Gebrauchsanweisung für Mecklenburg-Vorpommern und die Ostseebäder
Schreiadler. Der Kummerower und Malchiner See sind bedeutende Rastplätze für nordische Entenvögel. Zehntausende rasten hier jährlich. Die Mecklenburgische Schweiz ist wie die Mecklenburgische Seenplatte und die Vorpommersche Flusslandschaft inmitten des Bundeslandes für Fahrrad fahrende Geologen, wandernde Historiker oder paddelnde Biologen mit Sicherheit ein unfassbares Paradies. Für alle anderen immerhin a place to see. Man kann die vielfältige Natur Mecklenburg-Vorpommerns preisen, aber hinfahren müssen Sie selbst.
Vitt
Auch wenn ich persönlich immer nur bei Anlässen wie Neujahr, Weihnachten oder etwaigen Jahrestagen Vitt besucht habe, so bin ich sicher, dass das Dorf ohne die Aura eines besonderen Tages, einen Tag zu einem besonderen machen kann. Für mich ist das klitzekleine Fischerdorf das schönste Dorf auf Rügen.
Man findet es in der Nähe Kap Arkonas, am steinigen Ostseestrand. Zu sehen ist es aus der Ferne nicht, denn es duckt sich in einer kleinen Schlucht. Es besteht aus dreizehn Fischerkaten, die statt Hausnummern von runenartigen Symbolen gekennzeichnet sind, und dem historischen Dorfgasthof Zum goldenen Anker. Auf einem Hügel über dem Dorf leuchtet weiß eine achteckige Kapelle. Der Pastor Kosegarten hatte sie 1806 errichten lassen, als er es leid war, bei Wind und Wetter für Fischer und Reisende am Ufer zu predigen. Am Ufer des denkmalgeschützten Dorfes verkaufen noch heute die Fischer ihren Fang direkt vom Boot, frisch oder geräuchert. Vitten ist ein mittelalterliches Wort für Anlande- oder Handelsplätze. Im 10. Jahrhundert gehörte Vitts Hafen zur slawischen Jaromarsburg am Kap Arkona, von der immer wieder große Teile ins Meer stürzen.
Königsstuhl
Dies ist ein Ort, den Menschen in aller Welt zu kennen glauben, ein Ort, den es jedoch nicht gibt. Tag für Tag, Jahr für Jahr strömen Touristen aus aller Welt zur Stubbenkammer in die Umgebung der Kreidefelsen. Hier suchen sie nicht das Schloss Neuschwanstein, sondern die Chalk Cliffs on Rugen , die der Greifswalder Caspar David Friedrich seinerzeit so romantisch in Szene gesetzt hatte. Angekommen auf dem Bahnhof des staatlich anerkannten Erholungsortes Sassnitz, macht sich die Touristenmeute auf den Weg, um diesen einen berühmten Blick zu werfen. Am Nordende von Sassnitz steigen sie den Hochuferweg hinauf und wandern entlang der Kreidesteilküste. Sie wandern, und das Herz hüpft. Herrlich, diese Kreidefelsen, das Licht, die frische Luft, von der den Japanern ganz schwindelig wird, weil ihre Lungen in Tokio anderes gewöhnt sind. Nach etwa vierzig Minuten erreichen die Touristen die Wissower Klinken. Sie schießen Fotos in Unmengen. Schon viele von ihnen glaubten beim Anblick der Wissower Klinken den Ort entdeckt zu haben, an dem der vielleicht berühmteste Vertreter der Romantik saß, um sein vielleicht berühmtestes Bild zu malen. Allerdings waren die Wissower Klinken um 1800 noch nicht kreideweiß, sondern mit Gras bewachsen. Da der Touristikverband des Landes bisher nicht allzu viel tat, um diesen Irrtum aus der Welt zu schaffen, nahm die Natur 2005 die Sache selbst in die Hand. Im Februar stürzte ein riesengroßer Zacken des berühmten Kreidefelsvorsprungs an den Strand und ins Meer und mit ihm der Trugschluss, dies wäre das Motiv, jenes welches.
Eine viertel Stunde später erreichen die Touristen einen Aussichtspunkt, der einen kilometerlangen Blick auf die Kreideküste freigibt – schön, schön , denken sie, aber das ist nicht der Grund, weshalb wir hierhergekommen sind. Sie schleppen sich weiter und erreichen die Viktoriasicht – hier halten sie inne und schauen auf die weißen Felsnasen: Könnte das vielleicht
… ? Nein, nein, nein, da ist irgendwas anders, irgendwas stimmt nicht, hier ist es nicht. Es sieht ein bisschen so aus, aber nein. Die Sicht auf das tiefblaue, mit grünen Flecken durchzogene Meer und den kreideweißen Königsstuhl ist atemberaubend, und die Amerikaner haben kaum noch Puste, aber diese Farben, das dämmert auch ihnen, sind göttlich. Man quält sich auf Holzstegen und Treppen durch den Kiefernwald bis hin zu den Granitstufen des Königsstuhls. Hier zahlen alle sechs Euro, erklimmen die Stufen und stehen schließlich auf einer 200 Quadratmeter großen Plattform, 118 Meter über dem Meer. Sie wenden den Kopf hin und her auf diesem Aussichtspunkt, so wie all die anderen Touristen auch. Ohh, ahh, aber wo zum Teufel hat der Friedrich gesessen ? Erschöpft sinkt der ein oder andere vor
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