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Gebrauchsanweisung für Potsdam und Brandenburg

Gebrauchsanweisung für Potsdam und Brandenburg

Titel: Gebrauchsanweisung für Potsdam und Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Rávic Strubel
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die Kristalllüster in den Sälen des Schlosses ihren zitternden Abglanz auf dem matschigen Weiß der Wege hinterlassen, dann ergreift eine herrliche Wehmut den Körper. Die Finger sind in den Handschuhen gefroren. Der Schal steht steif vor dem Mund. Das kristalline Blau des vor Kälte geschlossenen Himmels bestimmt den Blick, bis Hände und Augen über einem Glas Glühwein im Schlosscafé langsam auftauen.
    Und wenn ich mit Langlaufski in einer schiefen, frisch gezogenen Spur am Schloss Babelsberg vorbeilaufe, das Morgenlicht glitzernd in den verhängten Fenstern, eine Eisscholle hat sich vom Tiefen See hinauf ins gefrorene Schilf geschoben und ragt jetzt wie ein vergessenes Glasfenster am Ufer auf, dann ist alles Überflüssige aus dem Bild geräumt: nur das erstarrte Wasser, eine große Linde, schwarz vom Frost, in die leuchtend das Gelb von Schloss Glienicke fällt, und der Schrei einer Krähe klingt weit über den glatten, nachts gefallenen Schnee.
Verschwender
    Diese Parks wurden von Träumern angelegt. Peter Joseph Lenné und Hermann Ludwig Heinrich Fürst von Pückler-Muskau, die prägendsten Landschaftsgestalter Brandenburgs, interessierte das Land nicht so, wie es war, sondern wie es sein könnte. Aus der Ödnis schufen sie eine Landschaft, in der sich die reine Vorstellung Ausdruck verschafft. Das Unwahrscheinliche schreckte sie nicht. Sie sahen mehr als kahle Hügel und Sand. Sie sahen geschwungene Wege, die über Anhöhen mit gewaltigen Laubbäumen führten. Sie wussten, dass man nach jeder Wegbiegung wie zufällig erneut an jenen schönsten Punkt gelangen müsste, an dem die Aussicht die Landschaft verklärt. Kiefern und Fichten, deren Holz in den heißen Sommern vertrocknete, wären ausgedünnt. Der unfruchtbare, staubige Boden, ein »platter Pfannkuchen«, wie Fürst von Pückler-Muskau ihn nannte, grünte im Stil eines englischen Gartens. Das jedenfalls war die Vision dieses eigenwilligen »Gartenfürsten«.
    Große, luftige Parks wollte Fürst Pückler schaffen, die für alle frei zugänglich sein und das abbilden würden, was er am Menschen am meisten schätzte: Großzügigkeit, freiheitliches Denken und verschwenderisches Aufgehen in Schönheit. Sich selbst sah der »grüne Fürst« gern als Chamäleon, als Schmetterling oder Wandelstern, und so wollte er seine Parks: in ständiger Veränderung, je nachdem aus welcher Richtung man sie durchschritt. Alles Gewohnte war ihm verhasst, er liebte das Spiel, die Übertreibung, das Außerordentliche sollte das Geordnete aufbrechen. Auf den weitläufigen Wiesen von Park Branitz ließ er Pyramiden errichten. Eine dieser Pyramiden, spätere Grabstätte des Fürsten und seiner Frau Lucie, umgab er mit einem See; Sinnbild einer verwandelten Wüste. In seinem Schlösschen richtete er orientalische Zimmer ein. Die Anregung zu diesen ungewöhnlichen Einfällen bekam er auf Reisen. Und weil eine Reise nach Ägypten oder in den Sudan zu Beginn des 19. Jahrhundert noch sehr lange dauerte, schrieb er unterwegs seine Eindrücke nieder, was ihn nebenbei zu einem originellen Reiseschriftsteller machte. Sein berüchtigstes Reisesouvenir war eine zwölfjährige afrikanische Sklavin. Machbuba aus Äthiopien dürfte eine der ersten afrikanischen Einwanderer Brandenburgs gewesen sein, die es allerdings nicht lange in dieser Region aushielt. Trotz der angeblich ausgezeichneten Küche am Fürstenhof starb sie nach wenigen Jahren.
    Für seine ausgefallenen Menüs war der Fürst so berühmt wie für seine unkonventionellen Beziehungen zu Frauen. An seiner Tafel fanden sich alle ein, die im brandenburgischen Adel des 19. Jahrhunderts Rang und Namen hatten. Die an Gaumenfreuden nicht verwöhnten Adligen nahmen dafür auch die beschwerliche Anreise aus Potsdam, dem Ruppiner Land oder dem Oderbruch auf sich. Das berühmte Fürst-Pückler-Eis wird ihnen allerdings vom Fürsten nicht serviert worden sein. Diese dreischichtige gefrorene Vanille-Erdbeer-Schokoladenkreation dachte sich ein findiger Konditor in Cottbus aus. Noch heute soll es einen Eishersteller geben, der das Eis nach Originalrezept zubereitet. Mit dem Eisblock aus dem Gefrierfach hat das Original freilich wenig zu tun. Es handelt sich um eine Eisbombe, bei der die weiße Schicht nicht aus Eis, sondern aus Sahne mit Maraschinolikör und gehackten Pistazien besteht.
    Eines hatte der so unpreußische Fürst allerdings nicht bedacht: dass ihm über seinen Visionen das Geld ausgehen könnte. Und da kommen die Frauen ins

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