Gebieter meines Herzens: Sie war einem anderen versprochen - doch er entflammte ihre Leidenschaft (German Edition)
eine anständige junge Frau gewesen, aber seit diese sie unter ihre Fittiche genommen hatte, konnte sie sich graziös auf Parkett bewegen, ohne dass bei jedem Schritt die Absätze klapperten. Wenn auch nicht so anmutig wie Maureen, war sie dennoch kein Trampel. Sie konnte sogar tanzen, obwohl sie zugeben musste, dass die komplizierteren Schrittfolgen ihr Schwierigkeiten bereiteten. Sie sollte im Stillen mitzählen und nach außen hin charmant und entspannt wirken, doch schon mehr als ein Partner hatte sie vor sich hin murmeln hören.
Und nun hatte ein Mann sie hinter Büschen liegend ertappt.
Als sie die Bemerkung über sein Pferd machte, hatten ihm offensichtlich die Worte gefehlt. Keine wohlerzogene Lady äußerte sich zu dem Geschlecht eines Tieres. Was natürlich absurd war, aber nichtsdestoweniger eine der unzähligen Regeln, die jeder befolgte. Obwohl sie auf einem Gut lebte, wurde von ihr erwartet, so zu tun, als hätte sie noch nie Tiere kopulieren sehen oder den Unterschied der Geschlechter bemerkt. Nicht, dass sie darauf aus war, die untere Region von Pferden zu betrachten, aber in diesem Fall war es ihr gar nicht möglich gewesen, sie zu ignorieren.
Der Fremde hatte die Situation mit Humor genommen. Liegt Ihr immer hinter Büschen? Ihre Verehrer in Edinburgh hätten nie gewagt, so etwas zu fragen. Sie wären bestrebt gewesen, ihr Benehmen sich selbst gegenüber zu rechtfertigen.
Sucht Ihr Pilze, meine Liebe? Oder habt Ihr Euch in den Sträuchern verfangen? Oder habt Ihr Euch vielleicht den Knöchel verstaucht oder seid mit Eurem Kleid an einem Zweig hängengeblieben?
Sie war so verdattert gewesen, dass sie ihm die Wahrheit gesagt hatte. Riona schloss die Augen und wünschte, sie hätte die Geistesgegenwart besessen, stattdessen etwas Originelles zu sagen.
Als sie wieder um die Eiche spähte, sah sie, dass der Unbekannte im Haus verschwunden war.
Sie hatte in Inverness und Edinburgh schon anziehende Männer gesehen, doch noch nie war sie versucht gewesen, einen Mann anzustarren. Bis jetzt.
Würde sie sich dessen ebenso schämen, wenn der Fremde ein Troll wäre? Wäre ihr dann auch so merkwürdig warm geworden? Wahrscheinlich nicht, und das irritierte sie noch mehr.
Sie blickte an sich hinab und runzelte die Stirn. Ihr Kleid war noch schmutziger als vorher, und in ihrem Haar hatte sich ein Zweiglein verfangen. Ungeduldig zerrte sie es heraus.
Natürlich könnte sie jetzt in den Salon marschieren, wie sie war, und so tun, als wäre alles in Ordnung, aber damit würde sie ihre Mutter erschrecken. Oder sie könnte auf ihr Zimmer gehen, sich waschen und umziehen und den Unbekannten dann mit ihrer untadeligen Erscheinung und ebensolchen Manieren beeindrucken. Verärgert über sich, entschied sie sich für eine dritte Möglichkeit – auf ihr Zimmer zu gehen und dort zu bleiben.
Auf sein Klopfen hin öffnete ihm ein junges Dienstmädchen. Noch ehe er ihr seinen Namen genannt hatte, trat sie beiseite, um ihn einzulassen.
»Willkommen auf Tyemorn Manor«, begrüßte sie ihn mit einem kleinen Knicks. »Kommt mit und nehmt im Salon Platz, derweil ich der Dame des Hauses von Eurem Kommen Mitteilung mache.« Die offenbar auswendig gelernte Formel wurde von einem fröhlichen Lächeln begleitet.
James erwiderte es und drehte sich dann zu Rory um, der ihn eingeholt hatte und vom Pferd gestiegen war, jedoch keine Anstalten machte, näher zu kommen.
»Wenn es recht ist, warte ich lieber hier.«
James nickte, wobei er sich ein Grinsen verkniff. Rory starrte das Dienstmädchen an, als hätte er noch nie eine Frau gesehen.
Als James die holzgetäfelte Eingangshalle betrat, sah er vor sich eine beeindruckende Treppe. Zwei kunstvoll geschnitzte Löwenköpfe bildeten die Pfosten des Geländers, das sich in einem gefälligen Bogen nach oben schwang. Eine wunderschöne Arbeit, offenbar mit der gleichen Sorgfalt angefertigt wie der Rumpf eines MacRae-Schiffes.
Er folgte dem Dienstmädchen in eines der an die Halle angrenzenden Zimmer. Vor einem großen, weißen Marmorkamin standen einander gegenüber zwei dunkelblau bezogene kleine Sofas. Die Wände waren mit dem gleichen dunkelblauen Stoff bespannt, aus dem auch die Vorhänge an den beiden hohen Fenstern bestanden. Diese Einfarbigkeit hatte etwas Beruhigendes.
Sonnenlicht fiel auf den reich gemusterten Teppich. Auf dem Tisch zwischen den beiden Sofas stand eine mit duftenden Blumen gefüllte Silberschale.
Das einzige Geräusch im Raum war das Ticken der
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