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Gedichte (Ausgabe 1898)

Gedichte (Ausgabe 1898)

Titel: Gedichte (Ausgabe 1898) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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die Flut, die stieg am Strand bis hoch an die Schleusenpforte
    Und rüttelte dran und rief: »Macht auf! da drinnen bin ich am Orte.«
     
    Die Wächter am Strande zögerten noch, da sieh, unter Schäumen und Kochen,
    – Die Hilfe Gottes kam mit Gewalt! – wurde die Schleuse zerbrochen,
    Schon über die Felder von Hemmingstedt hinbrausten Wogen und Wetter, –
    Das Meer, der Marsen alter Feind, heut kommt es als ihr Retter.
     
    Sie nahmen jetzt wieder festen Stand hinterm Tausend – Teufels – Walle,
    Da waren sie sicher vor der Flut und behielten den Feind in der Falle,
    Der wandte sich rechts und wandte sich links, doch der Tod war immer zur Stelle,
    Wer floh, den faßte die Marsenfaust, wer stand, den faßte die Welle.
     
    Nur Jürgen Slenz, der ritt an den Wall, als wäre noch nichts verloren,
    Ein stieß er tief, zum Sprunge bergan, seinem friesischen Hengste die Sporen;
    Jetzt war er hinauf – er schaute sich um, wie wohl in besseren Tagen,
    Und rief: »Wer ein Herz im Leibe hat, der mag es mit mir wagen! «
     
    Das hörte der Reimer von Wimerstedt, der hatte Lust zum Streite,
    Er sprang heran und schlug mit der Axt den Speer des Junkers zur Seite,
    Er holte dann aus, einen vollen Hieb auf die stählerne Brust zu führen,
    Und – fest im Panzer stak die Axt, tät sich nicht rücken, nicht rühren.
     
    Der Hieb war gut, doch unversehrt waren des Jürgen Glieder,
    Da riß der Reimer und wuchtete traun am Axtstiel ihn hernieder,
    Er trat ihm dann, fünf Finger breit, das Eisen zwischen die Rippen,
    Es kam kein Laut, kein Seufzer mehr über des Junkers Lippen.
     
    Das war das Ende von Jürgen Slenz; mit ihm zu Tode kamen
    – Die Knechte und Söldner ungezählt – viel hundert tapfere Namen,
    Zumal auch, was von Holstein her um den Danebrog sich scharte:
    Fünf Rantzaus, sieben von Ahlefeld und vierzehn Wackerbarte.
     
    Der König aber floh zu Schiff bis in seine Stadt am Sunde,
    Er trug zu der alten Narbe heim eine neue brennende Wunde,
    Die neue Wunde – bis in den Tod wollt' ihm die nie verharschen –,
    Das war der Tag von Hemmingstedt, der Brauttag der Dithmarschen.
     
     

Der 6. November 1632
     
    (Schwedische Sage)
     
    Schwedische Heide, Novembertag,
    Der Nebel grau am Boden lag,
    Hin über das Steinfeld von Dalarn
    Holpert, stolpert ein Räderkarrn.
     
    Ein Räderkarrn, beladen mit Korn;
    Lorns Atterdag zieht an der Deichsel vorn,
    Niels Rudbeck schiebt. Sie zwingen's nicht,
    Das Gestrüpp wird dichter; Niels aber spricht:
     
    »Buschginster wächst hier über den Steg,
    Wir gehen in die Irr', wir missen den Weg,
    Wir haben links und rechts vertauscht –
    Hörst du, wie der Dal-Elf rauscht?«
     
    »Das ist nicht der Dal-Elf, der Dal-Elf ist weit,
    Es rauscht nicht vor uns und nicht zur Seit',
    Es lärmt in Lüften, es klingt wie Trab,
    Wie Reiter wogt es auf und ab.
     
    Es ist wie Schlacht, die herwärts dringt,
    Wie Kirchenlied es dazwischen klingt,
    Ich hör' in der Rosse wieherndem Trott:
    Eine feste Burg ist unser Gott!«
     
    Und kaum gesprochen, da Lärmen und Schrei'n,
    In tiefen Geschwadern bricht es herein,
    Es brausen und dröhnen Luft und Erd',
    Vorauf ein Reiter auf weißem Pferd.
     
    Signale, Schüsse, Rossegestampf,
    Der Nebel wird schwarz wie Pulverdampf,
    Wie wilde Jagd, so fliegt es vorbei –
    Zitternd ducken sich die Zwei.
     
    Nun ist es vorüber ... Da wieder mit Macht
    Rückwärts
wogt die Reiterschlacht,
    Und wieder dröhnt und donnert die Erd',
    Und wieder vorauf das weiße Pferd.
     
    Wie ein Lichtstreif durch den Nebel es blitzt,
    Kein Reiter mehr im Sattel sitzt,
    Das fliehende Tier, es dampft und raucht,
    Sein Weiß ist tief in Rot getaucht.
     
    Der Sattel blutig, blutig die Mähn',
    Ganz Schweden hat das Roß gesehn

    Auf dem Felde von Lützen am selben Tag
    Gustav Adolf in seinem Blute lag.
     
     

Schloß Eger
     
    Lärmend, im Schloß zu Eger,
    Über dem Ungarwein,
    Sitzen die Würdenträger
    Herzogs Wallenstein:
    Tertschka, des Feldherrn Schwager,
    Illo und Kinsky dazu,
    Ihre Heimat das Lager,
    Und die Schlacht ihre Ruh.
     
    Lustig flackern die Kerzen;
    Aber der Tertschka spricht:
    »Ist mir's Nacht im Herzen
    Oder vorm Gesicht?
    Diese Lichter leuchten
    Wie in dunkler Gruft,
    Und die Wände, die feuchten,
    Hauchen Grabesluft.«
     
    Feurig funkelt der Unger;
    Aber der Kinsky spricht:
    »Draußen bei Frost und Hunger
    Schüttelte so mich's nicht,
    Hielte lieber bei Lützen
    Wieder in Qualm und Rauch;
    Wolle Gott uns schützen,
    Oder – der Teufel

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