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Gedichte (Ausgabe 1898)

Gedichte (Ausgabe 1898)

Titel: Gedichte (Ausgabe 1898) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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ausgeschneit.
    »Einsteigen!« erklingt das süße Wort,
    Und wieder norderwärts geht es fort,
    Lokomotive, tapfrer Held,
    Schlägt sich durch bis Bitterfeld.
    In Wittenberg, wie Sirenengesang,
    »Apfelkuchen!« klingt es den Bahnsteig entlang,
    Aber Wachs ins Ohr, nur nicht kosten woll'n,
    Es ruft ja der beßre Weihnachtsstoll'n –
    Er ruft ... Und treppauf mit einem Satz
    Ist Hubert jetzt heim am Lützowplatz,
    Hubert in Hof.
     
     
Zur Erinnerung an Kaiser Wilhelm I. und Kaiser Friedrich III.
    (Prolog, gesprochen im Berliner Geschichtsverein
    am 13. Oktober 1888)
     
    Was unterging in Zeitensturm und Flut
    Und was zu Schutt gefegt der Kriegesbesen,
    Was, an Idolen und an Martyrblut,
    Der Inhalt der Jahrtausende gewesen,
    Wir suchen es – und was am tiefsten ruht,
    Das wird am freudigsten erforscht, gelesen,
    Heut aber, statt zurück uns zu versenken,
    Gilt's
unsrer
Tage Toten zu gedenken.
     
    Wir denken
deiner
, der, als Preußen tot,
    Ein Knabe noch, an Preußens Grab gestanden
    Und, als Gott selbst uns dann das Zeichen bot,
    Uns mit befreit aus unsrer Ohnmacht Banden;
    Dein Lebensabend war ein Morgenrot,
    Und als des Abends letzte Lichter schwanden,
    Da lagen Siegeskränze, hochgeschichtet,
    Um deinen Sarg – das Reich war aufgerichtet.
     
    Und denken
deiner
, der, auf Tage nur,
    Uns grüßend ansprach, im Vorüberschweben,
    Doch dieser neunundneunzig Tage Spur
    Ist uns als ewig Erbe nun gegeben,
    Wie Balder, blond und leuchtend am Azur,
    So kamst du, gingst du, Freiheit war dein Leben,
    Im Reich des Lichtes der Erwählten einer-
    Ja, Kaiser Friedrich, wir gedenken deiner.
     
    Vorbild in Arbeit, Treue, wahr und schlicht,
    In Demut, die der Größe sich verbündet,
    So war der Eine – hell und sonnenlicht
    Hat uns der Andre Kommendes verkündet,
    Ein jeder groß in seiner Fürstenpflicht,
    So ward durch sie die neue Zeit gegründet,
    Uns aber, die wir stehn in ihrem Segen,
    Uns ziemet Dank. Gott mit uns allerwegen!
     
     

 
Lieder und Balladen frei nach dem Englischen
     

Jung-Musgrave und Lady Barnard
     
    Jung-Musgrave trat in die Kirche,
    Sein Kleid war gold und blau;
    Er grüßte die schönen Frauen,
    Nicht so Unsre liebe Frau.
     
    Er sah sich um im Kreise,
    Nur eine fehlte noch;
    Ein trat da Lady Barnard,
    Das war die schönste doch.
     
    Ihr Auge fiel auf Musgrave,
    Ihr Auge wie Sonnenschein,
    Da fühlte des Knaben Herze:
    Der Lady Herz ist dein.
     
    Sie flüsterte: »Jung-Musgrave,
    Ich liebe dich seit lang!«
    »So tat ich, liebe Lady,
    Nur war mein Wort zu bang.«
     
    »Ich hab' ein Haus im Walde,
    Verschwiegen und bewacht,
    Und willst du kommen, Jung-Musgrave,
    Jung-Musgrave, so komm heut nacht!«
     
    Den Knaben überlief es,
    Als habe sie ihn geküßt,
    Er sprach: »Ich komme, lieb' Lady,
    Und wenn ich sterben müßt.«
     
    Das hörte der Lady Läufer,
    Nicht lang er so stund und sann:
    »Und bin ich Myladys Läufer,
    So bin ich Mylords Mann!«
     
    Er sprach es und lief waldeinwärts,
    Lief über das Heideland;
    Die Sterne standen am Himmel,
    Als vor dem Schloß er stand.
     
    »Wach auf, wach auf, Lord Barnard,
    Deine Ehr' ist krank und wund;
    Jung-Musgrave und deine Lady,
    Die küssen sich zur Stund'.
     
    Sie küssen sich im Walde
    In deines Försters Haus –
    Laß satteln, Mylord Barnard,
    Und komm und reite hinaus.«
     
    Der Lord fuhr auf vom Lager:
    »Lieber Läufer, sprichst du wahr,
    Mein Forst und meine Äcker
    Sind deine auf ein Jahr.
     
    Doch hast du falsch gesprochen,
    Oder trog dich falscher Schein,
    An den höchsten Baum im Walde
    Sollst du gehangen sein!
     
    Auf, auf, meine Mannen alle,
    Und sattelt mein schnellstes Tier,
    Oft sind wir rasch geritten,
    Heut reiten rascher wir.«
     
    Hin ging es über die Heide,
    Lord Barnards Horn erklang –
    Jung-Musgrave küßte die Lady,
    Er küßte sie so bang.
     
    »Ich hör' es von fernher klingen, –
    Das ist keine Wachtel im Korn,
    Das ist kein Häher im Walde,
    Das ist Lord Barnards Horn!«
     
    »Gib mir die Hand, Jung-Musgrave,
    Deine Lippen sind so kalt –
    's ist Pfeif' und Horn des Hirten,
    Was über die Heide schallt.
     
    Dein Falk' hat Schellen und Bänder,
    Dein Roß hat Streu und Korn,
    Und du – du hast mich selber,
    Was kümmert dich Pfeif' und Horn?‹«
     
    Und als sie das gesprochen,
    Lord Barnard hält davor –
    Er hatte drei silberne Schlüssel,
    Die schlossen Tür und Tor.
     
    Er schob zurück den Vorhang,
    Zorn schüttelte seinen Leib;
    »Sag an, sag an, Jung-Musgrave,
    Wie findest du mein

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