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Gedankenmörder (German Edition)

Gedankenmörder (German Edition)

Titel: Gedankenmörder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Gerdts
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Journalisten, dass sie ihnen halfen, die Tote zu identifizieren. Sie hatten sich darauf geeinigt zu berichten, dass sie misshandelt und, wie der Rechtsmediziner bereits festgestellt hatte, erwürgt worden war. Außerdem wollten sie die silberne Kette mit dem Fischanhänger zeigen.
    Ansonsten erging sich Tewes in der langatmigen Beschreibung des Tatortes und der Darstellung, mit wie vielen Beamten die dichtbewachsene Stelle im Stadtwald nach weiteren Spuren abgesucht worden war. Degert übernahm die Beschreibung der Toten: Größe, Haarfarbe und Haarschnitt sowie mutmaßliches Alter. Eifrig schrieben die Journalisten mit, dass die Unbekannte, laut Obduktion, noch kein Kind geboren hatte. Zuletzt lobte der Staatsanwalt für Hinweise, die zur Ergreifung des Täters führen würden, 1500 Euro aus. Eine lächerliche Summe für ein ausgelöschtes Leben, fand Steenhoff.
    Nach einer knappen Viertelstunde hatten die Ermittler alles gesagt, was es aus ihrer Sicht zu sagen gab. Steenhoff bemerkte, dass die Journalisten überrascht aufschauten, als klarwurde, dass nichts weiter kommen würde. In der ersten Fragerunde meldeten sich denn auch gleich mehrere von ihnen. Die Frau von der taz wollte etwas zum mutmaßlichen Todeszeitpunkt wissen. Eine gute Frage, wie Steenhoff fand. Den Punkt hatten sie schlicht vergessen zu erwähnen.
    «Wir gehen von einem Zeitraum zwischen Mitternacht und drei Uhr morgens aus», entgegnete Degert der Frau. Der Redakteur der «Bild»-Zeitung wollte wissen, um was für Misshandlungen es sich handelte. «Dazu wollen wir zurzeit aus ermittlungstechnischen Gründen nichts sagen», betonte Tewes entschieden.
    «Wurden die Verletzungen mit einem Messer oder mit den Fäusten zugefügt?», fragte ungerührt ein dicklicher Mann, der direkt unter einer Kamera saß.
    «Wie bereits gesagt, dazu wollen wir zurzeit nichts sagen», sagte Tewes eine Spur strenger.
    «Hat man denn die Tatwaffe gefunden?», meldete sich Andrea Voss zu Wort. Degert schüttelte den Kopf.
    «Noch nicht.»
    Steenhoff warf Degert einen warnenden Blick zu. Aber offenbar hatte der gar nicht bemerkt, dass er mit seiner Äußerung bereits einen Schritt weiter als Tewes gegangen war.
     
    «Sehen Sie einen Zusammenhang mit den Leichenschändungen der vergangenen Wochen?», hakte erneut der Mann von der «Bild»-Zeitung nach. Bevor Degert antworten konnte, ergriff Steenhoff das Wort.
    «Es wäre vermessen, zum jetzigen Zeitpunkt irgendwelche Parallelen zu früheren Straftaten auszuschließen oder anzunehmen.»
    Ein Satz. Mehr nicht.
    Steenhoff hatte sich auf Pressekonferenzen angewöhnt, möglichst knapp zu antworten. Denn sonst war die Gefahr zu groß, mehr zu sagen, als man sich vorgenommen hatte.
    «Es heißt, die Frau soll Opfer eines Eifersuchtsdramas geworden sein», preschte auf einmal der Mann unter der Kamera vor. Seine Kollegen und Kolleginnen blickten verunsichert zwischen Tewes und dem Fragesteller hin und her. Genüsslich übernahm Degert den Part, dem ihm unbekannten Journalisten eine kleine Lektion zu erteilen. «An dieser Quelle wären wir allerdings sehr interessiert. Vielleicht verfügt Ihr Informant ja im Gegensatz zu uns über Tarotkarten oder eine Glaskugel.»
    Einige Journalisten lachten leise auf. Die Atmosphäre entspannte sich.
    «Herr Degert», wandte sich Andrea Voss freundlich an den Staatsanwalt, der sich über seinen kleinen Punktsieg freute und strahlend in die Runde blickte. «Sie waren doch bei der Obduktion dabei?» Degert nickte.
    «Sie verfügen über langjährige Erfahrungen in Kapitaldelikten. Gehen Sie davon aus, dass der Frau die Verletzungen vor oder nach ihrem Tod zugefügt worden sind?»
    «Sowohl als auch», antwortete Degert spontan.
    Steenhoff stieß einen stummen Fluch aus. Genau diese Information hatten sie nicht rausgeben wollen. Alles, was auch nur im Entferntesten an die Vorfälle der vergangenen Wochen erinnerte, hatten sie ausklammern wollen. Zum einen hatte der Polizeipräsident darauf gedrungen, den «Ball möglichst flachzuhalten», um eine hysterische Stimmung in der Stadt zu vermeiden, zum anderen würden sie damit nur den öffentlichen Druck auf die Ermittlungen erhöhen.
    Der Staatsanwalt hatte seinen Fehler bereits bemerkt. Betont gelassen fügte er hinzu: «Das ist natürlich nichts als eine vage Annahme. Die Feinuntersuchungen laufen noch, werden aber einige Tage in Anspruch nehmen. Wir werden Sie darüber auf dem Laufenden halten.»
    Ein Versprechen, das Degert nicht einhalten

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