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Geburtstag in Florenz

Geburtstag in Florenz

Titel: Geburtstag in Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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Sie sind wegen meiner Mutter gekommen und weil Sie rauskriegen wollen, wie sie gestorben ist.«
    »Und wissen Sie das … ich meine, wissen Sie vielleicht mehr über den Tod Ihrer Mutter als wir?«
    »Wie sollte ich? Ich war doch gar nicht da.«
    »Sie könnten etwas von Mr. Forbes erfahren haben.« Schweigen. Ein Schweigen, das vielleicht endlos geworden wäre, hätte der Maresciallo sich nicht, einfach um etwas zu sagen, erkundigt: »Es stört Sie doch nicht, daß mein Carabiniere sich Notizen macht? Er kann auch gehen, wenn Ihnen das lieber ist.« Aber sie zuckte bloß mit den Schultern. Fara sah den Maresciallo ratsuchend an, doch auch der begnügte sich mit einem Achselzucken. Was soll’s? dachte er. Mochte Fara ruhig bleiben. Der arme Junge hatte sowieso noch kein Wort notiert. Aber was hätte er auch aufschreiben sollen?
    »HattenSieStreitmitIhrerMutter,Signorina?Zu Weihnachten oder kurz davor?«
    »Nein.«
    »Aber sie hat sich um die Zeit Ihretwegen große Sorgen gemacht. Hatten Sie vielleicht Probleme in England?«
    »Nein.«
    »Und Sie können sich nicht denken, aus welchem Grund sie Ihretwegen so in Sorge war?«
    »Wahrscheinlich war sie enttäuscht von mir. Ich bin nicht so intelligent, wie sie erwartet hatte.«
    »Und war Mr. Forbes auch enttäuscht von Ihnen?« Schweigen.
    »Ihre Freundin Katy hat mir erzählt, daß er Ihnen früher bei den Schularbeiten half. Hat er vielleicht später das Interesse an Ihnen verloren, weil Ihre Intelligenz auch seinen Erwartungen nicht entsprach?«
    Endlich hatte er einen Nerv getroffen. Sie starrte ihn haßerfüllt an, und das Blut schoß ihr ins Gesicht.
    »Er wollte Sie nicht mehr hier haben, nicht wahr?«
    »Nein, das war sie, sie hat mir geschrieben …«
    »Nein, nein! Ich versichere Ihnen, daß sie furchtbar darunter gelitten hat. Wenn Sie mit Ihrer Mutter Streit hatten und ihr dabei womöglich vorwarfen, daß …«
    »Sogar mein Bett hat sie verkauft!«
    »Nein. Das war er. Schauen Sie, mein liebes Kind, er war sehr eifersüchtig und wollte immer und überall ganz allein im Mittelpunkt stehen. Sie hätten Ihrer Mutter nicht die Schuld geben dürfen. Ich verstehe, daß Ihnen diese Erkenntnis jetzt, wo es zu spät ist, um sich mit Ihrer Mutter auszusöhnen, furchtbar weh tun muß, aber es ist sehr wichtig für Sie, für Ihr ganzes zukünftiges Leben, daß Sie wissen, wie sehr Ihre Mutter Sie geliebt hat. Und schließlich sind Sie ja zu Weihnachten doch noch nach Hause gekommen, nicht wahr?«
    Sie nickte, aber wieder mit diesem verräterischen Zucken um die Mundwinkel.
    »Bestimmt war Ihre Mutter diejenige, die Sie gebeten hat zu kommen.«
    Sie nickte kläglich.
    »Nach dem, was vorgefallen war, hatten Sie hier sicher keine unbeschwerten Weihnachtsferien. Aber es ist gut möglich, daß Ihre Mutter am Ende den Entschluß faßte, ihren Mann zu verlassen, eben weil er Sie so rigoros ablehnte. Beweist das nicht, wieviel Sie ihr bedeutet haben?«
    Sie starrte wieder stumm an ihm vorbei. Der Maresciallo drang noch eine Weile in sie, und sei es nur, weil er sie zu gern überredet hätte, zur Familie Mancini zu ziehen, doch er bekam nichts mehr aus ihr heraus. Er war zutiefst beunruhigt über den nervlichen Druck, unter dem das Mädchen unverkennbar stand. In seiner relativ langen Laufbahn hatte er schon oft mit den Hinterbliebenen eines tragischen Todesfalles zu tun gehabt. Manche reagierten hysterisch, andere ungläubig, einige brachen unter dem Schock zusammen, und wieder andere wurden beinahe handgreiflich gegen ihn als den Überbringer der furchtbaren Nachricht. Aber eine solch lähmende Spannung war ihm noch nie begegnet. Die Starrheit des Mädchens machte ihn so betroffen, daß er nicht anders konnte, als die Befragung abzubrechen. Es war beinahe eine Erleichterung, aufzustehen und, mit Fara im Schlepptau, den Rückzug anzutreten. Das Mädchen rührte sich nicht vom Fleck. Sissi öffnete die Tür, als der Maresciallo eben die Hand nach der Klinke ausstreckte.
    »Ich habe kaum die Hälfte verstanden«, beschwerte sie sich.
    »Das Mädel muß ich ja dauernd ermahnen, damit sie lauter spricht – wenn sie überhaupt mal den Mund aufmacht –, aber daß Sie so ein Nuschler sind, hätte ich nicht gedacht.«
    Als die beiden Männer zu ihrem Wagen kamen, der neben den Zitronenkübeln in ihren wild knatternden Plastikhüllen stand, erhaschten sie einen Blick auf das ängstlich besorgte Gesicht der Signora Torrini, die von einem Fenster im Obergeschoß der Villa zu ihnen

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