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Gebrauchsanweisung fuer Indien

Titel: Gebrauchsanweisung fuer Indien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilija Trojanow
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Traubenkernöl in einer tiefen Pfanne oder in einem flachen Topf und braten Sie die Auberginen auf beiden Seiten braun an. Danach müssen sie auf einem Küchenpapier gut abkühlen.
    Derweil können Sie eine CD des Duos Ghazal auflegen (die Platte namens Rain beinhaltet ein sehr geeignetes Stück namens Fire). Tröpfeln Sie vier Eßlöffel Senföl in eine Pfanne, und geben Sie, sobald das Öl heiß geworden ist, das zerhackte Chili, noch ein wenig Kurkuma, etwas Kreuzkümmel, etwas Paprika und den Ingwer hinzu. Ich würde das Ganze zwei Minuten lang anbraten, obwohl Krishanu Dasgupta in seinem fünfbändigen Standardwerk über die bengalische Küche eine Minute vorschlägt. Wir sind uns aber völlig einig, daß die Gewürzmischung ständig umzurühren ist. Nun fügen Sie bitte die Tomaten hinzu und lassen das Ganze noch eine kleine Weile weiterbrutzeln. Viel bleibt nicht mehr zu tun, außer Vollmilchjoghurt (0,2 Liter) und Wasser (0,2 Liter) hinzuzufügen und alles zusammen aufkochen zu lassen.
    Die Senfpaste, die Auberginen und Salz in Maßen und mit Geschmack einrühren und das vollendete Ganze bei schwacher Hitze fünf oder sechs Minuten ziehen lassen. Unmittelbar vor dem Servieren mit einem charmanten Rest Senföl betröpfeln. Meinen Berechnungen nach müßten die Sitar- und Kamantche-Klänge von Ghazal gerade zu Ende gegangen sein, so daß Sie Gelegenheit haben, Ihre Gäste zu fragen, ob sie nicht lieber Mozart hören möchten.

6. Tamasha

    Tamasha (Marathi, »populäres Drama«): 1. Derb-erotische Form des indischen Volkstheaters mit Ursprüngen im Maharashtra Anfang des 18. Jahrhunderts. 2. Umgangssprachlich: Skandal, Trubel, wirres Durcheinander, lärmendes Treiben voller Aufregung und Streit.

    Tamasha steht am Anfang, und mit Tamasha geht alles zu Ende. Als die Welt erschaffen wurde, versammelten sich die Götter und die Dämonen zu einer kosmischen Tamasha, sie quirlten mit geeinten Kräften – eine Fraktion allein hätte es nicht geschafft – den Milchozean, bis sie neun Schätze aus diesem Urmeer geborgen und den Nektar der Unsterblichkeit gewonnen hatten. Und wenn es wieder einmal an der Zeit sein wird, das Universum auszulöschen – Pralaya heißt dieser finale Akt –, wird es auf Erden heftigst toben und taumeln, bis schließlich Shiva in Form des furchterregenden Bhola Baba auf den Trümmern des Universums einen letzten Kathak tanzt – jedes Auftreten ein Erdbeben, das Gegenteil von Ballett. Erst dann wird Ruhe einkehren, die einzige tamasha-freie Zeit, die es in Indien je geben kann, dieses Intermezzo von einigen Millionen Jahren, in denen Brahma, der in Schöpfungsfragen die alleinige Kompetenz besitzt, rastet (womit die dringliche theologische Frage beantwortet wäre, wann Gott zu Kräften kommt), und wenn er ausgeschlafen hat, wird er eine neue Welt erschaffen, und es wird wieder Tamasha sein.
    Da Schöpfung und Weltuntergang reinstes Tamasha sind, können die Feste zu Ehren der Götter nicht turbulent genug ausfallen. Das Frühjahrsfest Holi ist vielen städtischen Indern ein Graus. Sie trauen sich nicht aus dem Haus. Gruppen junger Männer bewerfen alles, was sich bewegt, mit chemischen Farben, die sich nicht abwaschen lassen. Bei dem ersten Holi, das ich in Bombay erlebte, schlich sich jemand von hinten an mich heran und warf mir rote Farbe ins Gesicht, der Puder flog mir in die Augen, und das Brennen dauerte noch Stunden später an. Oder es werden Beutel mit Wasser gefüllt und von den Balkonen auf Passanten geworfen – ich wurde vor dem Eingang zu dem Gebäude, in dem ich lebte, unter Beschuß genommen. Wie einst in der Schule beim Völkerball mußte ich behende aus der Schußlinie hüpfen. Regelmäßig kommt es bei Tamasha zu schweren Verletzungen, jedes Jahr verliert jemand ein Auge. Die Feste sind zudem, bei aller Ausgelassenheit, ein ökologisches Desaster. Fünfzig- bis sechzigtausend Bäume werden jährlich gefällt für die großen Feuer, die am Vorabend von Holi in den Vorhöfen der Tempel angezündet werden. Und der Elefantengott Ganesh, der am Ende eines zehntägigen Festes in Flüssen, Seen und im Ozean versenkt wird, um sich in der Unermeßlichkeit des Fließenden aufzulösen, verunreinigt wegen der Ölfarben, mit denen sein gipserner Körper bemalt ist, die Gewässer.
    Die Turbulenzen – das Getöse, der Trubel, das Chaos –, die jedes Fest in Indien beseelen, mögen manchen Besuchern als Mangel an spiritueller Ernsthaftigkeit erscheinen, doch in Wirklichkeit sind sie

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