Gebieter meines Herzens: Sie war einem anderen versprochen - doch er entflammte ihre Leidenschaft (German Edition)
Anbetung strahlende Gesicht war James zugewandt. Ob ihm die Bewunderung der Frauen wohl manchmal lästig war?
»Ich danke Euch für Euer freundliches Angebot«, sagte sie förmlich, »aber Ihr müsst mich wirklich nicht begleiten.«
»Habt Ihr die Zweige etwa bereits gesammelt?«
Ja. Fast hätte sie die Lüge ausgesprochen. »Nein.« Sie zwang sich zu einem Lächeln.
»Warum wollt Ihr mir dann nicht gestatten, Euch zu helfen?«
Sie band ihre Schürze ab und legte sie auf den Tisch. Eines der Mädchen nahm ihren Platz ein. Töricht oder nicht – sie würde einige Zeit mit James verbringen. Wie sehr sie sich das wünschte, wäre allein schon Grund genug gewesen, es nicht zu tun.
Sie bedeutete ihm mit einem Nicken, ihr zu folgen, und verließ die Käserei. Im Schuppen holten sie sich zwei der hohen Körbe, die normalerweise zur Apfelernte benutzt wurden.
»Wie viele Zweige brauchen wir?«, fragte er und hängte sich den Korb mit der Lederschlinge über die Schulter. Sie tat es ihm nach und ging voraus, auf einen Baumgürtel in der Ferne zu.
»Hundert.«
»Hundert?«
»Das ist nicht so mühsam, wie es sich anhört«, sagte sie. »Die Zweige müssen nur ein paar Zentimeter lang sein. Wenn ich es richtig verstanden habe, geht es um den ihnen innewohnenden Geist des Baumes, nicht um die Größe.«
Die wunderliche Erklärung machte ihn lächeln.
»Erzählt mir von dem Ort, den Ihr zuletzt besucht habt.« Sie bückte sich, um ein Zweiglein aufzuheben, wischte es sauber und legte es in ihren Korb. Sofort nahm James es heraus und legte es in seinen. Seine Galanterie amüsierte sie.
»Das war Bombay. In Indien«, fügte er erklärend hinzu. »Die Stadt besteht aus einer Reihe von Inseln, die einen natürlichen Hafen bilden.«
Wieder hob sie einen Zweig auf. Diesmal legte sie ihn gleich in seinen Korb.
»Dort ist es auch im Winter warm, aber danach wird es bis Juni immer schwüler, und von da an regnet es bis in den Herbst hinein. Sie nennen es ›Monsun‹.«
»Nicht gut für die Landwirtschaft.« Sie sah zu, wie er von einigen alten Bäumen frische Triebe abbrach.
Er schüttelte den Kopf.
»Bombay«, wiederholte sie sinnend. »Ein seltsamer Name.«
»Manche behaupten, er wäre von der Hindugöttin Mumbai Devi abgeleitet. Andere glauben, er komme aus dem Portugiesischen. Dort bedeutet bom baia ›guter Hafen‹.«
»Was, glaubt Ihr, ist richtig?«
»Ich halte die portugiesische Variante für wahrscheinlicher. Die Inseln waren Teil der Mitgift von Katherina von Braganza, als sie den englischen König heiratete.«
»Also gehören sie jetzt den Engländern?«
»Genau gesagt der East India Company.«
»Die Engländer sind wirklich überall. Manchmal kommt es mir so vor, als lebten in Schottland mehr Engländer als in England.«
Er sah sie überrascht an.
»Ist Euch das noch nicht aufgefallen? Mrs Parker ist nicht die einzige Engländerin in Edinburgh. Wie es scheint, wollen sie ein zweites London daraus machen. Unsere Anstandsregeln stammen aus London, die Theaterstücke stammen aus London, und die Bälle entsprechen dem Londoner Vorbild.«
»Auf Gilmuir ist es ganz anders«, sagte er. »Dort käme man nicht auf den Gedanken, sich anderswo als in Schottland zu befinden.«
»Aber wir können nicht alle an Orten wie Gilmuir leben.« Wieder hob sie einen Zweig vom Boden auf und legte ihn in den Korb. »Die meisten von uns müssen in Städten wohnen oder in Dörfern wie Ayleshire. Aber wenigstens hat man hier das Gefühl, dass die Zeit stehengeblieben ist und allen Veränderungen trotzt.«
»Ihr meint, das Dorf ist verzaubert?«, fragte er belustigt.
»Ihr glaubt nicht an derlei Dinge? Oder an Hexen, Feen und Kobolde? Als Schotte solltet Ihr Unerklärliches nicht ablehnen.«
»Es gibt kein abergläubischeres Völkchen als Seeleute, Riona – aber ich halte nichts von Mythen und Folklore.«
»So dürft Ihr nicht reden, James – vor allem nicht hier. Sonst kommt Annie Mulls Geist und verhext Euch.«
»Wer ist denn Annie Mull?«
Riona streifte den Ledergurt von seiner Schulter, lehnte den Korb an einen Baum und stellte ihren dazu.
»Kommt mit – ich zeige es Euch.«
»Noch eine römische Mauer?«
Sie schüttelte den Kopf. »Ein Hexenbrunnen.«
Als Riona sich unter einem Ast hindurchbückte, verfing sich ein Blatt in ihrem Haar. Bei dem Versuch, es loszuwerden, geriet es noch tiefer hinein.
»Lasst mich das machen«, sagte James.
Schnell hatte er den Plagegeist entfernt und strich Riona
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