Gebrauchsanweisung für den Gardasee
Uferstraßen ab, lädt seine Badeutensilien und seine Familie aus und plaziert alles zusammen auf den meist ziemlich schmalen Streifen zwischen Leitplanke und Wasser. Tausende, ja an den Wochenenden (wenn die Tagesbesucher aus Verona, Brescia und anderen umliegenden Städten dazukommen) Zehntausende machen das so. Sie finden den See offensichtlich derart schön, daß ihnen der Autolärm und der dicht über ihren Köpfen unablässig wabernde Smog nicht das Geringste ausmachen – zumal sie die Verkehrsgeräusche gern mit Hilfe mitgebrachter Ghettoblaster und die Abgase durch selbstproduzierte Grilldünste bekämpfen.
Bei aller Bewunderung für soviel Seebegeisterung lassen wir diese munteren Straßenstrände doch lieber links oder rechts liegen und kommen statt dessen zum Positiven, also zur Gebrauchsanweisung im engeren Sinne. Die wirklich gute Nachricht heißt nämlich: Man kann trotz Massenbetrieb auf der einen und Strändemangel auf der anderen Seite auch am Gardasee herrliche und, was das Beste ist, nahezu ungestörte Badefreuden genießen. Natürlich plaudern wir nicht aus, wo das geht; das wäre ziemlich kontraproduktiv. Aber wir verraten gern, wie sich solche Badeplätze ausfindig machen lassen. Man geht dabei zunächst einmal genauso vor wie die zahllosen Liebhaber der eben beschriebenen »Leitplankenstrände«: Man parkt sein Auto entschlossen am Rand einer der beiden Uferstraßen. Allerdings nicht da, wo es alle tun, also dort, wo die Straße unmittelbar am Seeufer verläuft, sondern da, wo das felsig werdende Gelände eben dies verhindert und die Straße deshalb, meist leicht ansteigend, ein Stück vom Ufer fortführt.
Sobald dieser Umstand gegeben ist, nimmt die bereits zuvor tolle Aussicht auf den See in der Regel vollends spektakuläre Züge an. Sie zu genießen, sollte man als Chauffeur indessen lieber seinen Mitfahrern überlassen; denn die Uferstraße wird da, wo sie direkt durch Felsgelände führt, grundsätzlich noch schmaler und unübersichtlicher als sie es ohnehin schon ist. Das bedeutet aber auch: Der Rat, das Auto irgendwo am Straßenrand abzustellen, läßt sich nur selten aufs Geratewohl in die Tat umsetzen. Die Warnung, bitte keine mit Notrufsäulen ausgestattete Halteplätze zu mißbrauchen, können wir uns in diesem Zusammenhang sparen – solche Notfallzonen gibt es entlang der beiden Gardesane so gut wie nicht. Immerhin findet man ab und an kleine Parkplätze; und auch darüber hinaus macht, wer geduldig sucht, Stellen ausfindig, an denen sich ein oder gar mehrere Autos nicht gerade illegal, aber sozusagen inoffiziell parken lassen.
Haben Sie, möglichst weit entfernt von der letzten wie von der folgenden Ortschaft, eine solche Stelle gefunden, dann verlassen Sie Ihren Wagen und treten beherzt an den dem See zugewandten Straßenrand. Je tiefer der See nun unter Ihnen liegt, desto besser! Das einzige, was Sie nun noch auftun müssen, ist der Beginn des Trampelpfades, der von der Stelle, an der Sie stehen, bergab führt, Richtung Seeufer. Es gibt keinen Trampelpfad? Nur steile, steinige, mit Oleanderbüschen, Lorbeer oder anderem Gesträuch bewachsene Böschungen? Dann schauen Sie noch einmal ganz genau hin! Von 80 bis 90 Prozent der deutlich über Seeniveau führenden Stellen der Uferstraßen, an denen sich ein Auto abstellen läßt, führt mindestens ein Trampelpfad zum See hinab.
Sollte das aber ausnahmsweise tatsächlich nicht der Fall sein, dann, bitte, fahren Sie weiter. Und versuchen Sie auf keinen Fall, Ihrerseits einen neuen Trampelpfad zu eröffnen! Denn der Gardasee ist zwar groß – aber so groß ist er nun auch wieder nicht, als daß nicht an jeder nur halbwegs verheißungsvollen Stelle sich irgendwann einmal ein Unternehmungslustiger gefunden hätte, der in der Hoffnung auf einen unentdeckten Badeplatz einen Pfad durch die mehr oder weniger wild bewachsenen Uferhänge zu bahnen versucht hätte. Wo diese Hartnäckigkeit nicht belohnt wurde, hat es vielleicht später noch einmal ein Zweiter versucht, und Jahre später womöglich noch ein Dritter – bis der Pfad schließlich endgültig wieder zugewachsen ist. Das Gute daran ist der Umkehrschluß: Überall dort, wo diese Pfade noch gut erkennbar sind, sollten Sie ihnen getrost folgen.
Wo wir selbst das getan haben, haben wir manchmal geradezu sensationelle kleine Badeplätze entdeckt, mit weichen Liegewiesen, bestanden von schattenspendenden Bäumen und Büschen und hochkomfortablen Wasserzugängen. Gewiß, manchen
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