Gedankenmörder (German Edition)
Hauseinfahrt, wo noch immer die Koffer standen. Nervös fummelte er die Tickets hervor.
«Ach, es war doch Dienstag. Sie müssen entschuldigen. Aber Sie bringen mich ganz durcheinander.»
Während Steenhoff Schneider beobachtete, überprüfte Tewes die Tickets und notierte sich die Flugnummer und die Fluggesellschaft. Dann nahm er sein Handy und wählte Wessels Nummer.
«Michael, hier ist Bernd. Überprüfe bitte sofort, ob Heiko Schneider am vergangenen Dienstagnachmittag mit der Fluggesellschaft Air Hannover nach Mallorca geflogen ist. Ich warte auf deinen Rückruf.» Als Tewes sein kurzes Gespräch beendet hatte, öffnete die älteste Tochter die Tür des Hauses.
«Papa, wann kommst du denn endlich? Du wolltest doch mit uns Pizza essen gehen. Wir haben Hunger.»
Fragend sah Schneider die Männer an.
«Sagen Sie ihr, dass sie nur noch ein paar Minuten warten muss.» Seufzend wiederholte Schneider Steenhoffs Worte. Mürrisch zog sich das Mädchen wieder ins Haus zurück.
Fünf Minuten später meldete sich Wessel auf Tewes’ Handy. Steenhoff konnte an seinem Gesichtsausdruck ablesen, dass seine Befürchtungen zutrafen. Als Tewes sein Gespräch beendet hatte, sah er Schneider entschuldigend an.
«Sie stehen nicht mehr unter Mordverdacht, Herr Schneider. Jemand hat Ihre Kennzeichen am Dienstagabend gestohlen, die Schilder an seinen eigenen Wagen montiert und in der Nacht eine junge Prostituierte im Stadtwald ermordet. Eine Kollegin der Frau hatte sich das Kennzeichen des Wagens gemerkt, in den das spätere Opfer eingestiegen war. So sind wir zunächst auf Sie gekommen. Es tut uns leid, dass wir Sie beunruhigen mussten.»
«Na, da habe ich ja Schwein gehabt, dass ich mich an dem Tag mit meinen Kindern nach Mallorca aufgemacht habe», sagte Schneider trocken.
«Zumindest erleichtert es die Aufklärung um einiges», erwiderte Steenhoff und fügte hinzu: «Jedenfalls was Sie betrifft.»
«Ja, und wie bekomme ich nun meine Schilder zurück?»
«Wir nehmen selbstverständlich Ihre Anzeige auf. Dann brauchen Sie nicht extra zum nächsten Revier zu gehen», erwiderte Tewes betont freundlich. Steenhoff wusste, dass ihm die Angst im Nacken saß, ihr Auftritt würde womöglich öffentlich werden. Er sah die Schlagzeilen schon vor sich. «Sondereinsatzkommando überfällt ahnungslose Familie.»
Tewes griff zu seinem Funkgerät. «Die Aktion ist abgeblasen. Ihr könnt rauskommen.» Sprachlos sah Schneider zu, wie sich die Tür des Umzugwagens öffnete und zehn SEK -Beamte in voller Montur heraussprangen.
Bei der anschließenden Besprechung im Präsidium herrschte eine gedrückte Stimmung. Sie hatten sich so kurz vor dem Ziel gewähnt und fühlten sich jetzt, als müssten sie wieder ganz von vorne anfangen. Steenhoff sprach es nicht aus, aber er hatte von Anfang an nicht Tewes Optimismus geteilt. Er hatte sich nur schwer vorstellen können, dass der Täter tatsächlich mit seinem eigenen Wagen auf dem Straßenstrich vorfahren würde.
Müde machte sich Steenhoff auf den Weg nach Hause. Als er die Tür zum Esszimmer öffnete, sahen ihn Ira und Marie gespannt an. «Habt ihr ihn, Papa?», bestürmte ihn Marie sofort.
«Nein, leider nicht», antwortete Steenhoff und spürte erst jetzt, wie erschöpft er war.
«Wir wollten gerade essen. Möchtest du erst mal ein Glas Wein?», versuchte ihn Ira abzulenken.
Dankbar setzte sich Steenhoff zu ihnen an den Tisch. Da Marie nicht lockerließ, berichtete er in knappen Worten, dass ihr Hauptverdächtiger sich leider als liebevoller Vater herausgestellt habe, dem durch seine rechtzeitige Abreise nach Mallorca einige unangenehme Befragungen auf dem Polizeipräsidium erspart geblieben seien.
Marie wollte noch weiter nachbohren, aber Steenhoff hatte keine Lust mehr, über die vergangenen Stunden zu sprechen. Zudem gab es etwas, was er noch mit Marie klären musste. Doch zuvor wollte er mit seiner Tochter etwas warm werden. In den vergangenen Tagen hatten sie sich kaum gesehen.
«Und – was habt ihr so erlebt?», wandte sich Steenhoff an die beiden. Ira und Marie schauten sich an. Verwundert registrierte Steenhoff, dass Ira unruhig wirkte. Sie nickte ihrer Tochter zu, so als wenn sie beginnen sollte. Marie nahm das Angebot gerne an. Nur noch wenige Tage, und die Sommerferien würden beginnen. Sie hatten immer noch nicht entschieden, wo sie die letzten zwei Wochen der Ferien verbringen wollten. Erneut bestürmte Marie ihren Vater, doch mit ihnen nach Bornholm zu
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