Geburtstag in Florenz
machte, war sehr viel komplizierter. Der Maresciallo war von Anfang an überzeugt gewesen, daß Forbes seine Frau ermordet hatte, und jetzt wußte er auch, warum. Sie hatte sich offenbar endlich dazu durchgerungen, ihn zu verlassen. Wenn es dazu gekommen wäre, hätte Forbes keinen Job mehr gehabt, kein Dach über dem Kopf, kein Geld und, nach allem, was man hörte, auch keine Freunde. Noch mal so eine Goldader wie Celia Carter aufzuspüren wäre bestimmt nicht leicht gewesen. Und doch war der Maresciallo mit seinen Schlußfolgerungen nicht zufrieden. Er hatte das Gefühl, alle Bestandteile des Puzzles beieinanderzuhaben, ohne zu wissen, wie sie zusammengehörten. Als er später dahinterkam, mußte er sich eingestehen, daß er sich um die Erkenntnis herumgedrückt, ja es vorgezogen hatte, in dieser windstillen, friedvollen Nacht seinen Verdacht beiseitezuschieben, um sich nicht um seinen gesunden Schlaf zu bringen.
Im Grunde, so argumentierte Guarnaccia, während er tiefer in die mollige Wärme des großen Bettes eintauchte, im Grunde war es ohnehin egal, was er wußte oder nicht wußte, da sowieso keine Hoffnung bestand, daß er je irgendwas würde beweisen können. Bevor er endgültig einschlief, schlug er noch einmal die Augen auf, um sich zu vergewissern, daß der Wecker auf dem Nachttisch auch richtig gestellt war. Er war es. Die Leuchtzeiger standen auf Viertel vor zwölf. Der Maresciallo schloß die Augen.
Draußen in der ruhigen Winternacht kletterten fleißig die Temperaturen. Goldene Lichtreflexe glitzerten auf den dunklen Fluten des Arnos unter dem Ponte Vecchio, wo die Stille der menschenleeren Stadt unsanft gestört wurde, als Julian Forbes sich, betrunken und blutüberströmt, seiner Verhaftung durch die Polizei widersetzte.
9
»Wie lange war er denn im Il Caffè?« Der Maresciallo nahm, während er das fragte, hinter seinem Schreibtisch Platz. Fara, dessen Wangen vor Aufregung gerötet waren, hatte ihn kaum in sein Büro gelassen, so sehr brannte er darauf, seine Geschichte loszuwerden.
»Nicht sehr lange, etwas über eine Stunde. Ich war schon viel früher da. Er kam um halb elf.« Fara konsultierte sein Notizbuch: »Genau um zehn Uhr siebenundzwanzig.«
»Und war das Mädchen da schon bei ihm, oder hat er die erst in der Bar aufgegabelt?«
»Nein, sie kamen zusammen. Forbes konnte die Hände nicht von ihr lassen. Und er bestand darauf, im ganzen Lokal die Runde zu machen und sie allen, die er kannte, vorzustellen. Selbst dabei betatschte er sie die ganze Zeit, und sie sah so aus, als ob sie sich ein bißchen geniert hätte deswegen, aber zurechtgewiesen hat sie ihn nicht.«
»Und wo waren Sie, daß er Sie bei seinem Rundgang nicht entdeckt hat?«
»Oben auf dem Balkon. Der ist winzig, reicht bloß für vier Tische, aber es stehen eine Menge Topfpflanzen herum, und das Licht ist ganz schummrig. Deshalb gehen eigentlich auch nur Pärchen rauf, und so bin ich mir schon ein bißchen blöd vorgekommen … Jedenfalls, als Forbes sich an jeden rangemacht hatte, den er zu fassen kriegte, da hat er sich mit dem Mädchen zu Galli gesetzt, der mit einer langbeinigen Blondine da war.«
»Seine Frau.«
»Das dachte ich mir schon, er hat nämlich nicht viel mit ihr geredet. Mit Forbes hat er allerdings auch kaum gesprochen, und man merkte ihm an, daß er ihn nicht an seinem Tisch haben wollte, denn er hat ihm dauernd den Rücken zugekehrt und sich ausgiebig mit einem anderen Journalisten unterhalten – ich weiß nicht, wie der heißt, aber gesehen hab ich ihn schon öfter, zum Beispiel neulich bei Gericht, als ich auf Sie gewartet habe. Forbes wollte sich mehrmals in ihr Gespräch einmischen, aber Galli hat ihn offenbar ziemlich scharf abblitzen lassen, jedenfalls gab er’s schließlich auf und sülzte wieder mit seinem Mädchen rum. Und dann überredete er ein anderes Mädchen, das eigentlich grade gehen wollte, sich dazuzusetzen und was mit ihnen zu trinken. Es dauerte nicht lange, und er hatte die eine rechts, die andere links im Arm und quatschte auf die beiden ein wie ein Wasserfall. Verstehen konnte ich nichts, weil die ganze Zeit Musik spielte. Das zweite Mädchen ging dann doch. Forbes sah nicht so aus, als ob er schon aufbrechen wollte, aber seine Freundin konnte ihn letztendlich doch noch loseisen.«
»War er betrunken?«
»Wahrscheinlich … das heißt, ich weiß nicht genau. Er sah eher aus, als ob er Fieber hätte – so aufgeregt, wissen Sie? Er kann natürlich vorher beim Abendessen
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