Gebieterin der Finsternis
besonders grün, und sie spürte, wie seine Magie sie streifte.
»Du bist schon zu lange in der Hölle, Artemis. Viel zu lange. Du könntest die …« Er brach ab. »Du könntest deine Lebensessenz verlieren, vollständig. Sie blutet dir aus der Seele.«
»Ich weiß. Mein Schild ist zerbrochen, und mir fehlt die Kraft für einen neuen.«
»Ist ja gut, jetzt bin ich hier. Ich beschütze dich.« Er murmelte ein Wort, und sie fühlte, wie sie von einem wohligen Kokon eingehüllt wurde. Seufzend lehnte sie sich an seine Stärke. Erst mit einiger Verspätung begriff sie, was er gemacht hatte.
Sie erstarrte. »Das«, stammelte sie, »das Licht über dir, das ist Elfenlicht, stimmt’s? Und der Zauber eben, das war ein lebensmagischer, ein Heilzauber.«
Mac grinste. »Ich habe mich schon gefragt, wann du es wohl merkst.«
»Aber … wie?«, flüsterte sie.
»Leanna«, antwortete er. »Sie hat mir gezeigt, dass das, was ich für das Richtige hielt, nämlich Todesmagie anzuwenden, mich in Wirklichkeit nur geschwächt hat. Trotz der Finsternis in meiner Seele bleibe ich ein Wesen der Lebensmagie. Und wenn ich für den richtigen Schutz sorge, kann ich sogar hier mit Lebensmagie arbeiten.«
»Das verstehe ich nicht.«
»Du musst es gar nicht verstehen, Artemis. Genau darum geht es ja. Todesmagie ist logisch, aber die Lebensmagie entzieht sich unserem Verständnis. Für sie brauchen wir Glauben.«
»Was Glauben betrifft, war ich noch nie besonders gut, Mac«, erwiderte sie zerknirscht.
Er legte eine Hand an ihre Wange und strich ihr sanft mit dem Daumen über die Lippen. »Das nehme ich dir nicht ab, Artemis. Diese ganze Reise beweist das Gegenteil. Ohne Glauben wärst du nie so weit gekommen.«
»Aber ich habe so viele Fehler gemacht! Ich habe dein Vertrauen missbraucht, wieder und wieder. Du hättest mir nicht folgen sollen. Ich verübel es dir nicht, wenn du mich hier sterben lässt.«
Er streichelte ihren Hals, ihren Arm und schließlich ihren Bauch. Etwas in ihr hüpfte ihm entgegen. Dann sagte er heiser: »Aber, Süße, davon will ich nichts hören. Du musst stark sein.«
Wieder sprach er ein einzelnes Wort, woraufhin Lebensmagie von seiner Hand in sie hineinströmte, ihre Sinne, ihr Herz und ihre Seele flutete. Fast wollte sie weinen, so schön war sie. Bis zu diesem Augenblick war ihr gar nicht bewusst gewesen, wie sehr sie inzwischen dem Tod und der Dunkelheit verfallen war.
Der Schmerz in ihrer Seite und ihrem Arm löste sich auf. Als sie ihn vorsichtig hob, erkannte sie, dass der Bruch geheilt war. Unsicher blickte sie an sich hinab. Schmutz und Schweiß waren von ihrer Haut und ihrer Kleidung verschwunden. Ein frischer, sauberer Waldgeruch stieg ihr in die Nase.
Und sie zitterte.
Mac betrachtete sie voller Zärtlichkeit. »Wie fühlt sich dein Arm an?«
Sie hob ihn abermals. »Gut. Nein, besser als gut. Phantastisch.«
»Und die Wunde an der Seite?«
Zaghaft strich sie mit der Hand drüber. »Weg.«
»Schön, aber das reicht noch nicht. Deine Lebensessenz istnach wie vor zu niedrig. Ich muss sichergehen, dass du mir nicht wieder umkippst. Kannst du mir deine Seele öffnen, Artemis? Und deinen Körper? Ich sollte dir so viel Lebensessenz geben, wie du aufnehmen kannst.«
Sie riss die Augen auf. »Öffnen? Wie meinst du das?«
Seine Antwort kam mit einem vielsagenden Schmunzeln. »Das dürftest du problemlos erraten, Süße. Schließlich bin ich halb Sidhe.«
Kapitel 22
Artemis sah ihn entgeistert an. »Mac! Du kannst doch nicht allen Ernstes meinen, was ich denke.«
»Was denkst du denn?«
»Willst du etwa mit mir schlafen? Hier? Jetzt? Du bist ja wahnsinnig!«
Mac wurde ernster. »Artemis, du bist schwer verletzt.«
»Ich war. Du hast mich schon geheilt.«
»Deinen Körper, ja, aber deine Seele? Ich möchte kein Risiko eingehen, denn du musst stark sein. In der Menschenwelt konntest du bisher immer dein magisches Gleichgewicht herstellen, aber hier nicht. Hier verlagert es sich inzwischen viel zu sehr zugunsten der Todesmagie, und das ist nicht gut, Süße. Es könnte dich zerstören.«
Artemis nickte. Sie wusste, dass er recht hatte. Ein tiefes, krankes Summen untermalte jeden ihrer Gedanken, ihr gesamtes Tun. Und sie hatte sich mittlerweile so sehr daran gewöhnt, dass sie es kaum mehr wahrnahm.
»Mac.« Ihre Stimme bebte. »Ich …«
Er nahm ihre Hand. »Liebst du mich, Artemis?«
»Du willst nicht von mir geliebt werden, Mac«, sagte sie und schluckte. »Ich bin total
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