Gebrauchsanweisung fuer Indien
Minderheit zu vertreten. Wer hingegen etwa auf Gujarati schreibt, wird zwar außerhalb seiner Region nicht wahrgenommen, vertritt aber vermeintlich die Interessen des einfachen Mannes und repräsentiert somit die wahre Stimme Indiens.
Diese Stimme ist manchmal nicht schön anzuhören. Die ›Editor’s Guild‹, eine berufsinterne Kontrollinstanz, beschuldigte vor einigen Jahren in einem offiziellen Bericht vor allem die populären Regionalzeitungen, bei Unruhen zwischen Religionsgemeinschaften regelmäßig »Haß propagiert, zu Gewalt angestiftet und Unruhe geschürt« zu haben. Nur wenige regionale Blätter würden versuchen, die Situation zu entschärfen, indem sie etwa von Beispielen nachbarschaftlichen Zusammenlebens berichteten oder Friedensdemonstrationen unterstützten. Die englischsprachigen Publikationen hingegen setzen einiges daran, die Hintergründe solcher Massaker zu erklären, den Mythos der spontanen Rachefeldzüge von wutentbrannten Mobs zu entlarven, die Mitverantwortung der Polizei und der Verwaltung aufzuzeigen. Selbst ein Boulevardblatt wie ›Mid-Day‹ veröffentlichte angesichts der Pogrome gegen Moslems in Gujarat schockierende Augenzeugenberichte und widmete eine fünfseitige Titelgeschichte den ermutigenden Beispielen von Solidarität und Mitgefühl zwischen Menschen verschiedenen Glaubens. Während aber führende Regierungsmitglieder die regionalen Zeitungen zu ihrer hervorragenden Berichterstattung beglückwünschten, kritisierte der Ministerpräsident die englischsprachige Presse. Er beeilte sich zu versichern, daß die Regierung keineswegs beabsichtige, Zensurmaßnahmen zu ergreifen, er wolle nur zu mehr Selbstkontrolle anregen. Der wahre Grund für seine Abmahnung ist, daß diese ›nationalen Medien‹ bislang noch das traditionell liberale und säkulare Selbstverständnis Indiens verteidigen, das jenen Kräften ein Dorn im Auge ist, die aus der reichen Vielfalt des Hinduismus ein primitives, nationalistisches Zerrbild konstruiert haben.
Doch wenn die Entwicklung der altehrwürdigen ›Times of India‹, mit einer Auflage von knapp zwei Millionen und neun verschiedenen Ausgaben eine der größten englischsprachigen Tageszeitungen der Welt, den Weg weist, muß den Politikern nicht bange sein. Weil die Leserschaft der Zeitung nicht nur gebildet, sondern auch zahlungskräftig ist, fällt es der ›Times of India‹ zunehmend schwer, redaktionelle Beiträge im Blatt unterzubringen. Anzeigen nehmen inzwischen mehr Platz ein als Artikel. Seit etwa fünf Jahren, berichten Redakteure, die ungenannt bleiben möchten, herrsche die Werbeabteilung über die Redaktion. Die Kulturseite sei eingestellt worden, weil sie keine Anzeigen verkaufe. Firmen, über die kritisch berichtet worden sei, dürften in einer Anzeige ihre Sicht der Dinge kundtun. Artikel können sogar in Auftrag gegeben werden: mit tausend Euro ist man dabei. Wenn Profit zur redaktionellen Leitlinie wird, kann es einen nicht erstaunen, daß ein neuer Film von einer Kritikerin gelobt wird, deren Name im Abspann des Films auftaucht. Oder daß ein Klatschkolumnist jenen Whisky hochleben läßt, den er selbst im Lande zu vermarkten sucht. Unter dem Mantel der Korruption versteckt sich zudem nackte Inkompetenz (Artikel werden wiederholt, Agenturmeldungen ohne Sinn gekürzt, Fakten nicht überprüft). Die Inhaber scheinen die Entscheidung getroffen zu haben, die ›Times of India‹, einst Fahnenträger eines seriösen Journalismus, in eine gedruckte Version von Radio Rotes Chili umzuwandeln.
Nachdem ich so viel über Gewürze und Mischungen geredet habe, über Chili und andere scharfe Themen, muß dieses Kapitel mit einem Rezept enden. Dahi bedeutet Joghurt und Baigan Aubergine. Und die Kombination der beiden ist eine Spezialität aus Bengalen. Schneiden Sie zwei bis drei Auberginen in dicke Scheiben (mehr als einen Zentimeter und weniger als zwei Zentimeter breit), reiben Sie diese mit etwas Salz und ein wenig Kurkuma ein, und lassen Sie sie eine Viertelstunde lang liegen. Derweil wäre eine frische Chilischote zu waschen und kleinzuhacken (die Finger sollten während dieser Arbeit den Augen fernbleiben), ein teelöffelgroßes Stück Ingwer zu schälen und fein zu reiben, zwei Tomaten (größer als eine Limone und kleiner als eine Orange) zu waschen und zu vierteln und etwas Senfmehl in eine halbe Tasse lauwarmes Wasser zu geben und durchzumischen.
Nun kann der vergnüglichere Teil beginnen. Erhitzen Sie Sonnenblumen- oder
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