Gebrochene Schwingen
»Ich hätte dich für immer verloren.« Wir küßten uns wieder. Plötzlich bemerkte ich, daß das Zimmermädchen in der Tür zum Schlafzimmer stand.
»Kann ich noch etwas für Sie tun, Mrs. Stonewall?« fragte sie. Sie war neu. Sie war ungefähr vierzig, für meinen Geschmack ein bißchen zu steif und ordentlich, aber sicher eine ausgezeichnete Angestellte.
»Nein, ich glaube nicht. Wie heißen Sie?«
»Donna.«
»Danke, Donna. Wie lange sind Sie schon in Farthy?«
»Erst seit einer Woche, gnädige Frau.«
»Extra für uns eingestellt«, sagte Logan. Ich schaute ihn an und fragte mich, ob er recht hatte.
»Das wäre alles, Donna. Vielen Dank.« Ich schaute ihr noch nach, während Logan ins Schlafzimmer ging und leise pfiff.
»Wenn das kein Schlafzimmer für eine Prinzessin ist«, sagte er. Er stand vor dem riesigen Himmelbett, um dessen Baldachin sich kostbare Spitze wölbte.
»Und ein Bett für Seine Königliche Hoheit«, scherzte ich, nahm seine Hand und zog ihn neben mich.
Er drückte auf die Matratze. »Großartig!« Er stand sofort wieder auf, ging ins Bad, in die Ankleideräume und in den begehbaren Kleiderschrank, während ich mich auszog, um zu duschen. »Ich glaube, es gibt kein Hotel im ganzen Land, das ein besseres Zimmer für Flitterwochen hat«, sagte er.
»Davon bin ich nicht überzeugt, Mr. Stonewall. Das müssen wir jetzt erst einmal ausprobieren.« Ich fühlte, wie ich über und über rot wurde. Ich war begierig darauf, daß wir unsere Ehe endlich vollziehen würden. Ich kam zwar nicht als Jungfrau zu ihm, doch was ihn betraf, war ich wie eine Jungfrau, und ich sehnte mich danach, ihn als Geliebten kennenzulernen – seit über zehn Jahren hatte ich diese Sehnsucht. Jetzt war die Gelegenheit dazu da. Logan wirkte nervös und unsicher, als wüßte er nicht, wie er seine jungenhafte Liebe umwandeln sollte in die Leidenschaft eines erwachsenen Mannes für seine Frau. Ich wartete darauf, daß er mich in seine Arme nehmen und mir mit seinem Körper die Liebe beweisen würde, die seine Augen schon immer ausdrückten.
»Ich hoffe, das Hotel in Virginia ist auch so vornehm«, sagte Logan. Er drehte sich um und schaute mich an. Ich stand und hatte nichts an außer einem Slip und dem BH.
»Willst du duschen und dich umziehen?« fragte er.
»Ich glaube, ich lege mich ein bißchen hin und ruhe mich aus. Bist du nicht auch müde, mein Schatz?« Ich ließ meine Augen weich und verträumt wirken, ich wollte, daß er mich begehrte.
»Nein, ich bin viel zu aufgeregt, um mich hinzulegen. Ich gehe lieber hinunter und unterhalte mich mit Tony«, sagte er.
»Wenn du willst«, sagte ich und versuchte, meine Enttäuschung in meiner Stimme zu verbergen.
Er küßte mich kurz und ging. Das war nicht ganz so, wie ich mir diesen Nachmittag vorgestellt hatte. Mich verlangte danach, daß er mich in seine Arme nahm und all die Gespenster meiner Liebe zu Troy vertrieb, die überall in diesem Hause lauerten. Ich wollte mit ihm hier sein, mit ihm, meiner klaren, frischen Frühlingsliebe. Ich brauchte Logan, damit er mir bewies, daß ich Leidenschaft, immerwährende Leidenschaft in den Armen meines Gatten finden konnte.
Warum ging mein Mann lieber auf Entdeckungstour, als unsere grenzenlose Liebe zu erforschen? Ich saß im leeren Zimmer und schaute auf mein Abbild im Spiegel. Plötzlich mußte ich lachen. »Es ist kaum zu glauben, Heaven Leigh Stonewall! Du bist tatsächlich eifersüchtig auf ein Haus. Das ist doch dumm, nicht wahr?« Die Frau im Spiegel antwortete nicht.
Nachdem ich geduscht und mich umgezogen hatte, ging ich den Flur entlang zu Jillians Zimmer. Es waren schon über zwei Jahre vergangen seit jenem Tag, als ich Farthy verlassen hatte.
Damals war sie vor ihrem großen Fenster gestanden, während ihr Haar im Sonnenlicht schimmerte. Ich hatte sie gehaßt und mir eigentlich vorgenommen, sie nie wieder zu sehen.
Martha Goodman begrüßte mich im Wohnzimmer. Sie saß in dem provenzalischen Sessel direkt neben der Tür zu Jillians Schlafzimmer und strickte. Als sie mich eintreten sah, lächelte sie und stand auf.
»Ach, Heaven, es ist so gut, daß Sie wieder da sind«, sagte sie und streckte mir die Hand entgegen. »Herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Hochzeit. Mr. Tatterton hat mich von Ihrer bevorstehenden Ankunft informiert.«
»Danke, Martha. Wie geht es… meiner Großmutter?«
erkundigte ich mich. »Weiß sie, daß ich wiedergekommen bin?
Weiß sie, daß ich geheiratet habe?« fragte ich
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