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Gedichte (Ausgabe 1898)

Gedichte (Ausgabe 1898)

Titel: Gedichte (Ausgabe 1898) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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weiß.«
     
    Lord William steigt zu Rosse,
    Seine Diener reiten mit,
    Er weiß nicht, soll er jagen
    Oder soll er reiten im Schritt.
     
    Er kommt an Margrets Fenster,
    Keine Margret dran zu sehn,
    Er tritt in Haus und Halle –
    Da wußt' er, was geschehn.
     
    Sieben Brüder stehen schweigend
    Um ihrer Schwester Bahr',
    Noch blinken Wassertropfen
    In ihrem goldnen Haar.
     
    »Ich liebte dich im Leben,
    Ich liebe dich im Tod –
    Deine Lippen, könnt' ich sie küssen,
    Bis daß sie wieder rot!«
     
    Da murrten die sieben Brüder,
    Und der älteste sprach laut:
    »Lord William, willst du küssen,
    So küß deine stolze Braut.«
     
    »Wenn meine Braut ich küsse,
    Küß' ich nach Recht sie nur –
    Ich brach eurer Schwester Herze,
    Doch brach ich keinen Schwur.
     
    Zu Tisch nun, liebe Mannen!
    Die Tafel blinkt von Wein,
    Morgen mit dem frühsten
    Soll neugedeckt sie sein.«
     
    Wohl war sie neugedecket,
    Noch eh' der Morgen kam:
    Schön-Margret starb aus Liebe,
    Lord William starb aus Gram.
     
    Er ward im Chor bestattet,
    Und siehe, Schön-Margret auch;
    Sein Grab trug einen Weißdorn,
    Ihrs einen Rosenstrauch.
     
    Sie wuchsen bis zum Dache
    Und reichten sich da die Hand,
    Kein Auge sah die beiden,
    Das nicht in Tränen stand.
     
    Der Küster hieb sie nieder
    Und warf sie in die Flamm,
    Sie aber wuchsen wieder-
    Treue Liebe kommt zusamm.
     
     

Barbara Allen
     
    Es war im Herbst, im bunten Herbst,
    Wenn die rotgelben Blätter fallen,
    Da wurde John Graham vor Liebe krank,
    Vor Liebe zu Barbara Allen.
     
    Seine Läufer liefen hinab in die Stadt
    Und suchten, bis sie gefunden:
    »Ach, unser Herr ist krank nach dir,
    Komm, Lady, und mach' ihn gesunden.«
     
    Die Lady schritt zum Schloß hinan,
    Schritt über die marmornen Stufen,
    Sie trat ans Bett, sie sah ihn an:
    »John Graham, du ließest mich rufen.«
     
    »Ich ließ dich rufen, ich bin im Herbst,
    Und die rotgelben Blätter fallen –
    Hast du kein letztes Wort für mich?
    Ich sterbe, Barbara Allen.«
     
    »John Graham, ich hab' ein letztes Wort,
    Du warst mein all und eines;
    Du teiltest Pfänder und Bänder aus,
    Mir aber gönntest du keines.
     
    John Graham, und ob du mich lieben magst,
    Ich weiß, ich hatte dich lieber,
    Ich sah nach dir, du lachtest mich an
    Und gingest lachend vorüber.
     
    Wir haben gewechselt, ich und du,
    Die Sprossen der Liebesleiter,
    Du bist nun unten, du hast es gewollt,
    Ich aber bin oben und heiter.«
     
    Sie ging zurück. Eine Meil' oder zwei,
    Da hörte sie Glocken schallen;
    Sie sprach: »Die Glocken klingen für ihn,
    Für ihn und für – Barbara Allen.
     
    Liebe Mutter, mach ein Bett für mich,
    Unter Weiden und Eschen geborgen;
    John Graham ist heute gestorben um mich,
    Und ich sterbe um ihn morgen.«
     
     

Jung-Walter
     
    Um Weihnachten war's, der Wind blies kalt
    Und die Tafelrunde begann,
    Da kam an den Hof des Königs
    Manch schottischer Rittersmann.
     
    Der König und die Königin
    Schauten nieder von ihrem Schloß:
    Da sahen sie kommen Jung-Walter,
    Jung-Walter hoch zu Roß.
     
    Seine Läufer liefen vor ihm her,
    Seine Reiter folgten ihm dicht,
    Und sein Mantel wie von Golde
    Blitzte im Sonnenlicht.
     
    Und von Golde waren die Decken,
    Und die Hufe von Silber hell,
    Und das Roß, auf dem Jung-Walter ritt,
    War wie der Wind so schnell.
     
    Da sprach ein tückischer Höfling,
    Der neben der Königin stand:
    »Wer ist der schönste Ritter
    In Hoch- und Niederland?«
     
    »Ich habe gesehn viel Lords und Lairds,
    Manch schönen Ritters Gesicht,
    Einen schöneren als Jung-Walter
    Sah ich mein Lebtag nicht.«
     
    Das hörte der neidische König,
    Seine Wange verfärbte sich:
    »Und wär' er zweimal schöner,
    Erst nennen mußtest du mich.«
     
    »Du bist kein Lord und du bist kein Laird,
    Du bist König über sie all',
    Da ist kein Ritter in Schottland,
    Der nicht wäre dein Vasall.«
     
    Die Königin sprach es bang und blaß,
    Der König ward blutrot; –
    Jung-Walter, daß so schön du bist,
    Das bringt dir nun den Tod.
     
    Sie haben ihn flugs ergriffen,
    Ihn sicher eingehegt,
    Sie haben Jung-Walter ergriffen
    Und ihn in Ketten gelegt.
     
    »Oft bin ich geritten durch Stirling
    Bei Wetter und Regenguß,
    Nie bin ich geritten durch Stirling
    Mit Ketten an Hand und Fuß.
     
    Oft bin ich geritten durch Stirling
    Bei Regen und Windeswehn,
    Nie bin ich geritten durch Stirling,
    Um's nimmer wiederzusehn.«
     
    Am Fuß des Hügels noch einmal
    Sah er Wappen und Helm und Schwert,
    Am Fuß des

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