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Geburtstag in Florenz

Geburtstag in Florenz

Titel: Geburtstag in Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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Rückfahrt gewendet. Jetzt lehnte er am offenen Schlag und starrte wie ein Pointer zur Scheune hinüber. Plötzlich hörte der Maresciallo eine leise Stimme hinter sich: »Haben Sie noch einen Moment Zeit?« Signora Torrini stand, auf ihren Stock gestützt, in der Tür. Er machte kehrt und ging zu ihr hinüber.
    »Sie müssen verzeihen, aber ich traue mich bei dieser feuchten Witterung nicht hinaus, weil da oft nasses Laub auf dem Pflaster liegt, und ich rutsche doch so leicht aus. Giorgio hat recht, ich sollte mir ein Paar derbe Schuhe kaufen, solche mit rutschfesten Sohlen, aber wir neigen halt alle dazu, weiter das zu tragen, woran wir gewöhnt sind, nicht wahr?« Sie trug schwarze Pumps.
    »Ja, ja, da haben Sie ganz recht.« Trotz ihrer ewigen Entschuldigungen empfand er sie, verglichen mit ihrer Nachbarin, als eine willkommene Abwechslung.
    »Ich wollte Ihnen bloß sagen … ich hatte so ein schlechtes Gewissen deswegen – Sie wissen ja, wie ruhig es hier ist, horchen Sie nur mal …«
    Es war wirklich sehr ruhig. Die wenigen Laute, entferntes Hundegebell, eine Amsel im Hof, das Knattern des Autoradios, betonten die Stille eigentlich nur.
    »Gestern abend habe ich gelesen – nicht richtig gelesen, sondern bloß in einem oder zwei von Celias Büchern geblättert, weil mir ihre Gesellschaft halt so sehr fehlt. Und bei einem Blick in ihre Bücher ist es, als wäre sie wieder da und ich könnte ihre Stimme hören … Aber dann habe ich ihn gehört …« Sie sah zur Scheune hinüber und dämpfte ihre ohnehin leise Stimme noch mehr. »Er hat geweint. Aber nicht einfach so, nein, geheult hat er, wie ein Hund. Ich fürchte, ich habe gestern nicht sehr nett über ihn gesprochen, aber Virgilio provoziert mich ständig, verstehen Sie, und ich weiß nie, wie ich mit ihm dran bin …«
    Der Maresciallo, dem es mit Fusarri genau so ging, nickte verständnisvoll.
    »Er muß untröstlich sein, wenn er so herzzerreißend weint, meinen Sie nicht auch?«
    »Vielleicht.« Insgeheim dachte er, Forbes heule womöglich aus Angst und Selbstmitleid, aber angesichts der großmütigeren Deutung der Signora Torrini brachte er es nicht über sich, das laut zu sagen.
    »Sie muß ihm furchtbar fehlen, weil sie nämlich ein ganz außergewöhnlicher Mensch war, verstehen Sie.«
    »Signorina Müller sagt, sie war brillant.«
    »Ja, das war sie natürlich auch, gewiß, doch das Außergewöhnliche an ihr, das waren ihr gutes Herz und ihre Großzügigkeit. So etwas wird oft als selbstverständlich hingenommen, ja sogar ausgenutzt …« Sie stockte, als habe sie Angst davor, wieder die Sünde der üblen Nachrede zu begehen.
    »Sie müssen mich für sehr töricht gehalten haben, als ich gestern abend immer von ihm in der Vergangenheitsform sprach, statt von der armen Celia … Aber später beim Lesen habe ich noch einmal darüber nachgedacht, und es ist schon etwas Wahres dran, wissen Sie. Alles, was er war, war er durch sie, und ohne sie ist er erledigt. Ja, ich empfinde das wirklich so, wogegen Celia durch ihre Bücher weiterleben wird. Verstehen Sie, was ich meine?«
    »Ich denke schon.«
    »Ach, ich fürchte, ich werde sehr einsam sein ohne sie.«
    »Mir scheint«, sagte der Maresciallo vorsichtig, »die Signorina Müller ist eine unterhaltsame Gesellschafterin.«
    »O ja, das ist sie. Aber sie ist so oft weg, wegen ihrer Museumsführungen und so weiter …«
    »Sie veranstaltet Führungen hier in Florenz?« Dem Maresciallo schwante Böses. Schon sah er die Signorina Müller in sein Büro stürmen und ihn in die Silbersammlung schleifen.
    »Ach, nein – das heißt, manchmal schon, aber nicht oft. Und das ist auch nicht weiter schlimm, weil sie dann ja zumindest abends da ist. Nein, sie macht überall Führungen. Den ganzen letzten Monat zum Beispiel war sie in Moskau und hat irgendwelchen Leuten Ikonen gezeigt. Moskau im Januar, ich bitte Sie! Aber sie sagt, es sei auch nicht kälter als in Wien, was vermutlich stimmt … Hat Sie Ihnen das geliehen?« Signora Torrini hatte offenbar erst jetzt das Buch in seiner Hand entdeckt.
    »Ja«, bestätigte der Maresciallo beklommen.
    »Da müssen Sie es ihr aber angetan haben! Ach, sehen Sie nur: Das Mandelbäumchen fängt an zu blühen. Ja, das Leben geht weiter, nicht wahr, Maresciallo? Ob wir wollen oder nicht.«
    »Und um dem ganzen die Krone aufzusetzen, sagt Fara, kaum, daß wir losgefahren sind: ›Drehen Sie sich jetzt nicht um, aber da folgt uns jemand. Muß Ihre österreichische Dame sein; die

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