Gedankenlesen durch Schneckenstreicheln
Pilz- oder bakterielle Infektion zuzieht, andererseits während der Rekonvaleszenz in eine Körperstarre verfällt, also quasi das Bett hüten muss, vor Feinden nicht flüchten kann und somit leichte Beute wird. Manche Maulwürfe wissen das und beißen deshalb von Regenwürmern, die sie starr besser lagern können, nur ein Stück ab. Und solange die sich reparieren, liegen sie frisch und saftig, aber unbeweglich in der Speisekammer. 42
Schaben bzw. Kakerlaken können ohne Kopf am längsten von allen Tieren der Welt weiterleben, mehrere Tage lang, ohne sich krank zu melden. Damit sind sie die unangefochtenen Rekordhalter, von einem Kopf-an-Kopf-Rennen kann nicht die Rede sein. Weil das aber keinem Sponsor imponiert und den meisten Menschen vor Schaben graust, gibt es dafür keinen Pokal. Schaben erfreuen sich ja nur sehr geringer Beliebtheit. Unter anderem, weil ihnen nachgesagt wird, sie seien Krankheitsüberträger. Was auch stimmt. Sie transportieren Schimmelpilze und über 40 krankheitsauslösende Bakterien und Viren durch die Gegend. Überall hin. Allerdings kaum Pestbazillen, was ihnen jahrhundertelang vorgeworfen wurde. Von den fast 4.000 Arten haben nur 25 bis 30 Peststatus, also weniger als ein Prozent! Damit schaffen sie es einerseits praktisch nirgendwo in einen Landtag, andererseits sind sie aber trotzdem in so gut wie allen drinnen. Dabei können manche Schaben als extrem interessante Tiere gelten. Beispielsweise die Madagaskar-Fauchschabe. Sie wird bis zu 60 Millimeter lang, hat keine Flügel und ist lebend gebärend. Das heißt, die Weibchen legen natürlich schon Eier, Säugetiere sind sie keine, aber sie legen die Eier in sich ab, und die Jungen kommen dann schon lebendig aus dem Mutterleib heraus. Und machen was, sobald sie trocken hinter den Ohren sind? Fauchen natürlich, ganz richtig, dazu sind sie ja unter anderem auf die Welt gekommen. Wenn man von einem Madagaskarurlaub heimgekehrt seine Koffer auspackt, ist das vermutlich kein Geräusch, das man gerne hören möchte. Fauchschaben fauchen übrigens nicht nur, um Raubfeinde abzuwehren, sondern sie fauchen sich auch untereinander an, benützen das Fauchen gewissermaßen als Sprache. Alle Kakerlaken können sich äußerst gut an ihre jeweiligen Lebensumstände anpassen. Sie sind praktisch die Ratten unter den Insekten, so wie die Elstern die Schimpansen unter den Vögeln sind. Das Weiterleben ohne Kopf, bis zu eineinhalb Wochen, gelingt ihnen so locker. Einer jakobinischen Kakerlake den Sinn der Guillotine zu erklären, wäre kein leichtes Unterfangen.
Schaben besitzen zwar ein Gehirn im Kopf, aber sie sind ausgesprochen föderalistisch gebaut. Sie sind mit einem sogenannten Strickleiternervensystem ausgestattet, das in jedem Körpersegment ein Ganglienpaar aufweist. Diese kleinen Gehirne steuern im Brustbereich die Bewegung von Beinen und Flügeln und im Hinterleib die Verdauung. Unter anderem deshalb sind Kakerlaken so schnell. Sie laufen schon davon, bevor sie sich dazu entschlossen haben. Und wenn sie sich woanders wiederfinden, denken sie vielleicht: „Interessant, bin ich offenbar wieder einmal davongelaufen.“ Die Höchstgeschwindigkeit mancher Schabenarten kann bis zu 5,4 Kilometer pro Stunde betragen. Das klingt nach gemächlicher Fortbewegung, heißt aber, dass die Schabe pro Sekunde das 50-Fache ihrer Körperlänge zurücklegen kann. Hochgerechnet auf einen Menschen würde das eine Laufgeschwindigkeit von 330 Kilometern pro Stunde bedeuten. Deshalb steht die Entfernung des Kopfes samt Oberschlundganglion, so heißt das eigentliche Gehirn, zwar nicht auf der Geburtstagswunschliste der Kakerlake, ist aber im ersten Moment auch noch kein Grund, anstehende Termine abzusagen. Wenn sie etwa nur im Freundeskreis beim Siedeln helfen muss oder neue Schuhe eingehen, dann reicht einstweilen auch, was noch übrig ist. Leider müsste die Schabe aber irgendwann doch etwas essen, und da tut sich auch dieses Insekt ohne Mund, der als Aussparung im Kopf angelegt ist, ausgesprochen schwer. Und so verhungert und verdurstet es nach angemessener Zeit.
Die Bestie Mensch
Wenn einem Menschen der Kopf abgeschlagen wird, dann finden wir das heute grausam. Zu Recht. Wenn der Kopf oben bleibt, dann ist der Mensch aber mitunter zu noch grausameren Dingen fähig. Der Österreicher Josef Fritzl wurde dafür bekannt, dass er in seinem Keller, mit Wissen seiner Frau, seine Tochter 24 Jahre unterirdisch gefangen hielt und mit ihr gegen ihren Willen sieben Kinder
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