Gebrochene Schwingen
weigerte sich, ans Telefon zu gehen, und so klingelte es wieder und wieder. Endlich erwachte auch Logan. Er streckte sich nach dem Hörer aus und hielt ihn an sein Ohr.
»Hallo«, krächzte er. Eine Zeitlang hörte er nur zu, dann sagte er: »Ich verstehe. Kommen Sie sofort vorbei.« Er legte auf.
»Was ist los? Wer war es?« fragte ich schnell. Ich sah an seinem Gesichtsausdruck, daß es eine schlechte Nachricht war.
»Es war Mr. Lakewood«, sagte er. »Er kommt sofort hierher, um mit uns zu sprechen. Er hat einige Informationen erhalten, die – « Er schluckte, als würden ihn die Worte würgen.
»Die was? Was denn, Logan?«
Er sah mich völlig verzweifelt an.
»Die mit großer Wahrscheinlichkeit Fanny das ausschließliche Sorgerecht für Drake sichern werden«, sagte er.
18. KAPITEL
Was man mit Geld alles kaufen kann
Unser Butler Gerald kündigte Camden Lakewood an. Logan und ich hatten uns in das große Wohnzimmer begeben und erwarteten dort seine Ankunft. Obwohl die drei Kristalleuchter an waren und glänzten wie Diamanten in der Mittagssonne, fühlte ich doch, wie die Dunkelheit mehr und mehr von mir Besitz ergriff. Die Fenster dieses Zimmers gingen nach Norden. Darum war das Zimmer am Tag nicht so hell, wie ich es gerne gehabt hätte. Als ich damals alles neu einrichtete, wählte ich sehr helle Farben. Jetzt saß ich da, umgeben von privater Dunkelheit und den hellen Farben, von denen ich gehofft hatte, daß sie unser Leben verschönern würden. Hier wartete ich auf die Nachricht, die Drake aus meinem Leben reißen und eine düstere Leere zurücklassen würde. Nichts würde sie je füllen können.
Mr. Lakewood verharrte einen Moment auf der Schwelle, die Aktentasche unter den Arm geklemmt. Logan, der sich gerade einen Gin Tonic an der Bar gemixt hatte, ging ihm entgegen und begrüßte ihn. Ich blieb auf der Couch sitzen, bewegungslos vor Angst und Anspannung. »Mr. Lakewood«, sagte Logan, »bitte kommen Sie doch näher. Möchten Sie etwas trinken?«
»Nein, danke«, sagte Lakewood und setzte sich auf den Sessel mir gegenüber. »Es tut mir leid, daß ich nach so einem harten Tag noch auf einer so unangenehmen Zusammenkunft bestehen mußte, aber – «
»Bitte, Mr. Lakewood.« Ich war unfähig, mich noch länger zurückzuhalten. »Sagen Sie uns einfach, was Sie erfahren haben, das Sie so pessimistisch hinsichtlich des Ausgangs der Anhörung macht.« Meine Stimme klang unglaublich fremd.
Logan kam zu mir. Er nahm meine Hand und drückte sie liebevoll.
»Nun, ich muß sagen, das war alles ein ziemlicher Schock für mich, Mrs. Stonewall. Diese ganze Geschichte wird von Tag zu Tag komplizierter«, begann Mr. Lakewood.
»Fahren Sie bitte fort«, drängte ich ihn.
»Heute nachmittag, kurz nachdem wir den Gerichtssaal verlassen hatten, erhielt ich einen Telefonanruf von Wendell Burton. Auf der Grundlage seiner Information stellte ich noch einige Nachforschungen an. Wie Sie wissen, hat J. Arthur Steine, der Anwalt von Anthony Tatterton, an diesem Fall einiges Interesse. Er war es, der – «
»Sagen Sie uns bitte einfach, was geschehen ist, Mr.
Lakewood«, unterbrach ich ihn, denn ich konnte meine Ungeduld nicht mehr zurückhalten.
»Ja, Mrs. Stonewall. Ich komme gleich dazu.« Er holte tief Luft und lehnte sich zurück. »Es scheint, daß Wendell Burton heute gleich nach der Anhörung ein Treffen mit Mrs. Wilcox hatte, hauptsächlich, um ihr zu erklären, warum sie das Sorgerecht für Drake verlieren würde. Während der Unterredung enthüllte Mrs. Wilcox etwas, von dem klar war, daß sie die wirkliche Bedeutung dieser Information nicht verstanden hatte. Nämlich die Tatsache, daß Luke Casteel nicht Ihr richtiger Vater war. Ihr leiblicher Vater ist Anthony Tatterton.« Mit diesen Worten schloß Camden Lakewood und schüttelte den Kopf.
Ich lockerte meinen Griff um Logans Finger und lehnte mich zurück. Logan setzte sich auf die Lehne des Sofas. Ich fühlte, wie mir das Blut ins Gesicht stieg und meine Wangen anfingen zu glühen.
»Was hat das zu bedeuten?« fragte ich, und meine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.
»Das bedeutet, Mrs. Stonewall, daß Sie mit Drake Casteel nicht blutsverwandt sind, wohingegen Mrs. Wilcox es ist. Das verändert doch offensichtlich das Bild.«
»Wir werden es abstreiten«, erklärte Logan. »Es steht Fannys Wort gegen – «
»Ich fürchte nein, Mr. Stonewall. Mr. Burton hat bereits Anstrengungen unternommen, um Anthony Tatterton vorzuladen. Ich sprach
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