Gebrochene Versprechen
Zärtlichkeiten abzuwaschen, und musste sich mehr Zeit verschaffen, in der sie darüber nachdenken konnte, wie sie jemals damit klarkommen sollte, einen SEAL zu lieben. Sie wollte das nicht – auf gar keinen Fall! So etwas würde mehr Kraft benötigen, als sie besaß. Sie konnte doch keinen Mann lieben, der sich bei jeder Gelegenheit auf einen Tanz mit dem Tod einließ.
Allein der Gedanke daran ließ ein ganz mulmiges Gefühl in ihr aufkommen. Sie beugte sich vor und spritzte sich Wasser auf die geröteten Wangen. Dann riss sie eine Handvoll Toilettenpapier ab und säuberte sich, da sie etwas Feuchtes zwischen den Beinen bemerkte. Und irgendwann – wann genau, konnte sie nicht sagen – begann sie zu weinen.
»Leila!« Sebastian harrte noch immer vor der Toilette aus. »Es wäre ein Leichtes für mich, die Tür aufzubrechen. Ich kann ja verstehen, dass du allein sein willst, aber ich mache mir Sorgen.«
»Es geht mir gut«, log sie und wünschte sich fast, er möge hereinkommen. Sie fühlte sich seltsam benommen, als könnte sie jeden Moment in Ohnmacht fallen. Er musste ihrem Tonfall entnommen haben, dass sie weinte, und sicher hatte er auch mitbekommen, dass sie ihm etwas vormachte, denn unvermittelt hörte sie, wie das Türschloss klickend nachgab, und dann stand er vor ihr und musterte sie von oben bis unten.
»Es geht dir nicht gut«, stellte er fest, kam in die Toilette und nahm sie in den Arm. »Komm, du musst dich erst einmal hinsetzen.«
Er drängte sie zu einem der Stühle im Wartebereich vor dem Tanzsaal, wo Leila sich abgekämpft auf das Sitzkissen sinken ließ. Sebastian schaltete die Lampe neben ihr ein, hockte sich vor sie hin und blickte sie forschend an. »Ist es so furchtbar, in mich verliebt zu sein?«, fragte er vorsichtig.
»Ja«, antwortete sie und wischte sich eine widerspenstige Träne von der Wange.
»Wieso?«
Bebend holte sie Luft. »Weil ich nicht mit einem Mann zusammen sein kann, der mich verlassen wird.«
»Aber ich werde dich nicht verlassen«, widersprach er ihr heftig und meinte es ehrlich.
»Und ob du das wirst«, gab sie wild gestikulierend zurück. »Jedes Mal, wenn dein Pager piept, wirst du mitten in der Nacht gehen. Ich bin nicht wie Helen, Sebastian. Ich habe nicht die Kraft, mit der ständigen Angst zu leben, dass dir etwas zustoßen könnte.«
Als er endlich verstand, was sie bewegte, verschwanden die Sorgenfalten auf seiner Stirn wieder und seine Gesichtzüge entspannten sich. Sichtlich belustigt schaute er sie an und musste lachen. »Ah, querida , du machst dir ganz umsonst Sorgen.«
»Was meinst du mit umsonst?«, wollte sie wissen, aufgebracht darüber, dass er sie auslachte.
»Ich werde in sechzig Tagen meinen Abschied von der Marine nehmen. Die Papiere sind schon eingereicht. In Zukunft gehöre ich dir, wenn du mich dann überhaupt noch willst«, fügte er mit gewinnender Bescheidenheit hinzu.
»Du nimmst deinen Abschied?«, wiederholte sie verblüfft. »Aber du hast doch gesagt, die Marine sei dein Leben, und dass du dir nicht vorstellen könntest, irgendetwas anderes zu tun.«
»Das war, bevor ich dich kennengelernt habe. Seitdem haben sich meine Träume verändert«, antwortete er schlicht.
Seine Worte sorgten für neue Tränen.
»Seitdem verspüre ich den Wunsch, mein Leben zu ändern«, fuhr Sebastian fort. »Ich möchte mein Auto fertig restaurieren, damit du nicht jedes Mal zusammenschreckst, wenn du es siehst. Und ich möchte ein Zuhause für unser Baby einrichten.«
Ihre Fassungslosigkeit und Zweifel verschwanden und wichen einem Gefühl der Rührung und tiefen Dankbarkeit. Erstaunt blickte sie ihn an. Mit einem schlichten Satz hatte er ihr sämtliche Ängste genommen.
»Besser?«, forschte er nach.
Natürlich würde es immer noch Herausforderungen geben, denen sie sich stellen müssten: Ein Kind aufzuziehen, wenn sie denn überhaupt eines haben würden, und dafür zu sorgen, dass es gesund und glücklich gedieh, war keine so leichte Aufgabe. Und auch in Glaubensfragen hätten sie einen Kompromiss zu schließen. Und wo wollten sie leben – bei ihm oder bei ihr? Nein, weder noch, sie würden mehr Platz brauchen.
Aber mit Sebastian an ihrer Seite waren diese Herausforderungen annehmbare Abenteuer. Zusammen konnten sie jede Hürde nehmen.
»Viel besser«, gestand Leila. Sie liebte ihn so sehr, dass es ihr schier das Herz zu zerreißen drohte.
16
Gerichtsgebäude der Oceana Naval Air Base
1. Oktober, 11 Uhr 02
Hannah musste zugeben,
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