Gebieterin der Finsternis
blutverschmierter Stein. Jemand – oder etwas – hatte das Biest von hinten attackiert.
Das Monster sprang auf und drehte sich nach dem um, was es angegriffen hatte. Brüllend spie es Feuer in den Tunnel. Leider konnte Artemis nicht an seiner bulligen Gestalt vorbeisehen. Zunächst war nichts zu hören, und Artemis fürchtete, was immer hinter dem Minotaurus war, könnte zu Asche verbrannt sein. Mit einem zufriedenen Grunzer wandte sich die Kreatur wieder zu ihr um.
Zu früh.
Abermals traf ein Hieb die Bestie von hinten. Heulend torkelte sie, sackte auf die Knie und ließ den Stierkopf mit einem unschönen Rumsen nach vorn kippen. Der massige Körper erschauderte noch einmal, dann rührte er sich nicht mehr.
Ohne den Feueratem des Minotaurus war es erneut vollkommen dunkel. Artemis lauschte angestrengt, denn irgendwo musste ja noch das Wesen sein, das die Kreatur zur Strecke gebracht hatte. Und nun würde es sich auf sie stürzen. Wenigstens produzierte ihre Angst genügend Adrenalin, dass sie sich aufrichten und weiter stolpern konnte.
Schnelle Schritte folgten ihr, ehe sie eine vertraute Stimme fluchen hörte. »Verdammter Mist, Artemis, bist du das? Bist du verletzt?«
Sie blieb stehen. »Mac?«
Es klang, als wäre er weit weg. »Ja, ich bin’s. Warte mal kurz, dieses verflucht große Biest blockiert den Weg …«
Im nächsten Moment hörte sie, wie er von dem Minotaurus sprang, bevor er der Länge nach neben ihr landete und sie inseine Arme zog. Ein grüner Lichtbogen erschien über seinem Kopf, doch sie konnte sein wunderschönes, schmutzverschmiertes Gesicht nur verschwommen erkennen, weil ihr die Tränen kamen. Irgendwo unterwegs hatte er sein T-Shirt eingebüßt. Aber er fühlte sich warm, sicher und lebendig an – alles, wovon sie eben geglaubt hatte, dass sie es nie wieder wäre.
»Verflucht, war das Teil hässlich.« Obwohl er so gelassen wie immer sprach, war sein Blick besorgt. »Nicht mal eine Mutter kann so eine Visage lieben.«
»Ach, Mac!«
Er drückte sie an sich, wich jedoch erschrocken zurück, als sie aufschrie. »Du bist verletzt.«
»Ein Toter hat mir den Arm gebrochen und eine Furie mich seitlich erwischt. Das brennt scheußlich.«
Behutsam tastete er ihre Wunden ab und berührte dann ihren Kopf. Sie fühlte, wie er ihr Inneres absuchte. Als er wieder etwas sagte, war er sehr ernst. »Da bin ich wohl gerade rechtzeitig gekommen.«
»Aber …
wie
bist du hierhergekommen? Malachi …?«
»Ein verdammt unerfreulicher Bursche, dein Dämonenfreund.«
»Er ist nicht mein Freund.«
»Nein? Ihr beide habt aber ziemlich einträchtig gewirkt.«
Sie fröstelte. »Ich hatte gehofft, dass du ihm entkommst.«
»Aber es eigentlich nicht geglaubt. Du vertraust lieber auf perverse Dämonenkräfte als auf meine.«
»Mac, ich …«
»Und du hättest sogar recht behalten«, fuhr er ruhig fort. »Ohne Leanna würde ich jetzt noch in Malachis Gefängnis hocken.«
»Deine Schwester? Das verstehe ich nicht.«
»Malachi wollte mich fertigmachen, indem er Leanna vor meinen Augen vergewaltigte. Er hat gedacht, dass er sie längst gebrochen hat, aber meine Schwester ist halb Sidhe. Sie weiß mehr über Magie, als ihm klar ist, mehr als mir klar war. Wir haben ihn gemeinsam verscheucht.«
»Ihr habt ihn besiegt?«
»Nein, er hat sich nach Shadowhaven verdrückt.«
»Und Leanna?«
»Die ist auf dem Weg zurück in die Menschenwelt.«
»Du hättest mit ihr gehen können.«
»Ja, hätte ich.«
Sie fühlte, wie er sie ansah, konnte sich aber nicht dazu bringen, ihn anzusehen. »Warum bist du nicht?«
»Du bist doch so ein kluges Kind. Erzähl du’s mir.«
Jetzt blickte sie doch auf. »Aus Mitleid?«
Er lachte. »Also echt, Süße, das kannst du besser.«
»Pflichtgefühl?«
»Nein.«
»Dann … habe ich keine Ahnung, Mac. Die Götter wissen, dass du mir nicht gefolgt bist, weil ich deine Hilfe verdiene. Und du bist nicht wahnsinnig genug, als dass du mich retten würdest, um dich anschließend für alles zu rächen, was ich dir angetan habe. Also, nein, ich weiß wirklich nicht, wieso du immer noch meine erbärmliche Haut schützen willst.«
»Artemis.« Er nahm ihre Hand und öffnete sanft die Faust, die sie machte, um sodann seine Finger mit ihren zu verweben.
Bei seiner Berührung überkamen sie schreckliche Schuldgefühle. Sie wollte ihre Hand wegziehen, was Mac nicht zuließ. Mit der freien Hand hob er ihr Kinn, so dass sie ihm insGesicht sehen musste. Seine Augen leuchteten
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