warf sich dahinter auf den Boden und beobachtete zwischen den knorrigen Zweigen hindurch Mrs Parkers Schuhe, während diese energischen Schrittes auf das Hauptportal zusteuerte.
Die restliche Reise zu Susanna McKinsey verlief ereignislos, doch James schaute sich unterwegs immer wieder nach etwaigen Verfolgern um. Zweimal glaubte er, etwas zu sehen, aber niemand griff sie an. Falls sie jemand beschattete, hatte er offenbar beschlossen, sich noch nicht zu zeigen.
Die Landschaft der Highlands mit ihren zerklüfteten Berggipfeln unter dem tiefblauen Himmel war ihm vertraut, doch dieser Teil Schottlands wurde von sanften Hügeln und saftig-grünen Tälern beherrscht, die ihn an die Gegend in England erinnerten, wo sein Vater aufgewachsen war.
Durch das Tal, in dem, von vier Hügeln umgeben, das Dorf Ayleshire lag, floss der Wye. Im Südwesten stand auf einem Felsplateau, das James, obwohl viel weicher in den Konturen, an Gilmuir gemahnte, wie ein Wächter aus alter Zeit die Ruine einer Abtei.
Auf einem ausgetretenen
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