Gebissen
die Fremden in Ruhe. Sie sind doch meine Gäste.
Der Mob vor der Tür wurde immer zahlreicher und verlangte lautstark nach uns. Rabenvater, habe ich gedacht. Ich meine, Gastfreundschaft ist eine gute Sache, aber die eigenen Töchter der tobende Menge vorwerfen eine ganz andere, wenn du mich fragst.
Scheiß auf deine hässlichen Töchter!, schrie ein fetter glatzköpfiger Kerl in der ersten Reihe und schlug Lot ins Gesicht. Jammernd taumelte unser Gastgeber zurück, der Mob machte sich daran, ins Haus vorzudringen. Ich sprang zur Tür hinüber, drosch dem fetten Idioten die flache Hand auf die Nase, so dass sie knirschend brach, und trat ihm zwischen die Beine. Er heulte vor Schmerz und sackte zusammen. Dann stieß ich ihn mitten unter seine sabbernden Spießgesellen und brüllte: Verpisst euch!
Reaktionsschnell warf Aineas die Tür ins Schloss und versah sie mit einem Traumsiegel, das die Wahrnehmung des Mobs verwirrte. Dazu murmelte er etwas von einer beschissenen Belagerung, das könne bei einer schönen Frau auch mal zehn Jahre dauern. Ich mochte seinen trockenen Humor.
Wir hörten, wie die Kerle draußen ihren Kumpan verspotteten, weil er sich von einer Frau aufs Kreuz hatte legen lassen. Darüber hinaus vergaßen sie die traumversiegelte Tür, nahmen sie nicht mehr als Realität wahr. Spottend und geil zogen sie davon, auf der Suche nach mehr oder weniger willigen Frauen.
Lot hatte nur einen Kratzer abbekommen, die Blutung war schnell gestoppt, und Sara trug bald darauf die Mahlzeit auf. Beim Essen begann Lot jedoch furchtbar zu bechern, er zitterte, doch es war nicht klar, ob noch aus Angst vor dem Mob oder aus Erregung. Derweil bandelte ich mit seiner Frau an, sie teilte das Essen mit flinken, geschickten Fingern aus, und dank seines feigen Auftritts hatte ich keine Lust mehr auf ihn. Auch Aineas flirtete mit ihr, er raunte mir zu, dass er sich die Mädchen für den Nachtisch aufheben wollte, dass es sie erregen würde, wenn sie wüssten, er hätte es zuvor mit ihrer Mutter getrieben. Schließlich kam es, wie es kommen musste - zu einem flotten Dreier in der Küche, bei dem uns Sara mehrmals ermahnte, nicht so laut zu sein, damit Lot im Nebenraum nichts höre. Aber dann japste und quiekte sie wieder los, dass man sie wohl noch am jenseitigen Ufer des Toten Meers vernommen hat.
Lot und seine Töchter haben uns sicher gehört. Erregt müssen sie gelauscht haben, bis Lot von quälender Lust übermannt seine beiden nach Befriedigung bettelnden Töchter bestieg, trunken und mit Tränen in den Augen. Wir fanden die drei nackt und mit geröteten Gesichtern, als wir endlich aus der Küche zurückkehrten.
Lot sagte, sie hätten ihn abgefüllt und er erinnere sich an gar nichts mehr, er beteuerte, es sei nichts geschehen, nur heiß sei ihnen gewesen.
Aber seine Frau wusste Bescheid, als sie in die Gesichter der drei sah, sie musste nicht einmal auf die Spermaspuren auf den Bäuchen der Mädchen deuten. Doch in jenem Moment hatte sie - noch verschwitzt und ausgelaugt von unserem Küchenabenteuer - nicht die moralische Position, um sich lautstark zu entrüsten, und so schwieg sie und weinte stumm. Leblos setzte sie sich an den Tisch und verharrte starr wie eine Salzsäule.
Spätestens jetzt wurde Aineas und mir klar, dass all das Geschwätz von Sodoms Freizügigkeit nicht wahr war, es war eine Stadt wie jede andere, voller Eifersucht, Neid und Schuldgefühlen.
Mir reicht’s, murmelte Lot. Gott hat diese Stadt verflucht. Er packte seine Töchter und die wichtigsten Habseligkeiten und stürmte Hals über Kopf in die Nacht, um woanders neu zu beginnen. Indem er die Tür von innen durchschritt, durchbrach er das Traumsiegel, doch darauf achteten wir in diesem Moment nicht.
Sara hockte noch immer stocksteif am Tisch und starrte ins Nichts.
Und wir? Was machen wir?, fragte Aineas.
Ihr macht gar nichts mehr! Zumindest einer von euch, antwortete ein Vampir und betrat Lots Haus. Ihm folgten weitere Vampire und Menschen, denen Geifer aus den Mündern tropfte und Alpträume und Mordgier in den Augen standen. Ein Blick durchs Fenster zeigte uns, dass das Gebäude umstellt war.
Was soll das?, fragte ich. Denn, wie gesagt, damals existierten Vampire und wir nebeneinander und ließen einander in Ruhe.
Unser Vater in der Erde verlangt danach, sich zu erheben, erwiderte der Vampir. Dafür möchte er das Blut von einem von euch beiden trinken.
Mir wurde innerlich kalt, und auch Aineas’ Gesicht erstarrte. Niemals zuvor
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