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Gedichte (Ausgabe 1898)

Gedichte (Ausgabe 1898)

Titel: Gedichte (Ausgabe 1898) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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man beim Bankett,
    Man zecht, und statt der Rosse Schäumen
    Schäumt Wein und Lust jetzt um die Wett',
    Toaste schallen hunderttönig,
    Der Wein verschwistert Alt und Jung,
    Und lüstern bringt zuletzt der König
    Den Damen seine Huldigung.
    »Die Schönen hoch!« Der trunkne Alte,
    Matt blinzelnd ruft er's durch den Saal,
    Sie
aber, der sein Hoch erschallte,
    Die
Lady Essex
fehlt beim Mahl.
     
    Dieweil der königliche Zecher
    Umsonst nach ihren Zügen gafft,
    Leert sie den ysopbittren Becher
    Zurückgewiesner Leidenschaft.
    Sie, die bei tausend Huldigungen
    Ihr Herz mit kaltem Stolz bewährt,
    Sieht jeden Sieg, den sie errungen,
    In Niederlage jetzt verkehrt,
    Sie glüht, und hinter Teppichwänden
    Hervor aus wohlgeborgnem Schrank
    Nimmt sie den aus ital'schen Händen
    Heut erst erkauften Liebestrank.
     
    »
Der
tu' es!«
    Und schon weiter bauend,
    Das Fläschchen in gekrampfter Hand,
    Stutzt plötzlich sie, sich selbst erschauend
    Genüber in der Spiegelwand.
    Es ist, als fasse sie ein Staunen
    Vor ihrem eignen Ebenbild,
    Sie hört den Stolz im Busen raunen:
    »
Du
bist es, draus dir Rettung quillt.«
    Hin klirrt das Glas in Splitterscherben:
    »Fahr wohl! ... Du kümmerlicher Saft
    Sollst nicht um Liebe für mich werben
    Und spotten meiner eignen Kraft.
    Traun, ob der alte Höllenmeister
    Auch selber dich bereitet hätt',
    Gilt's Herrschaft über Sinn und Geister,
    Ich biete dir und ihm die Wett';
    Nur fort der letzte Rest von Lüge,
    All Schein und Maske fahre hin,
    Sehn soll er meine wahren Züge,
    Und siegen werd' ich, wie ich bin ...«
     

Puritanerpredigt
     
    (Cheapside, London, 1645)
     
    ... Landsleute, Volk von London, hört mich an:
    Ihr denkt, der König ist's;
der
ist es nicht,
    Der
fühlt wie wir. Das Unglück kommt von drüben,
    Von Frankreich kommt's und nennt sich
Kön'gin-Mutter.
    Und dazu
Medici
. Ein schlimmer Name.
    Papistisch alle, Gott dem Herrn ein Greul,
    Am meisten aber sie, das blut'ge Buhlweib,
    Das Frankreichs Thron befleckte:
Katharina
.
    Landsleute, tretet näher, hört mich an,
    Von diesem Buhlweib will ich euch erzählen.
     
    Bluthochzeit feierte die Stadt Paris,
    Der Glocke Zeichen war in Nacht verklungen,
    Und durch die Straßen, wie gehetztes Wild,
    Wehschreiend, betend, floh der Hugenott.
    Schon zog ein Blutstreif durch den Seine-Fluß,
    Schon lag verstümmelt, siebenfach durchbohrt,
    Auf offnem Platz der greise Coligny,
    Und immer noch, den Mord zum Morde mahnend,
    »Laßt Ader!« schrie der tückische Tavannes.
    Im Schlosse aber, das sie Louvre nennen,
    An jener hohen Bogenfenster einem,
    Stand König Karl, der neunte seines Namens,
    Und zitterte. Der ungeheure Frevel
    Griff ihm ins Herz. Trotz Licht und Fackelglanz
    Nacht war's um ihn. Er warf die Büchse fort:
    »Ich
kann
nicht schießen, Mutter!« rief der König.
    Da trat sie selber vor, schwarz war ihr Haar,
    Schwarz wie der Sammet ihres Schleppenkleides,
    Und ihrem Aug' entflammte tiefre Glut
    Als dem Rubin, der ihr am Nacken blitzte.
    »Bist du ein Mann?« so raunte sie ihm zu,
    »Ein König und so feig? ich mag's nicht glauben.«
    Das
zündete. Der Fürst – in falscher Scham
    Ergriff er neu das Rohr, sie aber rief:
    »Schau dort das Weib, das Hugenottenweib,
    Sie flieht und birgt den Säugling an der Brust,
    Zertritt das Raupennest! Der König schoß;
    Ein Wehschrei klang herauf; sie aber klatschte
    Dem Schützen Beifall ...
    Katharina
hieß sie.
     
    Die unsre heißt
Marie
. Das ist das Ganze –
    Sonst
Medici
, die damals und die heute.«
     
     

Die Stuarts
     
    (Puritaner-Lied)
     
    Sie dünken nach Gnad' und göttlichem Recht
    Sich dieses Landes Erben,
    Und sind doch ein verloren Geschlecht
    Und müssen alle sterben.
     
    Sie machten von je den sündigen Leib
    Zum Herrscher ihrer Seelen –
    Ihre Ahnfrau war das Babelweib,
    Von dem die Bücher erzählen.
     
    Sie mußten zweimal das Schafott
    Mit ihrem Blute färben,
    Doch unversöhnt ist unser Gott:
    Sie müssen
alle
sterben.
     
    Sie konnten errichten Jehovahs Thron,
    Sie sind zu schwach befunden,
    Nun klopfen an Tür und Tore schon
    Ihres Hauses letzte Stunden.
     
    Es kommt ein Wetter, es braust ein Strom,
    Die Lüge muß verderben –
    Die Stuarts stehen all zu Rom
    Und müssen alle sterben
.
     
     

Cromwells letzte Nacht
     
    Mir sagt's nicht nur des Arztes ernste Miene,
    Selbst fühl' ich's: meine Stunden sind gezählt ...
     
    Ein wüster Traum war's! Wüßt' ich, diese Nacht
    Wird mir der Schlaf ein gleiches Schrecknis bringen,
    So möchte diese

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