Gebieter meines Herzens: Sie war einem anderen versprochen - doch er entflammte ihre Leidenschaft (German Edition)
zärtlich über das sonnenwarme Haar. Als ihm bewusst wurde, was er da tat, ließ er seine Hände abrupt sinken.
Er hatte sich fest vorgenommen gehabt, Riona zu meiden, doch als er sie vorhin im Eingang der Käserei zu ihm hatte hochschauen sehen und erkannt hatte, dass sie den Blick nicht von ihm wenden konnte, war es um seine Standhaftigkeit geschehen gewesen.
Und nun konnte er sich nicht an ihr sattsehen. Sein Ehrgefühl war unter einem stärkeren Gefühl begraben, einem, das ihn zwang, ständig nach ihr Ausschau zu halten, und ihn nachts nicht schlafen ließ, weil er daran denken musste, wie sie sich bewegte, wie sie lächelte, wie sie lachte.
Sie hatte ihm das Gesicht entgegengehoben, und es schien, als hielte die Natur um sie her den Atem an. Er stand wie angewurzelt da, ein Gefangener von Rionas Lächeln und seinem Begehren.
Sie war verlobt und er nur ein Durchreisender in ihrer Welt. Ebenso wie sie müsste auch er seine Pflicht erfüllen, aber er konnte nicht umhin, sich zu wünschen, dass ihrer beider Lebenswege sich ändern würden.
»Wenn ich heirate«, sagte sie so leise, dass er sich zu ihr hinunterbeugen musste, um sie zu verstehen, »lasse ich mir das Haar abschneiden. Es ist ein ständiges Ärgernis.«
»Es wäre ein Jammer, wenn Ihr Euer Haar abschneiden ließet«, meinte er.
»Es ist ständig im Weg.«
Sie streckte die Hände aus und ließ ihre Finger von seinen Ellbogen zu seinen Handgelenken wandern. Er drehte die Handflächen nach oben und hielt ihre Finger fest. Wie verzaubert schaute sie auf ihre vereinten Hände hinunter.
»Es braucht viel Pflege, und die kostet Zeit«, sagte sie.
Er hatte völlig vergessen, worüber sie sich unterhalten hatten, und es dauerte einen Moment, bis er begriff, dass sie noch immer über ihr Haar sprach. Sie waren sich so nahe, dass er ihren warmen Atem spürte. Er sollte sich damit zufriedengeben, ermahnte er sich, doch er beugte sich noch weiter zu ihr.
Könnte er sie lächeln spüren?
Sie zog ihre Finger unter seinen hervor und umfasste seine Hände.
»Ich fände es wirklich schrecklich, wenn Ihr das tätet. Ihr habt so wunderhübsches Haar.«
»Das sagen alle. Aber es ist nicht allein mein Haar, was mich ausmacht.«
Er lächelte sie an und zwang sich, ihr seine Hände zu entziehen und einen Schritt zurückzutreten. In seinem Kopf überschlugen sich die verbotenen Gedanken eines Verliebten. Du hast recht. Es sind deine Gedanken, die dich ausmachen, deine Handlungen, dein Lächeln. Du überraschst mich stets aufs Neue, und du reizt meine Wissbegierde. Ich möchte dich kennenlernen, aber weder die Zeit noch die Umstände werden es mir gestatten.
Riona richtete ihre durch das Bücken verrutschte Kleidung, und die kleinen, weiblichen Gesten bezauberten ihn.
Auffordernd streckte sie ihm die Hand hin. Er sollte sie nicht nehmen. Er hätte Riona gar nicht aufsuchen sollen. Noch könnte er vorschützen zurückzumüssen, eine wichtige Aufgabe vergessen zu haben.
Anstatt vernünftig zu sein und die Gelegenheit zu ergreifen, anstatt ein Dutzend Gründe aufzuzählen, warum er gehen sollte, nahm er ihre Hand.
»Wohin führt Ihr mich?«
»Zu einem verzauberten Ort.«
Da befand er sich doch bereits, lag ihm auf der Zunge. Tyemorn war der verzaubertste Ort, an dem er je gewesen war.
Kapitel 23
D er Hexenbrunnen liegt jenseits des Flusses.« Riona führte ihn über die Fußgängerbrücke und, drüben angekommen, auf den Hügel zu, auf dem die Ruine der alten Abtei thronte.
Auf einer Lichtung, die von einem Brunnen und einem Hochkreuz aus Granit beherrscht wurde, zog sie ihn zu der Steinskulptur und deutete auf die in den Sockel geritzte Inschrift.
Hier ruht Annie Mull, als Hexe verbrannt – 1625.
»Was hat sie getan, um eine solche Strafe zu verdienen?«, fragte er.
»Vielleicht ein paar Leute mit einem Fluch belegt. Oder sich geweigert, einen Zaubertrank für ein verliebtes Mädchen zu brauen.«
»Vielleicht war sie auch einfach nur eine einsame Frau, die niemanden hatte, dem etwas an ihr lag.« James wandte sich ab, ging zu dem Brunnen und schaute in die Tiefe. Er konnte sich gut vorstellen, dass sich Mythen um diesen Ort rankten, hörte förmlich die geflüsterten Zaubersprüche. Sicher hatten schon viele Mädchen von diesem Wasser getrunken und bestimmt auch einige Jungen.
»Ich habe genug von der Welt gesehen, um zu wissen, dass jede Kultur das Ungewöhnliche oder Andersartige verdammt. Die ärmsten Opfer sind diejenigen, die niemanden haben,
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