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Gedankenmörder (German Edition)

Gedankenmörder (German Edition)

Titel: Gedankenmörder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Gerdts
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geschoben, sodass sie jeden, der den Weg heraufkam, anzuschauen schien. Ein grausiger Anblick, der noch durch ihr grell geschminktes Gesicht verstärkt wurde. Die Farbe des Lidschattens war ein Giftgrün, und das Rouge auf den Wangen glich einem kreischenden Rosa.
    Der Körper der jungen Frau war mit Schnitten übersät. Besonders übel waren ihre Brüste zugerichtet.
    ‹Als wenn ein Tier sich darin verbissen hätte›, dachte Steenhoff entsetzt.
    Er ging in die Hocke und blieb stumm zu Füßen der Toten sitzen. Verzweiflung machte sich in ihm breit. Er hatte versagt. Der Täter hatte erneut zugeschlagen. Doch diesmal hatte der Unbekannte getötet, um seine Perversitäten auszuleben.
    Wie erstarrt hockte er vor der jungen Frau. Niemand sprach ihn an. Über dem schmalen Waldweg lag eine gespenstische Ruhe. Steenhoff wusste, dass sie alle auf ein Wort von ihm warteten, auf Anordnungen, vielleicht auch auf eine erste Einschätzung. Doch er fühlte sich zu nichts mehr fähig. Sie hatten versagt, waren zu spät gekommen.
     
    Irgendwann spürte er eine schmale Hand auf seiner Schulter.
    «Wir kriegen den Kerl», hörte er eine Stimme leise hinter sich sagen. Eine Feststellung. Keine Zweifel. Nur diese vier Worte: «Wir kriegen den Kerl.»
    Der Druck auf seiner Schulter verstärkte sich einen kurzen Moment. Steenhoff spürte, wie er aus seiner Erstarrung erwachte. Petersen nickte ihm zu und trat einen Schritt zurück. Sie wechselte ein paar Worte mit einem Schutzpolizisten, und Steenhoff sah, wie sie ein Notizbuch aus ihrer Tasche zog.
    Er stand auf und schaute in die Gesichter seiner Kollegen. Kaum einem war das Entsetzen über den Fund anzusehen. Sie wirkten ruhig und gefasst, beinahe unbeteiligt. Was jetzt ablief, war Routine. Sie half, mit dem Wahnsinn umzugehen und ihn von sich fernzuhalten. Steenhoff nahm es den Kollegen nicht übel. Oft genug handelte und fühlte er nicht anders als sie. ‹Ohne inneres Schutzschild›, dachte Steenhoff, ‹würden wir hier alle früher oder später kaputtgehen.›
    Er räusperte sich und wandte sich an den nächstbesten Beamten, der in seiner Nähe stand.
    «Wer hat die Frau gefunden?»
    Eine junge Schutzpolizistin begleitete Steenhoff zu einem Streifenwagen, in dem auf dem Beifahrersitz ein Jogger saß. Als Steenhoff ihn begrüßte, bemerkte er, dass die Hand des Mannes zitterte. Der Jogger war auffällig blass im Gesicht. Steenhoff stellte sich kurz vor und wollte ihm ein paar Fragen stellen. Doch der Mann wirkte fahrig und unkonzentriert. Er hatte Mühe, die paar notwendigen Angaben zu seiner Person zu machen.
    Steenhoff erfuhr nur so viel, dass der Mann auf Geschäftsreise in Bremen war und an dem Morgen vor seinem Termin bei einem großen Bauunternehmen noch eine Runde im Bürgerpark joggen wollte. In seinem nahe gelegenen Hotel hatte ihm eine Angestellte die Finnbahn im Bürgerpark als Laufstrecke empfohlen. Nach zwei Runden auf der Route, die durch ein kleines Wäldchen führte, war er auf einen Spazierweg abgebogen. Dabei hatte er sich verlaufen und war schließlich im Stadtwald in den kleinen Nebenweg geraten. Die Stimme des durchtrainierten Mannes brach plötzlich, als er Steenhoff den Moment schildern sollte, in dem er die ermordete Frau fand. Er bedeckte seine Augen mit der Hand und begann stumm zu schluchzen. Er stand unter Schock.
    Steenhoff wechselte einen kurzen Blick mit der Polizistin, die sofort verstand. Er hörte, wie die Frau über Funk einen Rettungswagen für den Mann anforderte. Steenhoff ließ sich noch kurz Namen, Handynummer und den Namen des Hotels geben, in dem der Geschäftsmann abgestiegen war. Dann überließ er den Zeugen seiner Kollegin.
    «Sieh zu, dass der Arzt ihm etwas zur Beruhigung gibt. Wir müssen ihn anschließend gleich zur Vernehmung mit ins Präsidium nehmen.»
    Die junge Beamtin schaute ihn verwundert an.
    «Aber der Arzt wird den Mann im Krankenhaus behandeln wollen. Der ist doch völlig fertig.»
    «Meinetwegen kann er nach der Vernehmung ins Krankenhaus oder auch ins Hotel. Aber im Augenblick ist er unser wichtigster Zeuge. Ausruhen kann er sich anschließend», erwiderte Steenhoff entschieden.
    Die Mitarbeiter der Spurensicherung hatten den Tatort inzwischen weiträumig abgesperrt. Flatterbänder markierten den sogenannten Trampelpfad, auf dem sich nur die wenigen Beamten bewegen durften, die am Tatort gebraucht wurden. Steenhoff fluchte innerlich. Er hätte als Erstes die Kleidung der Toten und die Umgebung absuchen sollen,

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