Gebrochene Versprechen
Hannah hob die Arme, um ihre verschwitzten Achselhöhlen zu kühlen, und spielte mit dem Gedanken, die Perücke abzusetzen. In dem Moment streiften Scheinwerfer übers Gelände.
Sie beobachtete den Wagen, bis sie sicher war, dass er näher kam. Dann griff sie an ihr Mikro. »Aufgepasst, Jungs. Wir bekommen Besuch. Sieht aus, als wollte … die Militärpolizei den Parkplatz sichern.«
»Verstanden«, meldete Luther lässig, aber sie hörte ihn bereits auf sich zulaufen. »Bleiben Sie da. Ich bin gleich bei Ihnen.«
Er warf sich zu ihr auf den Rücksitz und zog sie mit sich, als die weiße Limousine auch schon neben dem Truck hielt. Zu Hannahs Verblüffung umarmte er sie wie ein Liebhaber. Da stieg eine Militärpolizistin aus der Limousine, kam vorsichtig auf sie zu und leuchtete mit einer Taschenlampe ins Innere ihres Trucks. Hannah und Luther blinzelten ins Licht und spielten das ertappte Liebespaar.
»Sie beide befinden sich auf Sperrgebiet«, sagte die Polizistin, trat näher und schwenkte kurz ihre Taschenlampe herum, ohne jedoch Hannahs Headset zu bemerken, das Luther ebenso wie seins mit dem Fuß unter den Sitz geschoben hatte. Und dass Luthers Pistole zwischen Fahrersitz und Tür steckte, registrierte sie auch nicht.
»Tut uns leid, Sergeant«, sagte Luther mit einem verlegenen Grinsen. »Wir wollten nur mal ein bisschen allein sein.«
»Ja, schön, dann nehmen Sie sich ein Zimmer«, sagte die Frau verständnislos. »Kann ich mal Ihre Papiere sehen?«
Luther seufzte, langte in seine Gesäßtasche und ließ Hannah los, die so tat, als würde sie nach ihrer Brieftasche suchen. »Oh, ich hab mein Portemonnaie wohl bei Janie im Club liegen gelassen«, rief sie dann.
Der Sergeant sah sie missbilligend an, dann warf sie einen Blick auf Luthers Ausweis. Als sie seinen Rang bemerkte, änderte sich ihr Verhalten kaum merklich. »Sehen Sie zu, dass Sie hier wegkommen, Sir«, ermahnte sie ihn.
»Klar, Sergeant«, antwortete er und kletterte vom Rücksitz hinters Lenkrad. »Willst du nicht auch nach vorn kommen, Süße?«, fragte er Hannah.
Sie stieg steif aus dem Wagen und nahm Westys Platz auf dem Beifahrersitz ein. Luther startete den Truck, winkte der Militärpolizistin zu und tuckerte gemächlich von dannen.
»Sagen Sie nie wieder Süße zu mir«, warnte Hannah ihn.
Er grinste sie kurz an. »Wollte bloß mal sehen, wie Sie sich aufregen.«
Sie fuhren weiter, bis die Militärpolizistin sie ganz sicher nicht mehr sehen konnte. Dann schaltete Luther zuerst die Scheinwerfer aus, ließ den Truck hinter einer Baumgruppe ausrollen und suchte schließlich nach seinem Headset. »Westy, hören Sie mich?«
»Bin hinten auf dem Parkplatz, Sir. Den Wagen hab ich gefunden. Schlüssel brauch ich keinen. Hier ist nichts mehr. Das Auto ist Schrott.«
Hannah stöhnte, als sie sich vorstellte, dass ihr geliebter Mustang von jemandem auseinandergenommen worden war. »Hat er auch unter der Handbremse nachgesehen?«, wollte sie wissen.
Luther gab die Frage weiter.
»Verstanden, Sir. Auch nichts. Wenn Valentino das Notizbuch nicht gefunden hat, dann ist es der Obradovic in die Hände gefallen.«
»Verstanden. Sie müssen sich zu uns durchschlagen. Solange die Militärpolizei noch da ist, kann ich nicht zurückfahren.«
»Ich mach mich auf den Weg«, gab Westy zurück.
Luther gab ihm weitere Orientierungshilfen und ein oder zwei Minuten später öffnete Westy die Beifahrertür. »Oh, Verzeihung, Ma’am«, sagte er, als er Hannah dort sitzen sah.
»Bin schon weg.«
»Nein, nein, ich gehe nach hinten.« Er glitt auf die Rückbank, nach dem Dauerlauf übers Feld noch ganz außer Atem. »Und jetzt, Sir?«, wandte er sich an Luther.
Luther startete den Truck und steuerte die Ausfahrt an. »Zurück nach Virginia Beach, denk ich«, antwortete er enttäuscht.
»Was ist mit der Kopie in meinem Büro?«, fragte Hannah.
»Valentino hat Ihr Büro durchsuchen lassen, wissen Sie noch? Es war nicht da.«
»Er wusste nicht, wo er suchen musste«, erwiderte sie bedeutungsvoll.
Luther sah sie zweifelnd an. »Sie glauben, es wurde übersehen«, vermutete er.
»Da bin ich mir ganz sicher. Und wenn wir noch heute Abend zur Bolling Air Force Base fahren, kann ich dafür sorgen, dass wir ins Defense Intelligence Analysis Center reinkommen, um danach zu suchen.«
»Keine gute Idee«, meldete sich Westy vom Rücksitz, wo er sich mit einem Erfrischungstuch das Gesicht sauber rubbelte. »Da wartet garantiert schon jemand darauf, dass Sie
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