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Gedichte (Ausgabe 1898)

Gedichte (Ausgabe 1898)

Titel: Gedichte (Ausgabe 1898) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Stille,
    Nichts soll dabei gesprochen sein
    Als: Herr, es geschehe dein Wille.
     
    Morgen aber, eh' noch der Tag erstand,
    In seinen Kirchen allen,
    Weit über die See, weit über das Land
    Soll'n alle Glocken erschallen.
     
    Und zittert himmelan die Luft,
    Als ob Schlachtendonner rolle,
    Dann in die Herlufsholmer Gruft
    Senken wir
Herluf Trolle.
«
     
     
Der Wettersee
    Die Sonne sinkt in den Wettersee;
    Da steigt – mit dem Neck und der Wasserfee –
    Von Gold und Rubin, aus des Sees Gruft,
    Ein Schloß an die abendgerötete Luft.
     
    Der Mond geht auf und es blassen Rubin
    Und Gold zu Silber und Aquamarin,
    Und hervor aus dem Schloß und hinaus zum Tanz
    Lockt die Nixen der Mondesglanz.
     
    Teichrosen flechten sie, draußen im Saal,
    Um Stirn und Nacken sich allzumal,
    Als bangte jede, des Mondes Licht
    Selbst könne bräunen ihr Angesicht.
     
    Dann schlingen sie Tänze, dann tönt ihr Gesang,
    Zu Neckens melodischem Saitenklang,
    Bis blasser das scheidende Mondlicht blinkt
    Und Schloß und Neck und Nixe versinkt.
     
    Nun baut ihren finstern Palast die Nacht,
    Da heult es im Walde, da knickt es und kracht –
    Ihren Renner, zottig und grau,
    Reitet zur Tränke die Heidefrau.
     
    Ihr Roß ist ein Wolf, schnell wie der Wind,
    Blindschleichen die Zügel des Renners sind,
    Eine Natter ist Peitsche, ein Igel ist Sporn,
    So jagt sie herbei durch Dickicht und Dorn.
     
    Wetteifernd funkelt das Katzengrau
    Der Augen von Wolf und Heidefrau,
    Man sieht, bei solchem Blitzen und Sprühn,
    Die lechzende Zunge des Wolfes glühn.
     
    Er trinkt aus dem See, dann lenkt er den Schritt,
    Und am Ufer entlang geht der nächtliche Ritt,
    Bis früh am Morgen, statt Neck und Fee,
    Fischer durchfurchen den Wettersee.
     
     
Der Wenersee
    Mit dem Meergott kämpften heißer die Giganten einst denn je;
    Siegreich, aus des Nordmeers Armen, rissen sie den Wenersee,
    Bauten, zwischen Sohn und Vater, einen länderbreiten Damm,
    Stellten vor das Tor, als Wächter, einen ganzen Felsenkamm.
    Oft erfaßt den See ein Zittern tiefer Sehnsucht, und er lauscht,
    Wenn's wie fernes Meeresbrausen in den Tannengipfeln rauscht,
    Beim Geheul der Wölfe wähnt er, daß die Windsbraut nahe sei,
    Und im heisren Lied des Hähers hört er nur der Möwe Schrei.
    Frühling wird's, und dreißig Ströme zahlen plötzlich ihm Tribut,
    Dreißig Ströme, die sonst meerwärts niederstürzten ihre Flut,
    Mit der Wasser Steigen steigt auch das Gefühl ihm seiner Kraft,
    Und dem Freiheitsdrang gesellt sich jetzt der Zorn ob seiner Haft.
    Hoch schon überragt der Spiegel seiner Flut den Riesendamm,
    Zwischen ihm und seiner Heimat hebt sich nur der Felsenkamm,
    Da, in siegessichrem Mute, ruft er: »Vater, meine Hand
    Streck' ich dir noch heut entgegen durch das felsbewachte Land.«
    Und der dreißig Ströme jeden schleudert er als Wurfgeschoß
    Auf den Wächter und zertrümmert Haupt und Glieder dem Koloß,
    Den gewalt'gen Rumpf des Felsens überschäumt sein Wasserschwall,
    Und zum ersten Mal zur Tiefe donnert der Trolhätta- Fall.
    In dem Riesendamme wühlt er sich mit leichter Müh' ein Bett,
    Und das Meer kommt ihm entgegen, und sie graben um die Wett',
    Jauchzend reichen Sohn und Vater zum Willkommen sich die Hand,
    Felsenglieder, wie Trophäen, decken rings umher das Land.
     
Gulbrandsdal
     
    Die Felsen sind steil, die Schlucht ist schmal,
    Der Snöhättan blickt auf Gulbrandsdal.
     
    Und weht es im Sommer heiß und schwül,
    So halten die Felsen den Talgrund kühl,
    Und starrt es im Winter hoch oben von Eis,
    So sprudeln unten die Quellen heiß,
    Herbststürme ziehen drüber hin,
    Nur Frühling und Friede wohnen darin,
    Kein Fieber schleicht, keine Krankheit geht um,
    »Tal des Lebens« heißt es drum.
     
    Und die Menschen im Tal verlassen es nie,
    Zu hohen Jahren kommen sie,
    Keine Last, keine Sorge beugt ihre Gestalt,
    Sie werden weiß, aber sie werden nicht alt.
     
    Und drei Lebelang sehen dem Leben sie zu,
    Da sind sie müd' und verlangen nach Ruh',
    Und sie rufen den Tod, der aber spricht:
    »
Ihr
müßt kommen,
ich
komme nicht.«
     
    Und sie steigen hinauf. Und zum ersten Mal,
    Um zu
sterben
, lassen sie Gulbrandsdal.
     

2. Englisch-Schottisches
     
Hastingsfeld
    14. Oktober 1066
     
    (Nach dem Altenglischen)
     
    König Harald, Boten sandt' er aus
    An die Küste, die sollten erkunden,
    Ob Herzog Wilhelm und sein Heer
    Den Weg übers Meer gefunden.
     
    Und am dritten Tag, der Nebel lag
    Übers Land in breiten Schichten,
    Da waren die Boten

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