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Gedenke deiner Taten

Gedenke deiner Taten

Titel: Gedenke deiner Taten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Unger
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Junge wollte wissen, was sie heute Abend vorhatte. Chelsea nahm sich die Zeit, in dem Gefühl zu schwelgen, bevor ihre Mom sie vor Adam warnte oder Lulu einen Grund fand, sich über ihn lustig zu machen. Ich atme ein , dachte sie , ich atme aus .

SECHS
    J oe hörte mit einem Ohr den Wetterbericht und beantwortete gleichzeitig E-Mails auf seinem Smartphone, eine Angewohnheit, die Birdie über alle Maßen ärgerte. Was sprach dagegen, den Wetterbericht einfach zu lesen? Aber Joe bevorzugte das Radio. Am liebsten hörte er die ausländischen Sender, denn er hielt sich (fälschlicherweise) für polyglott. Sein Französisch war mittelmäßig, sein Spanisch kaum besser. Meistens hörte er ohnehin nicht richtig zu, so dass ihm ständig Fehleinschätzungen unterliefen. Er holte das Boot zu den unpassendsten Zeiten heraus, weil er die Vorhersage nicht richtig gehört oder falsch verstanden hatte. Um die Katastrophe abzuwenden, sah Birdie sich oft gezwungen, ihn zu verbessern – was jedes Mal einen lautstarken Streit zur Folge hatte. Birdie sprach fließend Französisch, und ihr Spanisch war ebenfalls nicht schlecht.
    »Wie war das Wasser heute Morgen?«, fragte er.
    »Gut«, antwortete sie.
    »Du warst nicht lange draußen.« Birdie schwieg.
    »Sieht so aus, als würde es heute ein schöner Tag werden«, sagte Joe in die Stille hinein.
    Nein, der Wetterbericht hatte ein kräftiges Gewitter angekündigt, dessen erste, dunkle Ausläufer sich schon über dem Festland abzeichneten. Würde er nur einen Blick aus dem Fenster werfen, könnte er es sehen.
    Als Birdie Joe vor gefühlten hundert Jahren kennengelernt hatte, wusste sie sofort, dass sie diesen Mann heiraten würde. Drei Freundinnen hatten die unwillige Birdie auf eine Weihnachtsfeier mitgeschleppt. Belle, Patty und Joan hatten unangekündigt vor der Tür gestanden und Birdie mit einer Flasche Champagner und einem roten, von Macy’s »geborgten« Kleid aus dem Bett gelockt (das Kleid war nicht bezahlt; sie hatten das Preisschild versteckt und sich fest vorgenommen, keine Drinks darauf zu verschütten, um es am nächsten Montag zurückzugeben).
    Damals hätte Birdie keine Worte für ihren Zustand gehabt. Sie war traurig und versteckte sich in ihrer Zweizimmerwohnung in der Bank Street in Manhattan. Die Depression war ein Monster, mit dem sie lebenslang ringen sollte; damals hatte sie einen ersten Vorgeschmack bekommen. Birdie fühlte sich gedemütigt, weil ihr damaliger Verlobter sie sitzengelassen hatte, und sie war überzeugt, dass sie nie heiraten würde. Ein graues Leichentuch hatte sich über ihr Leben gelegt. Das Grau trübte alle Farben, raubte ihr Kraft und Lebensfreude. Ihre Gedanken waren grau. Sie glaubte felsenfest daran, ihr restliches Dasein als kleine Sekretärin zu fristen, obwohl sie erst dreiundzwanzig Jahre alt war.
    »Im Bett zu liegen macht es auch nicht besser«, sagte Joanie.
    »Nein, ganz im Gegenteil, das macht alles nur noch schlimmer!«, sagte Belle.
    Die Mädchen waren so lustig und so hübsch in ihren eleganten Kleidern, mit den Hochsteckfrisuren, den roten Lippen und der weißen, makellosen Haut. Waren sie wirklich so schön gewesen, oder rührte der Eindruck daher, dass sie damals so jung waren, so voller Hoffnung?
    Birdie ließ sich schminken, ihre langen blonden Haare steckten sie zu einem Knoten hoch. In dem roten Kleid sah sie atemberaubend aus, das musste sie selbst in ihrem deprimierten Zustand zugeben.
    »Sitzt wie angegossen!«, sagte Patty. »Oh Birdie, du bist wunderschön!«
    Was war aus diesen Freundschaften geworden? Aus der selbstlosen, fröhlichen, liebevollen Kameradschaft? Hatte sie das gleiche Schicksal ereilt wie der Bouffant, ein alberner Modetanz, über den die Leute heute nur noch lachten? Im Laufe der Jahre hatte Birdie all ihre Freundinnen verloren. Sie wusste nicht, warum. Die Leichtigkeit, die Wärme waren verflogen, damals waren sie noch auf Augenhöhe, standen ganz am Anfang. Aus Entscheidungen wurden Konsequenzen, aus Ansichten Urteile, aus Bewunderung Neid. Und durch Neid gerann alles, so wie Milch mit Zitronensaft.
    Sie traten auf die windige Straße hinaus. Sie trugen scheußliche Mäntel aus Tweed oder Wolle, die seit vorletzter Saison nicht mehr in Mode waren, aber sie hatten kein Geld, sich einen neuen zu kaufen. Im Stork Club entledigten sie sich der Mäntel gleich am Eingang, als wären es peinliche Verwandte aus Brooklyn. Eigentlich stammten sie alle aus Brooklyn, aber inzwischen betrachteten sie sich

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