Gedrillt
oder, wenn das Thermometer stieg, Regen.
»Ach komm, Bernard. Nichts dergleichen.«
»Was für Formalitäten?«
Er klopfte mit der Pfeife auf den Tisch. »Na ja, wir möchten nicht, daß du deine Memoiren an eins von den Sonntagsblättern verkaufst.« Er lächelte, als beträfe diese Einschränkung etwas vollkommen Unerhörtes, wie mit einem Regenschirm in der Hand von der höchsten Spitze des Big Ben zu springen. »Wir wollen nicht, daß du Klage beim High Court erhebst.« Wieder ein breites Lächeln.
»Augenblick mal, Frank. Klage beim High Court? Ich könnte doch gar nicht klagen, solange ich beim Department angestellt bin.« Ich sah ihn an; er verzog keine Miene. Ich sagte: »War dieser Haftbefehl eine bizarre Methode, mich loszuwerden? Wollten sie, daß ich flüchte? Hat irgend jemand insgeheim gehofft, ich würde mich nach Osten absetzen?«
»Bei Gott, nein!« Ein Windstoß rüttelte an den Fenstern wie ein Dämon, der einzubrechen versuchte. Trotz der Doppelfenster setzte sich das Geräusch des Windes fort, leise und wogend summte er ein Klagelied.
»Aus der Sicht des Departments würde das meinen Fall stark vereinfachen, nicht? Wenn ich in den Osten ginge, könnte ich als Überläufer bezeichnet werden … Für ihren Ruf wäre das doch eine Kleinigkeit besser, als mich vor ein englisches Gericht oder sogar vor ein Militärgericht in Berlin stellen zu müssen.«
»Bitte, Bernard. Alles, was sie verlangen, ist deine Unterschrift unter einer zusätzlichen Vereinbarung in betreff solcher Dinge wie Vertraulichkeit, Vertragstreue, Amtsgeheimnis und so fort. Formalitäten, genau wie ich gesagt habe.«
»Heißt das, daß sie mich gefeuert haben? Ist das die ›Endlösung‹ des Samson-Problems? Soll ich mundtot gemacht werden und dann mein Gnadenbrot kriegen?«
»Halt deine Pferde an, Bernard.«
»Dann sag du mir’s, Frank. Aber genau, wie es ist.«
»Sie wollen, daß du kündigst … Sie denken dabei an eine Kündigungsfrist von einem Jahr. Dieses Jahr wirst du normal weiterarbeiten.«
»Abfindung? Pensionsanspruch?«
»Soll gewährt werden.«
»Ach, da erkenne ich Morgans Methoden. Ich soll also ein Jahr lang auf einen entlegenen Posten abgeschoben werden, wo nie eine Geheimsache über meinen Schreibtisch geht. Wenn ich mich benehme und den Mund halte und hundert Formulare unterschreibe, die sicherstellen, daß ich kein Wort zu irgend jemandem sagen kann ohne schlimme Folgen für mich, dann kann ich mich in die Kulissen schleichen und eine Pension kassieren. Wenn ich aber irgendwann während dieser zwölf Monate irgendwelchen Krach schlage, wird man mich ohne den sprichwörtlichen Pfennig fortjagen.«
»Diese Sachen haben immer zwei Seiten, Bernard.«
»Aber habe ich nicht recht?«
»So kann man das natürlich sehen. Ich hoffe aber, daß du einsiehst, daß es auch für dich das Beste ist. Man gibt dir die Möglichkeit, aus einer unmöglichen Situation herauszukommen.«
»Die Antwort ist nein«, sagte ich.
»Augenblick, Bernard.«
»Ich habe nichts Unehrenhaftes getan. Das wissen sie. Jesus! Als Fiona abgehauen ist, haben das Verteidigungsministerium und das Cabinet Office mich auf Herz und Nieren geprüft. Ohne Befund. Und daran hat sich seitdem nichts geändert. Ich bin sauber. Deshalb haben sie den idiotischen Plan, mich zu verhaften, fallengelassen. Die Anwälte haben ihnen klargemacht, daß gegen mich nicht mal Anklage erhoben werden kann. Nicht mal hier im besetzten Berlin, wo sie sich die Gesetze praktisch selber machen können. Wenn sie mich in England verhaftet hätten, wäre das sofort in die Schlagzeilen gekommen, und inzwischen würde das Department ganz schön dumm dastehen.«
»Naja«, sagte Frank mit so etwas wie einem Seufzer. »Ich habe tatsächlich gehört, daß der Deputy über dich und den Haftbefehl gegen dich mit jemandem von der Generalstaatsanwaltschaft gesprochen hat.«
»Und danach ging ihm der Arsch auf Grundeis, stimmt’s?«
»Ich weiß nicht, was gesagt wurde.« Er senkte den Blick und schien seine Aufmerksamkeit ganz auf seinen Tabaksbeutel zu konzentrieren. Franks Stellung als Berliner Resident hatte ihm schon viele Kontroversen mit der Londoner Zentrale eingebracht. Und so konnte er nicht ganz das Vergnügen verbergen, das er angesichts des Durcheinanders empfand, das London aus der ganzen Geschichte gemacht hatte. Daß man ausgerechnet ihn gebeten hatte, die Kohlen aus dem Feuer zu holen, gab sicherlich dem Vergnügen noch einen zusätzlichen Reiz.
»Ich kündige nicht«, sagte
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