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Gedichte (Ausgabe 1898)

Gedichte (Ausgabe 1898)

Titel: Gedichte (Ausgabe 1898) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Asche hat der Wind.«
     
    Der fromme Bischof von Aberdeen
    Hat sich seufzend abgekehrt:
    »Lord Athol, ich kann nicht löschen
    Das Feuer, das dich verzehrt.
     
    Deiner Tochter stille Asche,
    Die hinweht über die Flur,
    Sie flüstert von deiner Sünde
    Wider Gott und die Natur.
     
    Und die sündige Seele des Mönches,
    Die jetzt in Flammen kreist,
    Schreit auf über deine Untat
    Wider Gott und den heiligen Geist.
     
    Die Schuld hinweg zu waschen,
    Hat die Welt nur
einen
Strom –
    Brich auf und wirf dich nieder
    Vor dem heiligen Vater in Rom.«
     
    Lord Athol nahm eines Pilgers Kleid,
    Zog hin über Land und Meer,
    Er trat in die Peterskirche –
    Viel Tausend knieten umher.
     
    Der Papst, in Gold und Purpur,
    Stand da mit verklärtem Gesicht-
    Es war am Gründonnerstage,
    Wo er Worte des Segens spricht.
     
    Und als er der Segensworte
    Allerheiligstes nun begann,
    Da begann seine Stimme zu beben,
    Und ein Schauer faßte ihn an;
     
    Und der Kelch in seiner Rechten
    Entglitt seiner zitternden Hand –
    Es rollten die roten Tropfen
    Hin über den weißen Sand.
     
    Todblaß der heilige Vater,
    Vor Entsetzen stand er da,
    Dann hob er mit Macht seine Stimme:
    »Ein Verfluchter ist uns nah!
     
    Er hat nicht teil am Segen
    Und nicht teil an Christi Huld,
    Der Kelch mit dem Blute des Heilands
    Erbebte vor seiner Schuld.
     
    Unseliger, flieh! diese Wände,
    Sie haben für dich nicht Raum!« –
    Lord Athol schwankte von dannen,
    Seine Füße trugen ihn kaum.
     
    Er schritt ans Meer, zu Schiffe,
    Es kamen Ebb' und Flut,
    Die Jahre kamen und gingen,
    Im Herzen blieb die Glut.
     
    Er kniete am heiligen Grabe,
    Er fuhr über Land und See,
    Die Jahre kamen und gingen,
    Im Herzen blieb das Weh.
     
    Und heimwärts endlich fuhr er
    Über Land und über Meer,
    Er trat in Hof und Halle,
    Und Hof und Halle war leer.
     
    Im Kamine lag tote Asche,
    Drüber hing seines Kindes Bild,
    Hing unter Staub und Spinnweb
    Und lächelte doch so mild.
     
    Und mild kam's über Lord Athol:
    »Ich kenn' eine stille Stell',
    Eine einsame Stell' im Walde,
    Da bau' ich Kirch' und Kapell'.
     
    Ich bau' sie mit eigenen Händen
    Und will schlafen auf Stein und Streu,
    Die Stätte, wo ich gefrevelt,
    Sei auch Stätte meiner Reu'.«
     
    Und Schloß und Hof und Halle
    Verließ er alsobald,
    Nacht dämmerte in den Zweigen,
    Da schritt er hinab in den Wald.
     
    Er kam an den Platz; über Trümmern
    Blühten wieder die weißen Schlehn –
    Auf dem Estrich, in grauer Kapuze,
    Sah einen Mönch er stehn.
     
    »Knie nieder zur Stell', Lord Athol,
    Ich kenn' deine Beichte schon,
    Knie nieder zur Stell', Lord Athol,
    Und empfange die Absolution.«
     
    »Wer bist du, dessen Freispruch
    An dieser Stätte mich sucht?«
    »Wer bist du, dessen Freispruch
    Wo der heilige Vater flucht?«
     
    »Bin ein Fremdling worden, Lord Athol,
    Mein Land ist fern und weit,
    Knie nieder zur Stell', knie nieder
    Und bete und sei bereit.«
     
    Lord Athol kniete lange,
    Tau fiel und Morgenduft,
    Der Fremde zerrann in Nebel,
    Und der Nebel zerrann in Luft.
     
    Im Walde sangen die Vögel,
    An den Zweigen hing Morgenrot,
    Lord Athol kniete noch immer –
    Sie fanden ihn kalt und tot.
     
     

Schön-Margret und Lord William
     
    »Leb wohl, meine süße Margret!
    Ich hab' eine stolze Braut,
    Morgen mit dem frühsten
    Werd' ich ihr angetraut.
     
    Leb wohl, meine süße Margret!
    Ich freie die stolze Maid,
    Am Kleide trag' ich Hochzeit,
    Im Herzen trag' ich Leid.«
     
    Es kam der Hochzeitsmorgen,
    Zur Kirche schritt das Paar,
    Schön-Margret saß am Fenster
    Und strählte ihr blondes Haar.
     
    Sie sah die Braut in Seide,
    In Sammet den Bräutigam,
    Sie legte schweigend nieder
    Den elfenbeinernen Kamm.
     
    Sie schritt zum Strom hinunter
    Und brach ein Blümlein da,
    Das Blümlein war sie selber –
    Ein Fischer sie treiben sah. –
     
    Nun blinken die stillen Sterne
    Über dem Hochzeitshaus,
    Musik ist längst verklungen,
    Die Lichter loschen aus.
     
    Lord William hält in Armen
    Die stolze, die braune Maid –
    Da horch, was rauscht vorüber
    In weißem, wallendem Kleid?
     
    Was stellt sich ihm zu Füßen
    Und lächelt in Tränen noch?
    Was flüstert ihm zu: »Lieb' William,
    Leb wohl, ich liebe dich doch!« –
     
    Auf blitzt die Morgensonne,
    Die Vöglein singen vom Baum,
    Lord William spricht: »Lieb' Lady,
    Ich hatt' einen bösen Traum.
     
    Ich sah zwei rote Rosen,
    Und die eine liebt' ich heiß,
    Und als ich brach die andre,
    Da wurde die eine –

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