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Gedichte (Ausgabe 1898)

Gedichte (Ausgabe 1898)

Titel: Gedichte (Ausgabe 1898) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Stunde noch der Tod
    Statt jenes Stuart an mein Lager treten.
    Ernst stand er vor mir; um den nackten Hals
    Trug, statt des Schmucks, er einen roten Streifen,
    Und als er, wie vordem, zu leichtem Gruß
    Nach dem Barett auf seinem Haupte faßte,
    Nahm er den Kopf von seinem blut'gen Rumpf.
    Mein Auge schloß sich; als ich's scheu geöffnet,
    Sah wieder ich den purpurfarbnen Streifen,
    Er winkte mit dem Finger mir zu folgen,
    Und schwand dann, rückwärts schreitend, in der Tür.
     
    Was schreckt das Traumbild mich des toten Mannes
    Und weckt in mir den alten Aberglauben
    An eines Königs Unverletzlichkeit?
    Das Schwert des Henkers wär' wie Glas zersprungen,
    Wenn Gottes Will' ihn unverletzlich schuf.
    Der kühne Normann, der bei Hastingsfield
    Den König Harald in den Staub geworfen,
    Was war er Beßres als der Cromwell heut,
    Der jenen Karl bei Marston-Moor geschlagen?
     
    Es soll nicht mehr dies blut'ge Haupt mich schrecken!
    Daß ich mein Tun mit seinem Tod besiegelt,
    Es war Notwendigkeit; er mußte sterben,
    Es war sein Blut der Mörtel meines Baus.
     
    Ich sah das Schiff, vom Sturm umhergeschlagen,
    Der Klippe nah, an der es scheitern mußte,
    Und sprang hinzu – von seinem Platze drängt' ich
    Den schwachen Steurer, und mit fester Hand
    Bracht' ich das Schiff, geborgen, in den Hafen.
    Es war noch immer, wo es galt zu retten,
    Das Recht des Stärkern nicht das schlechtste Recht.
     
    Wenn in die Sendung, die an mich ergangen,
    Sich Selbstsucht, Stolz und Eitelkeit gemischt,
    So weißt du, Gott, der meine Nächte kennet,
    Wie für die Schwachheit bitter ich gebüßt.
    Mein Leben war das Leben des Tyrannen;
    Ob nimmer auch in Blut ich mich gebadet,
    Haß
fand ich dort, wo festen Arms ich drückte,
    Und
Eifersucht
, wo milden Arms ich hob.
     
    Erfüllt ist, was ich mußte; Gott, ich wollte,
    Des Mannes Blut wär' nicht an meinen Händen!
    Hab' ich gefehlt, sei mir ein gnäd'ger Richter –
    In deine Hand befehl' ich meinen Geist.
     
     

Thomas Harrison
     
    »Harrison, du zitterst?«
     
    »Ich zittre nicht von verlorenem Mut,
    Ich zittre von all dem verlorenen Blut,
    Von all dem Blute, das ich verlor
    Bei Edgehill, Nasby und Marston-Moor,
    Das ich verlor im Kampf wider euch –
    Ich zittre
nicht
vor dem Todesstreich.«
     
     

Lied des James Monmouth
     
    Es zieht sich eine blutige Spur
    Durch unser Haus von alters,
    Meine Mutter war seine Buhle nur,
    Die schöne Lucy Walters.
     
    Am Abend war's, leis wogte das Korn,
    Sie küßten sich unter der Linde,
    Eine Lerche klang und ein Jägerhorn –
    Ich bin ein Kind der Sünde.
     
    Meine Mutter hat mir oft erzählt
    Von jenes Abends Sonne,
    Ihre Lippen sprachen: Ich habe gefehlt!
    Ihre Augen lachten vor Wonne.
     
    Ein Kind der Sünde, ein Stuartkind,
    Es blitzt wie Beil von weiten:
    Den Weg, den alle geschritten sind,
    Ich werd' ihn auch beschreiten.
     
    Das Leben geliebt und die Krone geküßt
    Und den Frauen das Herz gegeben,
    Und den letzten Kuß auf das schwarze Gerüst –
    Das ist ein Stuart-Leben.
     

 
Die Hamiltons oder
Die Locke der Maria Stuart
    Lord William kam zu sterben,
    Lord William Hamilton;
    Er spricht zu seinem Sohne:
    »Nun höre mich an, Sir John!
     
    Ich lasse dir Land und Leute,
    Unsren Namen und unsren Ruhm,
    Und ich lasse dir, mehr als alles,
    Dieser Locke Heiligtum.
     
    Ich sah die Locke fallen,
    Ich hörte der Schere Schnitt –
    Und als Maria gebetet,
    Da betete leis ich mit.
     
    Da hab' ich still geschworen:
    Zu tragen in Leid und Lust,
    Zu tragen in Jubel und Tränen
    Diese Locke auf der Brust.
     
    Ich hab' sie in Tränen getragen
    Und lass' erst im Tode davon –
    Für die Stuarts zu leben und sterben,
    Das schwör' auch du, Sir John.«
     
    Lord William hat es gesprochen,
    Sir John hat's treu gemeint:
    Erst barg er still die Locke,
    Dann hat er still geweint.
     
    Er trug sie zwanzig Jahre,
    Und als sein Stündlein kam,
    Er mit des Vaters Worten
    Die Locke vom Herzen nahm.
     
    Er gab sie seinem Sohne,
    Und der Sohn dem Enkel dann,
    Ihr Erbteil war die Treue
    Und der Locke Talisman.
     
    Und als auf blinkendem Zelter
    König James gen London zog,
    Und als auf schwarzem Schafotte
    Karls Haupt vom Rumpfe flog,
     
    Und als an der Boyne wieder
    »Stuart« das Feldgeschrei, –
    In Lust und Leid, die Locke
    Und die Hamiltons waren dabei.
     
    Und waren dabei zuletzt auch,
    Als auf Cullodens Plan
    Ihre Augen das Distelbanner
    Noch einmal flattern sahn.
     
    's war wieder ein Lord William
    Und wieder ein Sir John,
    Ein Alter

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