Geborgen in den Armen des Scheichs
eine Terrasse schauen konnte und dahinter, mehrere Stufen tiefer, auf einen umfriedeten Garten mit einem Swimmingpool.
Der nächste Raum, den man ihr zeigte, kam ihr vor wie aus Tausendundeiner Nacht.
„Er wird benutzt, wenn die Familie da ist“, erklärte Dena.
Hier standen bequeme Sofas in leuchtenden Farben, der Holzboden war mit bunten orientalischen Teppichen belegt. Schon seiner Größe wegen wollte Lydia in Ehrfurcht erstarren, doch dann entdeckte sie zwischen den vielen Kissen eine gelbe Plüschente. Das war wohl doch ein richtiges Ferienhaus, wo Kinder herumtobten und spielten. Sie nahm das Stofftier in die Hand und lächelte. Als sie aufschaute, sah sie, dass Dena lachte.
„Es gehört Jamal“, sagte sie. „Er hat die Ente hiergelassen, damit sie den Platz für ihn freihält, solange er fort ist.“
„Oh.“ Lydia stellte sie dorthin zurück, wo sie sie gefunden hatte, schaute sich weiter um und entdeckte nun überall Spuren, die diesen riesigen schönen Raum zu einem Zuhause machten. Die Kiste mit Spielzeug, einen Stapel Bücher, der verriet, dass Lucy im Urlaub gerne las, eine Kinderzeichnung von der Bucht, die gerahmt an der Wand hing. Kinderbücher auf Englisch und Arabisch.
„Sie mögen Kinder?“, fragte Dena, als Lydia ein Malbuch aufhob.
Sie nickte. „Auch wenn sie kleine Quälgeister sind …“
Sie plärrten und quengelten, damit ihre gestressten Mütter ihnen Süßigkeiten kauften, die an der Kasse auslagen. Wenn man ihnen ein bisschen Aufmerksamkeit schenkte, wechselten ihre kleinen Münder und großen Augen von einem Moment zum anderen den Ausdruck. Die Tränen versiegten, und sie lachten.
Hatte sie sich mit ihrer Bemerkung verraten? Dena beobachtete sie nachdenklich, die jungen Frauen kicherten und wiederholten „kleine Quälgeister“, als ob sie wüssten, woran Lydia dabei gedacht hatte.
Dann schob Dena die Sonnenblenden beiseite, sodass Lydia hinaus auf die Terrasse treten konnte. Von hier aus reichte der Blick über die ganze Bucht.
„Alle Kinder lieben Bab el Sama“, sagte Dena. „Sie werden Ihre Kinder auch hierher bringen.“
Das klang fast wie eine Anweisung. Lydia schluckte.
Sie hatte zwei Berufe und keine Zeit für Romanzen. Kinder würde sie nur bekommen, wenn sie irgendwann wieder einem Mann vertrauen konnte.
Einem Mann wie Kal, vielleicht. Er machte ihr nichts vor.
Aber sie ihm.
Da sie von einem Mann restlose Ehrlichkeit verlangte, konnte sie nicht damit leben, ihn mit einer Lüge auf den Lippen zu küssen.
„Hier haben Kinder es gewiss gut“, sagte sie vage und trat an den Rand der Terrasse.
Sie lag bedeutend tiefer als die, auf der sie nach dem Sonnenaufgang eingeschlafen war, kaum mehr als sechs Meter oberhalb des Strandes vielleicht.
Erwachsene hatten es hier aber auch gut. Die Geranien in Topfen blühten auch im Dezember. Die Blätter der Palmen raschelten leise im Wind, über das glitzernde Wasser wehte fremdartige Musik herüber.
Friedlich und schön war es hier. Angenehme Wärme umhüllte sie, sodass sie den Kopf hob wie eine Sonnenblume und lächelte.
Dann bemerkte sie eine Bewegung am Strand. Ein Pferd galoppierte durch die auslaufenden Wellen, die Kleidung des Reiters flatterte im Wind.
Unter den Hufen des Tieres spritzte das Wasser auf. Es flog förmlich dahin, so ursprünglich und kraftvoll wie eine Naturgewalt. Lydia stockte der Atem, sie beugte sich vor und streckte die Hand aus, als wollte sie aufgehoben und mitgenommen werden.
„Das ist bin Zaki“, sagte Dena.
Auch Lydia hatte ihn erkannt. Trotz der traditionellen Kleidung und des keffiyeh, das sein Haar verdeckte. Der Reiter hatte sein Profil mit der prägnanten Nase. Und schon war er in einer Wolke aus Gischt vorbeigeprescht.
„Er jagt die Dämonen. Ganz wie sein Großvater.“
Lydia antwortete nicht, sondern verfolgte Pferd und Reiter mit den Augen, bis sie hinter einem Felsen am Strand verschwunden waren. Dann wartete sie, bis die Wellen die Spuren im Sand verwischt hatten.
Als sie bemerkte, dass Dena sie beobachtete, kam sie zur Besinnung und ließ ihre Hand sinken.
„Dämonen? Was für Dämonen?“
„Das wird er Ihnen selbst erzählen müssen. Haben Sie noch einen Wunsch, sitti ?“
Ja, sie wollte gestützt werden, umarmt und gestreichelt, aber nicht von irgendwem. Ihre Sehnsucht nach Nähe hatte ein Gesicht bekommen und sich auf diesen Mann festgelegt. Wieder wandte sie sich dem leeren Strand zu, als wäre Kal noch immer dort.
„Ich möchte spazieren
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