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Gedichte (Ausgabe 1898)

Gedichte (Ausgabe 1898)

Titel: Gedichte (Ausgabe 1898) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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wie die Sonne gelacht?«
     
    »Ich denk' der verschwundenen Tage, Johann,
    Und denk' an all ihr Glück,
    Doch der sonnigste Tag, der über mich kam,
    Ich wünsch' ihn nicht zurück.«
     
    »Denkst du an gestorbenes Hoffen, Marie,
    Wenn du starrst ins Feuer bei Nacht?
    Der Tau, der auf dein Hoffen fiel,
    Hat dich um die Ernte gebracht.«
     
    »Ich denk' an gestorbenes Hoffen, Johann,
    Aber tu's in stillem Sinn,
    Es starb, wie eine Rose stirbt, –
    Und was hin ist, ist hin.«
     
    »Denkst du gestorbener Freunde, Marie,
    Wenn du starrst ins Feuer bei Nacht?
    Wünschst du sie zurück an den einsamen Herd,
    Den sie einst dir so heimisch gemacht?«
     
    »Ich denk' der gestorbenen Freunde, Johann,
    Sie sind allezeit mein Glück,
    Doch, die mir die liebsten gewesen sind,
    Ich wünsche sie nicht zurück.«
     
     

Junker Dampf
     
    Aus einem edlen Stamme
    Sproß er, der Junker Dampf:
    Das Wasser und die Flamme,
    Sie zeugten ihn im Kampf;
    Doch hin und her getragen,
    Ein Spielball jedem Wind,
    Schien aus der Art geschlagen
    Das Elementenkind.
     
    Ja, frei an Füß' und Händen
    Ist er ein lockrer Fant,
    Doch hinter Kerkerwänden,
    Da wird er ein Gigant:
    In tausend Trümmerreste
    Zerschlägt er jede Haft,
    Mit ihrer Dicht' und Feste
    Wächst seine Riesenkraft.
     
    Selbst da, wo seiner Zelle
    Ein schmales Pförtlein blieb,
    Ringt er nach Luft und Helle
    Mit solchem Sturmestrieb,
    Daß, wenn ihn beim Entwischen
    Des Tores Enge hemmt,
    Den Kerker unter Zischen
    Er auf die Schulter klemmt.
     
    Und so, trotz eh'rner Fessel
    An Füßen noch und Hand,
    Reißt er den Kerkerkessel
    Im Fluge mit durchs Land,
    Reißt ganze Häuserreihen
    Mit fort, wie Wirbelwind,
    Bis wieder er im Freien
    Nichts als – ein spielend Kind.
     
     

Die große Karthause vor Papst Paul
     
    Und es sprach Papst Paul: »Die große Karthaus
    In der Freigrafschaft treibt es mir zu kraus;
    Auch Frommsein trägt Gefahren im Schoß,
    Kasteien zieht den Hochmut groß,
    Kasteien ist ihnen Zweck und Ziel,
    Ewiges Fasten, das ist zu viel.
    Ich sehe kommen der Dinge Lauf:
    Ohne Zehrung zehren sie
selbst
sich auf,
    Und ihr Orden wird ein schwächlicher Schaft,
    Morsch und mürb' ohne Saft und Kraft.«
     
    Des kam ihnen Kund' in einem Brief.
    Der Abt die Mönche zusammenrief;
    Und es sprach der Abt: »Frei sei's gesagt,
    Es haben uns unsre Feinde verklagt,
    Ein Neider oder ein Leckerling
    Den heiligen Vater hinterging,
    Der sieht nun die Dinge von Grund aus schief,
    Sonst schrieb' er uns nicht einen solchen Brief.
    Ich aber schick' Antwort. Bruder Gregor
    Und Eustach und Rollo, tretet vor,
    Und Cyrill und Gaston und du, Bruder Hugh –
    Hugh, du bist neunzig, du führst den Zug.«
     
    Da traten die Sechs zum Zuge zusamm;
    Und winters, über den Gotthard-Kamm,
    Einzeln und nebeneinanderher,
    Ein jeder achtzig oder mehr,
    So passierten sie Gletscher und Wald und Strom,
    Bis daß sie hielten vorm ewigen Rom.
     
    Und der Papst empfing sie. »Was euer Begehr?«
    »Die große Karthause schickt uns her.
    Die große Karthaus' ist, was sie war,
    Zusammen sind wir fünfhundert Jahr;
    Was gab uns die Jahre? Was ließ uns gedeihn?
    Fasten war es und Kastein;
    Dem Leib gehorchen, zehrt auf das Mark,
    Den Leib bezähmen, macht stählern und stark.
    Im Schneesturm, über die Berge hin,
    Zogen wir; wende deinen Sinn;
    Daß morsch wir würden, noch hat es nicht Not,
    Heil'ger Vater, nimm von uns dein Gebot.«
     
    Da lächelt Papst Paul: »Ihr meidet den Wein,
    An meinen Tisch sonst lüd' ich euch ein.
    Doch kenn' ich ein andres, das gilt euch mehr:
    In eure Karthause die Wiederkehr.
    Ihr habt mich besiegt: aller Größe Keim,
    Er heißt Entsagung ... Zieht heim, zieht heim.«
     
     

Der Tag von Hemmingstedt
     
    Denk an den Tag von Hemmingstedt,
    Wo siebentausend abgemäht!
    Schläft Ditmars Vater unterm Sand,
    Ist Ditmars Sohn noch bei der Hand.
     
    Und über Johann von Dänemark kam seine finstre Stunde –
    Er murmelt: »Es brennt im Herzen mir die alte Ditmarsenwunde!
    Beim Himmel, es soll nicht Messer, nicht Scher' mir Bart noch Haupthaar stutzen
    Bis daß ich wieder ins Joch gebeugt dies bauernstolze Trutzen.«
     
    Und Boten sendet er in die Marsch, die künden allerwegen:
    »Drei Schlösser will unser König und Herr in eure Lande legen,
    Nach Meldorf eins, an den Elbstrom eins und das dritt' an die Lundner Fähre« –
    Es brachte da Zornes viel ins Land die königliche Märe.
     
    Und von den Bauern Wolf Isebrand, der sprach: »Er mag nur kommen!
    Wir haben aus

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