Geboren in Atlantis
Die Hand sah er im nächsten Augenblick. Zwischen ihren Fingern glühte etwas hervor. Eine Zigarette. Es war klar, dass sie auf seinen Handrücken ausgedrückt werden sollte, damit er losließ. Suko tat es vorher. Er fiel - und schnappte zu.
Das Kabel hing noch in seiner Nähe. Zwar rutschte er ab, scheuerte sich die Handflächen auf, prallte auch gegen die Hauswand, fand jedoch auf einer schmalen Fensterbank Halt und zertrat mit dem rechten Fuß die Scheibe.
Wenig später stand Suko in der Wohnung. Das eine Zimmer sah so aus wie das von Mutter und Tochter. Zwei Männer hockten sich gegenüber. Zwischen ihnen stand ein Tisch, auf deren Platte ihre Köpfe gesunken waren.
Die drei leeren Flaschen sagten Suko genug. Die Kameraden hatten sich fast bewusstlos getrunken. Jedenfalls schliefen sie, was Suko nur recht sein konnte.
Er war jetzt nicht mehr zu halten. Wenn Suko einmal auf Touren kam, gab es kaum ein Hindernis, das ihn stoppen konnte. Er hetzte in den dunklen Flur. Suko wollte hoch aufs Dach. Mit dem Raucher hatte er noch eine Rechnung offen.
Diesmal eilte er die Stufen im Licht seiner Lampe hoch. Rücksicht brauchte er nicht mehr zu nehmen. Wen es anging, der wusste auch, dass ein Fremder wie ein Wolf in die Schafsherde eingefallen war und dort für Unruhe sorgte.
Die Treppe endete unter dem Dach, wo ein großes Stück fehlte. Dafür stand unter dem Loch ein Gestell, das Suko an einen Flaschenzug erinnerte. Über mehrere Rollen lief das Seil. Da sie sich bewegten, wusste Suko, dass von der Bande noch Mitglieder unterwegs waren. So vorsichtig wie möglich schob er sich durch die Luke und kletterte auf das Dach. Es gehörte zu den flachen und wies nur eine leichte Schräge zum Hof hin auf.
Einer rauchte. Er drehte Suko den Rücken zu, stand in der Nähe des Dachs, schaute mal nach unten oder winkte anderen zu, die Suko nicht sah. Auch mit der Zigarette gab er Zeichen, indem er sie drehte.
»Hier bin ich!« sagte Suko. Er hatte gerade so laut gesprochen, dass der Raucher ihn verstehen konnte.
Der fuhr herum.
Suko wollte ihm eine Lektion erteilen, nicht verletzen, aber der Typ riss plötzlich einen Holzknüppel aus seinem Hosengurt hervor und bewegte seine Waffe so schnell und geschickt wie ein Kendo-Kämpfer. Suko ging ihm entgegen. Er irritierte ihn damit, was der andere nicht unbedingt haben konnte. Er trat den Rückzug an. Schwungvoll und praktisch aus dem Handgelenk schleuderte er Suko den Knüppel entgegen.
Der Inspektor wich nur mühsam aus. Er spürte sogar den Luftzug. Der Werfer aber sprang über den Dachrand hinweg. Seine Zigarette schleuderte er im hohen Bogen weg. Er selbst verschwand über der Dachkante, und Suko schaute auf ein schwarzes Kabel, das über den Boden schleifte und sich dann spannte, als der daran hängende Mann sein Ziel erreicht hatte.
Er war bis zum Dachrand vorgelaufen. Der Abspringer hatte den Boden nicht ganz erreicht, er pendelte darüber hinweg, dann gab das Kabel noch einmal nach, und er konnte seine Schritte auf den Hof setzen, wo er nach einigen Yards stehen blieb, zurückschaute, Suko drohte, das Seil vom Gurt löste und wegrannte.
Bisher hatte der Inspektor immer nur ins Leere gegriffen, was das Auffinden des Verstecks anging. Dieser Kosmos hielt sich irgendwo in diesem Wirrwarr verborgen, möglicherweise zusammen mit einem oder mehreren Schwarzen Priestern, die den Verdammten der Großstadt die Kraft gaben, zu überleben.
Suko sah sich allein auf dem Hausdach. So musste er auch allein das Hauptquartier suchen.
Entweder blieb er auf den Dächern oder bewegte sich über den Hof. Eines hatten sie gemeinsam. Es waren Flachdächer, zwar unterschiedlich hoch, aber alle zu überwinden.
Suko lief geduckt los. In der Dunkelheit war er von einem Mitglied der Bande kaum zu unterscheiden.
Über ihm lag der Nachthimmel, ein dunkles Gebilde mit dicken, grauen Wolken, aus dem der Wind böig pfiff und auch über die Dächer der Häuser wehte.
Suko lief dem Wind entgegen, stemmte sich dagegen an, hatte das Dach bald hinter sich gelassen und musste eine Einfahrt überspringen, was ihm mühelos gelang.
Das nächste Dach lag etwas tiefer. Keine Spur von den Schatten der Nacht. Dafür grüßte von der linken Seite her eine helle, farbenfrohe Leuchtreklame. Sie war im gleichen Augenblick aufgezuckt, vielleicht ein Relikt aus besseren Zeiten, noch an das Stromnetz angeschlossen, und warb für Alkohol. Sie stand auf dem Dach, bildete einen rechten Winkel. Der Oberkörper und Kopf
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