Gedankenlos (German Edition)
Krankenhaus. Nur total viele Whatsapp- und Facebooknachrichten... Ich lege mein Handy zurück in die Tasche. Schon kommt Frau Alber, meine Mathelehrerin, ins Klassenzimmer. Ich packe meine Sachen aus. Während den beiden Stunden war ich nicht bei der Sache. Warum hat Max mit mir geredet? Was ist mit Jaden? So viele Fragen und keine Antworten...
Kapitel 3
"Gong"
Endlich ist 2. Pause. Ich stehe auf und gehe auf Krücken runter zur Couch mit Sarah. Wir reden die gesamte Pause lang. Ein paar Mal sah ich Max hin und her gehen. Wir warfen uns paar Blicke zu. Jetzt habe ich gleich Geschichte. hm... so ganz wohl fühle ich mich nicht. Ich betrachte meinen Gips. Er juckt wie die Hölle. Ich könnte austicken!!! Es gongt zum Ende der 2. Pause. Sarah und ich gehen hoch zum Klassenzimmer. Max sperrt auf. Wir werfen uns Blicke zu. Ich schaue wieder auf mein Handy. Immer noch nichts. Warum geben die mir keine Auskunft? Das darf doch nicht wahr sein!? Die 2 Stunden Geschichte vergingen langsam. Endlich ist Schule aus.
Max' Sicht:
Gerade eben hat es gegongt. "Hiermit ist die Stunde beendet", sage ich zu den Schülern. Seltsam. Lucy war die ganze Zeit so abwesend. Das mit Jaden beschäftigt sie sehr. Warum mache ich mir Sorgen um sie?! Ich bin doch knappe 10 Jahre älter als sie. Wie blöd bin ich eigentlich?
Lucys Sicht:
Ich räume mein Schulzeug zusammen. Wie Max mich die ganze Zeit angestarrt hat... hm... Ich nehme meine Tasche und gehe runter. Da ich die letzte mit Sarah im Klassenzimmer bin, schließe ich die Türe. Vor der Schule wartet meine Mam auf mich. Ich verabschiede mich von Sarah und steige ins Auto. Wir fahren ins Krankenhaus zu Jaden. Die Fahrt vergeht langsam. Am Krankenhaus angekommen gehen wir zum Aufzug und fahren zur Intensivstation. Vor seinem Zimmer ziehe ich mir wieder so einen komischen grünen Kittel an. Dann öffne ich die Türe und erstarre. Das Zimmer ist leer.
Ich schaue auf Zimmertüre. Die Nummer stimmt. Er ist doch nicht etwa...? Ich renne zur Anmeldung. "Ich möchte bitte zur Herrn Hall" "Tut mir leid, Fräulein, wir dürfen keine Auskunft geben". "A-aber ich bin seine Freundin", sage ich stotternd. Sie schaut überrascht. Dann schüttelt sie den Kopf. "Tut mir leid. Geht trotzdem nicht." Das darf doch nicht wahr sein. Meine Mam fragt nochmals nach, doch auch ihr sagt die Frau das gleiche. Meine einzige Möglichkeit ist seine Familie, doch ich weiß den Weg nicht mehr. Neufahrn ist so unübersichtlich. Und jetzt?
Ich gehe nochmals zur Anmeldung. "Können Sie mir wenigstens sagen, ob er noch lebt?", frage ich weinend. Die Frau schaut mich an. Schließlich öffnet sie den Mund und beginnt zu reden. "Es tut mi schrecklich leid. Er hat es nicht geschafft. Gestern Mittag war noch alles stabil, doch am Abend hat sich sein Zustand dramatisch verschlechtert. Wir haben ihn sofort in den OP, doch wir konnten ihn nicht halten. Er ist uns auf dem OP-Tisch verstorben"
In dem Moment bricht für mich die Welt zusammen. Ich höre niemandem mehr zu. Ich schaue zu meiner Mutter, die gerade etwas sagt. "Ich muss hier raus", flüstere ich gedankenverloren unter Tränen. Nun stürme ich hinaus ins Freie. Scheiß auf meine Krücken! Ich heule. Draußen ist zum Glück nichts los. Ich humple zu einem Baum und setze mich hin. Das darf doch nicht wahr sein. Das darf einfach nicht wahr sein. Ich winkle mein gesundes Bein an und stütze meinen Kopf darauf. Minuten vergehen. Plötzlich hält mich jemand an der Schulter. Ich hebe meinen Kopf und schaue verschwommen in ein männliches traurig blickendes Gesicht.
"Warum sitzt ein so hübsches Mädchen unter einem Baum und weint sich die Seele aus dem Leib?", fragt der Unbekannte. Er sieht Anfang 20 aus. Braune wuschelige Haare und trägt Notarztklamotten. Ich dreh meinen Kopf weg und schaue zum Krankenhaus. Der unbekannte setzt sich zu mir. "Ich bin Luka. ...du brauchst mir nicht zu antworten, aber als ich jemanden am Baum sitzen gesehen habe mit einem Gips, ohne Krücken und den Kopf minutenlang abgestützt, dachte ich mir, dass da etwas nicht stimmt." Ich sehe Luka an. "Ich... Ich habe gerade erfahren, dass...", meine Stimme verstummt. Ich bekomme einen Heulkrampf. Luka nimmt mich in den Arm. Ich lasse es zu. "Schh", versucht er mich zu beruhigen. Paar Minuten später habe ich mich einigermaßen beruhigt. Ich löse mich aus seinen Armen und wische mir die Tränen weg. Er reicht mir ein Taschentuch. "Danke", flüstere ich.
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