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Gebissen

Gebissen

Titel: Gebissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Koch
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Einzelgänger sind, war ich damals mit einem Freund namens Aineas unterwegs. Wir hatten gehört, dass es in Sodom und Gomorrha freizügiger als anderswo zuging, reisende Händler raunten überall, dass dort das Laster zu Hause sei. Das schien uns, die wir nach menschlicher Leidenschaft gierten, der richtige Ort zu sein, um nicht aufzufallen. Wo jeder hurt, da sind wir willkommen, wo die Abstinenz regiert, müssen wir vorsichtiger sein. Auch dort ist der Hunger nach uns groß, doch das Geschrei am Morgen danach und das der Nachbarn ist größer. In Sodom sollte das anders sein.
    Und tatsächlich, kaum waren wir dort angekommen, einer wohlhabenden Hafenstadt am Ufer des Toten Meers, sprach uns ein lächelnder Mittdreißiger auf der Straße an, ob wir schon eine Bleibe für die Nacht hätten. Wir verneinten, sagten, wir wollten uns auf dem Marktplatz umhören oder ob er uns einen Gasthof empfehlen könnte.
    Gasthof, papperlapap, erwiderte er, ihr kommt mit zu mir. Gastfreundschaft wird bei uns großgeschrieben. Ich bin Lot, und meine Frau Sara bewirtet und bedient euch sicher gern. Dabei sah er mich hungrig an, seine Stimme bebte erregt. Trotz seines Alters hatte er ein helles Bubigesicht, nicht ganz mein Fall, aber seine großen dunklen Augen funkelten, als hätte er es faustdick hinter den Ohren.
    Aineas und ich sahen uns an, zuckten mit den Schultern und gingen mit. Er war im besten Alter und verheiratet, hatte also vielleicht auch Söhne und Töchter, die im passenden Alter waren. An Aineas’ Lächeln sah ich, das er das Gleiche dachte, und ich wusste, wie gern er es mit unerfahrenen Dingern trieb. Ihre naive, neugierige Lust sei eine andere, sie schmecke süßer, sagte er stets. Auf dem Marktplatz konnten wir uns in den nächsten Tagen und Nächten noch umsehen.
    Lot führte uns durch die bunten, lebendigen Straßen, in denen sich Bettler an Götzenbilder und kleine Händler reihten. Unterwegs wurden wir von zahlreichen Augen begafft, teils offen angemacht, und im Vorbeigehen wie aus Versehen begrapscht. Die schwüle Luft war mit sexueller Spannung aufgeladen, und Lot konnte diesem Treiben nur schwer Einhalt gebieten. Ein großer Mann in teurem Tuch packte sogar seinen Schwengel vor mir aus und sagte mit selbstgefälligem Grinsen: Da staunst du, was? Ich hab ’ ein Gehänge wie ein Hengst.
    Zähne auch, entgegnete ich kalt und ließ ihn im höhnischen Gelächter der anderen Passanten stehen. Lot bugsierte uns schnell voran, als hätte er Angst, wir könnten solch plumpem Werben doch noch nachgeben.
    Auch einen Vampir bemerkte ich am Straßenrand, doch er hielt sich abseits im Schatten dicker Mauern und starrte nur kurz zu uns herüber. Er nickte kaum merklich, seine Augen blieben kalt. Damals lebten sie und wir nebeneinanderher, unerkannt von den Menschen und unter ihnen. Wir kamen uns nicht in die Quere, es gab schließlich genug Menschen für alle, und jeder wollte etwas anderes von ihnen, wir nahmen einander nichts weg.
    Endlich bei Lot angekommen, erwartete ich, dass er über mich herfallen würde und ich ihn endlich besteigen konnte. Doch er scheuchte seine hübsche Frau tatsächlich erst in die Küche, um für uns zu kochen. Als spiele er mit uns und nicht wir mit ihm, auch wenn er mich weiter mit seinen großen brennenden Augen auszog. Schwitzend tänzelte er um mich herum, Erregung drang aus jeder Pore, und stammelnd stellte er uns seine beiden Töchter vor, hübsche junge Dinger, schüchtern und noch jungfräulich, wie er uns stolz versicherte. Aineas lächelte breit, und ich konnte in den Gesichtern der Mädchen sehen, wie sie ihm verfielen. Ich würde also Vater und Mutter bekommen.
    Da klopfte es an der Tür, laut hämmerten Fäuste gegen das Holz. Draußen hatte sich ein gutes Dutzend Sodomer oder Sodomiten versammelt und begehrte Einlass. In erster Linie aber begehrten sie Aineas und mich, was sie sehr laut deutlich machten. Sie hatten Dolche und Prügel dabei, wildes Verlangen flackerte in ihren Augen, und es war klar, dass das hier kein besonders raffiniertes Werben sein sollte. Es war ein lüsterner Mob, der Lot und jeden anderen, in dem er einen Nebenbuhler sah, erschlagen würde. Sabbernde Gestalten, die ihre Gier befriedigen wollten, und das musste nicht durch einvernehmlichen Sex geschehen. So hatten wir uns Sodom nicht vorgestellt.
    Lot zitterte, aber er gab die Tür nicht frei.
    Nein, ich bitte euch, das Gastrecht ist heilig, wimmerte er. Nehmt meine jungfräulichen Töchter, aber lasst

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