Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gebrochene Versprechen

Gebrochene Versprechen

Titel: Gebrochene Versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marliss Melton
Vom Netzwerk:
registrierte die auf Füßen stehende, altmodische Badewanne, die Messingarmaturen und die verschnörkelte Tapete. Dann ging sie zum Fenster und sah hinaus. Der Fluss, falls er überhaupt dort lag, wurde von Bäumen verborgen. Es war jetzt fast dunkel. »Und was machen wir heute Abend?«, fragte sie.
    »Wir gehen in die Stadt und spielen unsere Rollen«, schlug Luther vor.
    »Wenn alle Einwohner so ahnungslos sind wie Mrs Dodd, werden wir danach kein bisschen schlauer sein«, seufzte Hannah. »Obwohl ich das Gefühl hatte, dass sie mehr weiß, als sie preisgibt.«
    »Ja, ich auch. Wir kriegen schon was raus«, sagte er. »Ich vertraue da ganz auf Ihren Spürsinn.«
    »Echt?« Seine Bemerkung entlockte ihr ein Lächeln.
    »Westy war Ihnen gegenüber offenbar ganz redselig«, ergänzte er mit einem seltsamen Unterton in der Stimme.
    Hannah verging das Lächeln. Warum hörte sich das nicht nach einem Kompliment an?
    Draußen erklangen Schritte und sie blickten beide zur Tür. Tatsächlich, der unbekannte Besucher klopfte zaghaft an.
    Luther deutete aufs Bett und Hannah warf sich auf die Matratze, während er sein Hemd auszog und sein Haar zerzauste. Dann schlich er zur Tür, machte sie einen Spaltbreit auf und sagte mit genau der richtigen Dosis Verärgerung: »Ja?«
    »Entschuldigen Sie bitte die Störung«, rief Mrs Dodd überschwänglich, »aber ich habe vergessen, Ihnen unseren Gutschein zu geben. Den bekommen alle unsere Frischvermählten. Für ein Gratisdinner im Waterside Inn, dem Restaurant an der Brücke.«
    »Vielen Dank«, sagte Luther und schloss mit einem aufgesetzten Lächeln die Tür. Dann ging er auf demselben Weg zurück durchs Zimmer, während er mit gerunzelter Stirn den Gutschein musterte.
    Hannah machte sich seine Ablenkung zunutze und begaffte regelrecht seinen nackten Oberkörper. Die Beleuchtung betonte seine gewölbten Brustmuskeln, die in der Dunkelheit der letzten Nacht verborgen geblieben waren. Braunes Brusthaar verjüngte sich zu einem dünnen Flaum, der seinen straffen Bauch in der Mitte teilte. Keine Tätowierung, wie sie feststellte.
    »Haben Sie Hunger?«, fragte er und bemerkte, wie sie ihn anstarrte.
    Sie hob schnell den Blick. »Ja, und wie.« Allerdings nicht unbedingt auf etwas zu essen. Viel lieber wollte sie Luthers Arme um sich fühlen, und dieses Mal bitte bei vollem Bewusstsein.
    Aber wo dachte sie hin? In ihren Plänen war in den kommenden Jahren kein Platz für irgendeine intime Beziehung. Ihre Karriere würde ihr alles abverlangen.
    »Ich mache mich nur schnell frisch«, sagte sie, rollte sich vom Bett und griff nach ihrer Tasche. Dann verschwand sie im Bad.
    Die Frau, die sie aus dem Badezimmerspiegel ansah, brachte sie in die Wirklichkeit zurück. Falls sie auch nur für eine Sekunde davon ausging, dass Luther sie in diesem Aufzug anziehend finden könnte, war sie die Ahnungslose im Spiel.
    Als sie über die Hauptstraße schlenderten, nahm Hannah wahr, wie sanft Luther ihre Hand hielt.
    Die vertraute Geste stellten sie natürlich für die Einheimischen zur Schau. Trotzdem fühlte sich die Nähe seltsam angenehm an. Im Gegensatz zu der kühlen Luft war Luthers Hand warm. Die leicht schwielige Innenfläche erinnerte sie daran, dass sein Job jede Menge Knochenarbeit bedeutete. Wie sie hatte er sich für einen Beruf entschieden, bei dem er die freie Welt an vorderster Front verteidigte. Vielleicht bemühte er sich gerade deshalb, sie so sanft anzufassen, weil er sich seiner tödlichen Ausbildung bewusst war.
    Auf dem Weg zu dem Restaurant am Flussufer fiel es ihr schwer, nicht der romantischen Stimmung zu verfallen. Uralte Zedern rahmten die bröckelnde Backsteinfassade des Gerichtsgebäudes von Sabena ein. Ein Sortiment an Tiffanylampen im Fenster eines Antiquitätengeschäfts verband sich zu einem Kaleidoskop aus Farben.
    Wenn sie doch nur Zeit hätten, in den Läden herumzustöbern, dachte Hannah traurig. Andererseits war ihr Reihenhaus bereits mit Erbstücken von ihren Eltern und ihrer Großmutter vollgestellt. Für Neues blieb da kein Platz.
    Der Wind trug ihnen Orgelmusik zu, irgendwo fand ein Freitagsgottesdienst statt. Dieses malerische, altmodische Städtchen wirkte wie der ideale Ort, um Kinder großzuziehen, und nicht wie eine Brutstätte der Korruption – vermutlich hatte Lovitt seine Waffen genau aus dem Grund hier so lange verstecken können.
    Als sie um die Ecke zum Restaurant bogen, wurde Luthers Griff fester. Hannah sah sich um und entdeckte sechs unter den

Weitere Kostenlose Bücher