Gedankenmörder (German Edition)
fahren.
«Wir müssen in diesen Tagen ab- oder zusagen», bekräftigte Ira den Vorstoß ihrer Tochter. «Ich habe uns das Haus für diese Zeit freigehalten, aber wenn du einen besseren Vorschlag hast, dann werde ich versuchen, das Haus an andere Leute zu vermieten.»
«Ich hatte bislang absolut keine Zeit, irgendwelche Urlaubspläne zu schmieden», sagte Steenhoff gereizt.
«Und wie es aussieht, wird es in den kommenden Tagen auch nicht anders sein», erwiderte Ira ruhig. «Ich mache dir einen Vorschlag: Du kommst mit uns diesen Sommer nach Bornholm, wir sparen uns die Miete für ein Ferienhaus irgendwo anders auf dieser Welt, und stattdessen kaufst du dir endlich das Saxophon, von dem du schon so lange träumst.»
Erwartungsvoll schauten ihn beide an.
«Komm schon, Papa», sagte Marie und sah ihn bittend an. Steenhoff seufzte. Ihm stand mehr der Sinn nach Frankreich, Italien oder auch der Türkei. Hauptsache heiß und sonnig.
«Okay. Ihr habt es geschafft. Dieses Jahr also nach Dänemark. Aber wenn es regnet und ihr immerzu eure Fleecepullis im roten Holzhäuschen überzieht und nachts von Wärmekissen träumt, dann möchte ich keine Beschwerden hören.»
«Bornholm wird auch die Sonneninsel genannt, Frank», sagte Ira und lächelte ihn milde an.
«Super. Dann ist ja alles klar», sagte Marie erfreut und stand auf.
«Ich muss noch ein bisschen Mathe machen, und ihr habt euch bestimmt auch noch einiges zu erzählen.»
Sie zwinkerte ihrer Mutter beim Hinausgehen zu. Aber Steenhoff hatte die Geste bemerkt. Langsam wurde er unruhig.
«Marie, ich möchte nachher gerne noch mal mit dir sprechen. Okay?» Erstaunt sah sie ihn an.
«Klar.»
«So, und auf welche Neuigkeit muss ich mich bei dir gefasst machen?», fragte Steenhoff seine Frau, nachdem Marie in ihrem Zimmer verschwunden war. Ira kam sofort zur Sache.
«Ich muss Ende nächster Woche noch einmal für ein paar Tage nach Bornholm. Das Badezimmer wird ja umgebaut, und da ist es besser, wenn ich vor Ort bin.»
«Weißt du, wie lange so etwas dauert?», fragte Steenhoff entsetzt. «Dafür musst du mindestens 14 Tage einkalkulieren.»
«Unsinn, Frank. Die Handwerker sind absolut zuverlässig. Ich habe sie von den Nachbarn wärmstens empfohlen bekommen. Fliesen, Waschbecken, Toilette und so weiter habe ich bei meinem letzten Besuch ausgesucht, und es steht alles bereit. Wenn wir dann Urlaub in dem Haus machen, steht uns ein komplett saniertes Badezimmer zur Verfügung. Das war der einzige Raum in dem wunderschönen Haus, der nicht auf dem neuesten Stand war.»
«Also, wie lange bleibst du jetzt weg?», fragte Steenhoff säuerlich.
«Fünf bis sieben Tage. Ich habe schon mit Marie gesprochen. Die ersten vier Tage wird sie bei ihrer Freundin Sarah bleiben. Dann sind ja auch schon Ferien. Und die beiden haben vor, viel auf der Jugendfarm zu machen. Dort soll ein neuer Stall für die Pferde und Esel gebaut werden. Du musst dir also keine Sorgen um Essen oder den Einkauf machen. Und die restlichen zwei, drei Tage werdet ihr das hier auch allein managen können.»
Ira hob das Weinglas und prostete ihrem skeptisch dreinschauenden Mann zu.
«Du vergisst, dass Marie auch kein Kind mehr ist. Du wirst froh sein, wenn du sie überhaupt mal zu sehen bekommst.»
«Es geht mir ja gar nicht um die organisatorischen Dinge. Aber mir gefällt nicht, dass Marie so hin und her organisiert wird. Ich finde es nicht gut, dass wir in den vergangenen Wochen und Monaten so wenig Zeit für sie hatten.»
Ira blitzte ihn an.
«Was das betrifft, sprichst du ja wohl hauptsächlich von dir. Ich gebe meine Kurse hier zu Hause und bin jeden Mittag da, wenn Marie aus der Schule kommt. Du gehst dagegen oft frühmorgens und kommst erst am späten Abend wieder zurück.»
«Übertreibe bitte nicht. Das ist doch nur in Ausnahmefällen so», sagte Steenhoff aufgebracht.
«Die Ausnahmefälle häufen sich aber, seit ihr hinter diesem Verrückten her seid», stellte Ira fest.
«In Wirklichkeit passt dir dieses ganze Bornholm-Projekt nicht. Und vermutlich ebenso wenig meine neue Selbständigkeit.»
«Ach, das ist doch Quatsch», widersprach ihr Steenhoff heftiger als gewollt.
Eine Weile sagten beide nichts mehr. Schließlich stand Steenhoff auf. «Ich gehe mal zu Marie. Ich muss noch etwas mit ihr besprechen.» Ohne auf den fragenden Blick seiner Frau einzugehen, verließ er das Zimmer.
Der Abend stand unter keinem guten Stern. Steenhoff wusste nicht, ob es an ihm lag. Aber auch
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